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Full text: Annalen der Hydrographie und maritimen Meteorologie, 54 (1926)

Ann. d. Hydr, usw., LIV, Jahrg. (1926), Heft VI. 
217 
Flutwellen auf unebenem Grunde. 
Von H. Thorade, 
(Hierzu Tafel 14.) 
I. Das Greensche Gesetz. Flutwellen lassen sich auf verschiedene Weise den 
Windwellen u. a. gegenüberstellen. Indem z. B. ihre Länge (von Kamm zu Kamm) 
sehr groß ist gegenüber der Wassertiefe, erscheinen sie dem Auge selten als 
Welle, Die Auf- und Abbewegung der Teilchen ist gering gegenüber ihrer Hin- 
und Herbewegung, und man kann bei der physikalischen Betrachtung die auf- 
und abwärtsgerichteten Beschleunigungen außer acht lassen; sieht man auch von 
den Bodenwiderständen ab, so kann man sagen, daß alle Teilchen, die einmal 
senkrecht untereinander lagen, es für immer bleiben und deshalb alle dieselbe Be- 
wegung ausführen. Man kann sich für den einfachen Fall eines schmalen geraden 
rechteckigen Kanals mit parallelen Wänden und konstantem Querschnitt die 
Bewegung so vorstellen, daß man sich quer zum Kanale eine Reihe aufrecht- 
stehender Platten im Wasser treibend denkt; die Wellenbewegung besteht dann 
darin, daß diese Platten hin- und herpendeln und durch ihren Zusammenschub und 
ihr Auseinanderweichen abwechselnd Wellenberg und Wellental erzeugen, ähnlich 
wie die Physik es bei Behandlung der Schallwellen lehrt. Zur weiteren Ver- 
ginfachung mag noch angenommen werden, daß die Wellenhöhe klein gegenüber 
der Wassertiefe sein soll. Damit wird zwar die Gültigkeit der folgenden Unter- 
suchungen auf die Gezeitenwellen, Seebebenwellen, Seiches u. a. eingeschränkt, 
und sie lassen sich z. B. auf die einfache Brandung nicht mehr ohne weiteres 
anwenden, aber es mag dafür versucht werden, von mathematischen Hilfsmitteln 
soweit wie möglich abzusehen‘). 
Für einen geraden rechteckigen Kanal von konstantem Querschnitt hat 
Lagrange?®?) unter obigen Annahmen als Wandergeschwindigkeit gefunden e=Vg h, 
wo g die Schwerebeschleunigung und h die Wassertiefe ist. Die vorliegende 
Untersuchung widmet sich der Frage, 1. ob diese Formel auch gültig ist, wenn 
die Tiefe h sich verändert, und 2. welchen Einfluß eine solche Änderung auf 
die bisher konstante Wellenhöhe hat. 
Die erste Frage beantwortete Green‘) bejahend und löste die zweite dahin, 
daß‘ die Wellenhöhe umgekehrt proportional der vierten Wurzel aus der Wasser- 
tiefe sein sollte. Sein Ergebnis läßt sich leicht als eine Folgerung aus dem 
Satze von der Erhaltung der Energie verstehen, wenn man einem Gedanken von 
Lord Rayleigh folgt, der sich für den gegenwärtigen Fall etwa so dar- 
stellen läßt: 
Angenommen, zwei Wellenberge von gleicher Beschaffenheit, deren Länge 
= ] gesetzt sein mag -— für Wellentäler würde das Entsprechende gelten —, 
bewegen sich aufeinander zu; dann sind die Bewegungen der Wasserteilchen 
in ihnen entgegengesetzt gleich, und in dem 
Augenblick, wo sie einander überdecken, 
wird in ihrem Innern Ruhe herrschen, aber 
die Höhen werden an allen Stellen doppelt 
30 groß wie beim einzelnen Wellenberg (Fig. 1, 
die ausgezogene Linie), und die gesamte 
Energie Ey, wird potentiell sein, und zwar 
gleich dem Produkte aus dem Gewichte der 
Wassermasse und der Höhe ihres Schwer- 
punktes S über dem ungestörten Wasserspiegel. Wenn nun der Wellenberg 
unter sonst gleichen Umständen gleichmäßig auseinandergezogen würde zur 
Länge A'’B’/= 2.AB= 24-1 (die gestrichelte Linie), so würde er A-mal mehr 
m” 
) grün eingehendere mathematische Ableitung unternahm Verf, in „Mitt. Math, Ges. Ham- 
urg“, . 
?) z. B. Nouveaux mem, Ac, Roy. Berlin 1781, erschienen 1783, S. 151 €£f, 
3) Trans. Camb. Phil, Soc. VI, IL 3, 1836. 
Ann d, Hydr. usw, 19%6, Heft VI.
	        
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