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Annalen der Hydrographie und Maritimen Meteorologie, Juni 1926.
Sind dagegen I und II nicht richtig verschränkt oder sind sie verschieden
hoch, so ergibt sich eine mit ungleichmäßiger Geschwindigkeit und Hubhöhe
fortschreitende Welle. Z, B. wird in Fig. 5 in der ersten viertel Periode die
Strecke AB, also mehr als !/, 4, in der zweiten entsprechend weniger zurück-
gelegt; dabei erniedrigt sich der Wellenkamm und hebt sich wieder, und es
argibt sich bekanntlich die auf den ersten Blick paradoxe Erscheinung, daß
Hochwasser nicht mehr mit dem Eintreffen des Wellenscheitels zusammenfällt :
Die Kammhöhen während des Fortschreitens sind durch die punktierte Linie
gegeben; erreicht der Kamm den Ort C, so ist in D der Wasserstand = DE,
beim Eintreffen des Kammes in D aber nur = DF.
Es gibt ein einfaches graphisches Verfahren, um die Höhe der Welle sowie
die Zeit des Hochwassers für einen beliebigen Ort zu ermitteln, Man messe von
einem beliebigen Punkte des Wasserspiegels an in der Richtung des Kanals den
Abstand bis zum ersten Schwingungsbauche jeder der beiden Wellen = a, und a,
in Graden, indem man die ganze Wellenlänge = 360° setzt. Dann trage man
(Fig. 6) auf den Schenkeln eines Winkels = 90° — a, + «, die Amplituden der
beiden Schwingungsbäuche in
irgendeinem Maßstabe ab = OP,
und OP, und zeichne über P, P,
als Durchmesser einen Kreis mit
dem Mittelpunkte R. Man trage
an OP, in P, den Winkel 90° + a,
und an OP, in P, den Winkel
90° — a, an, deren Schenkel sich
in Q auf dem Kreise schneiden,
dann stellt OQ die resultierende
Amplitude im Anfangspunkte,
7on dem aus &, und g&, gemessen
waren, dar, Will man die Ampli-
tude in einem beliebigen Punkte
erfahren, der um x° vom Anfangs-
punkte entfernt ist, so muß man
RQ um den Winkel 2x? im Sinne
des Uhrzeigers drehen und den
neuen Punkt Q mit O verbinden,
Die Eintrittszeit des Hochwassers
ist durch den jeweiligen Winkel
y = OQP, in Graden gegeben. (Die ganze Periode ist = 360° zu rechnen.)
Man erkennt, daß zwei nicht richtig verschränkte stehende Schwingungen
stets eine mit ungleichförmiger Geschwindigkeit fortschreitende Welle liefern,
deren Amplitude innerhalb eines Bereichs von einer Wellenlänge zwei Maxima
und zwei Minima hat,
Beweis zu Fig. 4. Da in der obenerwähnten Abhandlung kein Beweis für das geschilderte
graphische Verfahren gegeben wurde, mag es erlaubt sein, ihn hier zu geben, Mit den oben an-
gewandten Bezeichnungen x und t und Phasenwinkeln a, fß. &, e lassen sich zwei beliebige stehende
Schwingungen darstellen durch a cos (X — @) cos (t — 8) und b cos (x — ß) cos (t — s), die man durch
Auflösen von cos (t— 4), und cos (t — #) in Summanden mit den Faktoren cost und sint zerlegen
kann. Setzt man nämlich
Ay?= atcos?#-|- blcoste 4 2abeos 4cos cos («x — ß) -
Ay? = a?sin? $ + b?sin?z + 2absin dsin € cos (a — f),
ig a, = (a cos d sin « - b cos £ sin #): (a cos d cos a -}- b cos £ cos 8)
ty a, = (a sin d sin « 4 bsin « sin #): (a sin d cos « + b sin #©00os ß),
so läßt sich die Summe der beiden obigen Schwingungen schreiben .
= A; 008 (X — a1) cos t + A, cos (x — &) sin t,
wo nunmehr der Sangnterechieg 1/, Periode beträgt. Setzt man dies wieder = H cos (t — 7} und
löst cos (t — y) auf, so kann man H und y berechnen:
H! = A,2c08? (x -— @,) + Az? cOs2 (x — ag),
tg y = [Ay cos (X — al] : [Ay O5 (X -— &)}.
Um diese Gıößen graphisch darzustellen, trägt man in einem Koordinatensystem an die X-Achse nach
unten A «,, und an die negative Y-Achse nach links X «3 an, so daß bei O der Winkel 90° — a
„PP