Bartels, J.;: Barometrische Messung der Hochseegezeiten,
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Methode aufmerksam zu machen, mit deren Hilfe zum mindesten die halbtägige
Mondtide M, innerhalb der Breitenkreise 30° (d, h. auf der Hälfte der Erdober-
fläche) durch einfache Beobachtungen festgelegt werden kann.
2, Auswertung der Beobachtungen Barkows. Sicherlich ist der Gedanke, aus
Luftdruckbeobachtungen an Bord von Schiffen ihre wechselnde Höhe über dem
mittleren Meeresniveau abzuleiten, schon oft aufgetaucht, denn die Analogie mit
der üblichen barometrischen Höhenmessung liegt nahe. Der erste Versuch einer
praktischen Anwendung ist von E. Barkow!) angestellt. Er verwandte die Luft-
druckregistrierungen der „Deutschland“ auf der Deutschen Antarktischen Expedition
an 29 Sonnentagen (d.h. etwa 28 Mondtagen) vom 19. Juni bis 17. Juli 1911. Das
Schiff befand sich während dieser Zeit zwischen 25°—5° N-Br, und 28°—45° W-Lg.;
den mittleren Ort schätzt Barkow zu etwa 20° N-Br., 39° W-Lg. Zunächst wurde
der mittlere sonnentägliche Gang bestimmt und von den Stundenwerten abgezogen.
Die korrigierten Stundenwerte wurden dann in Reihen von je 25 so geordnet,
daß die Stunde 13% dem Meridiandurchgang des Mondes am nächsten kam, Die
Schwankungen in der Zeitdifferenz zwischen zwei aufeinanderfolgenden Meridian-
durchgängen wurden durch Auslassen oder Interpolieren von passenden Stunden-
werten berücksichtigt. Der mittlere lunare Gang wurde noch wegen eines linearen
Ganges korrigiert und gemäß (a + 2b + c) : 4 ausgeglichen. Es ergibt sich eine
ziemlich regelmäßige Kurve, die zwei Maxima und zwei Minima hat, mit einer
Amplitude von 0.144 mm Quecksilber, Barkow bespricht anschließend die Not-
wendigkeit, die atmosphärische Ebbe und Flut von dieser Kurve abzuziehen, um
die Meerestide rein zu erhalten. Er führt die Elimination nicht aus, jedenfalls
weil auf der Expedition die Zeit nur zu dieser vorläufigen Mitteilung ausreichte:
Später ist er nicht wieder darauf zurückgekommen.
Es ist leicht, diese Korrektion nachzuholen mit Hilfe der von S. Chapman
berechneten Werte für die atmosphärischen Gezeiten im Sommer zu Hongkong
(p = 22.3° N)”. Zur Reduktion auf die etwas niedrigere Breite 9 = 20° ist das
cos® g-Gesetz genügend genau. Ist 4 die vom lokalen Mondmeridiandurchgang
an gerechnete Mondzeit, so ist der Wert für die atmosphärische Ebbe und Flut
für 20° Breite gleich 57 - sin (2 & + 69°) in 10 mm Quecksilber. — Rechnet man
durch Interpolation die Barkowschen Zahlen in 24 Mondstunden-Werte um, 80
ergibt sich für die lunare Druckschwankung an Bord des Schiffes in Abweichungen
vom Mittel (Einheit 10— mm, Die erste Zahl der oberen Reihe gilt für die obere
Kulmination, die der unteren für die untere): .
SL +11 —28 —38 —30 —18 +15 +22 +19 47 413 +2
51 1 —28 —38 —30 — 5 1: 1
+ 3 TE —48 —67 —72 —58 T T% 3 Ts HE TE
Die harmonische Analyse ergibt 48 - sin (2 & + 162°)%. Die Elimination ver-
Jäuft, ausführlich geschrieben, in folgender Weise:
Beobachtete Druckschwankung an Bord des Schiffes
-+ 15-008 2 4 — 46 - sin 2 & == 48 + sin (2 & -}- 162°),
Davon ist auf die atmosphärische Ebbe und Flut zurückzuführen:
+53 «0082 # + 20 + sin 2 & == 57 - sin (2 # + 69°
Mithin verbleibt als Wirkung der Meeresgezeiten
— 38.008 2 # — 66 + sin 2 & = 76- sin (2 ++ 210°).
In dem betrachteten Gebiet nimmt der Luftdruck in Bodennähe bei Erhebung um
11,5 m um 1 mm ab (Barometrische Höhenstufe für die Lufttemperatur 25° C und
760 mm Druck); 10—8 mm Druckänderung entsprechen also 1.15 cm Höhenänderung.
Die Meerestide ist also M,=-—587 sin (2 + + 210°) = 87 + sin (2 -}- 30°) cm.
Hochwasser würde demnach um 2% Ortsmondzeit eintreten.
1) E. Barkow, „Über eine Methode zur Messung von Hochseegezeiten‘“. Zeitschr, d. Ges. f. Erd-
kunde zu Berlin, 1911, S, 659-—662,
2) Quarterly Journal R. Meteorological Soc., Vol. 45, London 1919, p. 128,
3 Die Amplitude wurde um 1,7 °%, vergrößert, um die abflachende Wirkung der Ausgleichung
nach (a + 2b-}c):4 zu beseitigen. Die weitere Erhöhung um 1.1 °%% %,, weil es sich um Stundenmit
handelt, ist dagegen unterblieben, weil auch die Hongkong-Werte aus Stundenmitteln gewonnen sind,
Übrigens sind beide Korrektionen nebensächlich,