Kleinere Mitteilungen,
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Die Glasröhren zu Anfang meiner Laufbahn als Schiffsoffizier waren noch
unten offen, später erhielten wir geschlossene mit abbrechbarem Ende. Man hatte
angenommen, daß der farbige Belag der Lotröhren durch die Zeit und durch
die Temperaturunterschiede leiden würde, wenn die Röhren nicht luftdicht ge-
schlossen seien. Es wurde aber auch mit den Lotröhren der neuen Art nicht
besser, Die Ungenauigkeit der Resultate schob man wieder, wie früher, auf die
mehr oder weniger gute Beschaffenheit des farbigen Belags in der Glasröhre.
Man muß sich aber sagen, daß, wenn überhaupt eine Entfärbung eintritt,
diese auch haarscharf abgegrenzt sein muß!
Da mir der wahre Grund dieser Ungenauigkeit allmählich vor Augen ge-
treten war, machte ich, vor Anker liegend, in bekannter Wassertiefe und unter
Kontrolle durch die Lotleine, Lotungen mit dem Patentlot und hatte stets tadel-
lose genaue Resultate, selbst mit sehr alten Lotröhren, Wenn überhaupt eine
Entfärbung eingetreten war, zeichnete sich die Grenze scharf ab. Meine An-
nahme über den Grund der Ungenauigkeit erschien mir bewiesen, und es kam
mir zum Bewußtsein, daß ein Loten in voller Fahrt — auch mit dem Thomson-
Patentlot — stets ungenaue Resultate ergeben muß! — Leider! — denn es wäre
80 schön gewesen!
Seit ich ein Schiff als Kapitän führe, stoppe ich stets beim Loten mit dem
Patentlot, habe stets scharfe Ablesungen erhalten und durch lange Reihenlotungen
mit dem Patentlot sehr gute Ergebnisse erzielt,
Die Erklärung für die Zerfetzung des Randes der Entfärbung in der Glas-
röhre und damit für die Ungenauigkeit des Resultats ist folgende: Hat man
seine Messinghülse richtig in angemessenem Abstand vom Lot an dem Taustropp
befestigt, alle Vorschriften richtig befolgt, und alles verläuft vollkommen programm.
mäßig, so geht auch alles gut bis zum Einholen der letzten 10 bis 50 m, dem See-
gang und der Fahrt des Schiffes entsprechend. Bei den letzten 10 bis 50m
springt das Lot über die Wellen hinweg, mit mehr oder weniger großen Sprüngen,
die sich durch die Fahrt des Schiffes und den Seegang ergeben, Die Folge dieser
mehr oder weniger großen Sprünge ist ein mehr oder weniger großer Druck-
unterschied, dem das offene Ende der Glasröhre ausgesetzt ist. In dem durch
das Seewasser entfärbien Teil der Glasröhre haftet natürlich ein geringer Teil
Seewasser. Dieser anhaftende geringe Teil Seewasser wird durch den Druck-
unterschied beim Springen des Lotes über die Wellen in den noch unentfärbten
oberen Teil des Belags hineingestoßen. Daher die Zerfetzung des Randes der
Entfärbung, daher die Ungenauigkeit der Ablesung.
Es empfiehlt sich also immer — auch beim Loten mit dem Thomson-Patent-
lot — zu stoppen, jedenfalls die Fahrt so zu mäßigen, daß ein Springen über die
See hinweg ausgeschlossen ist,
Um in voller Fahrt loten zu können, müßte ein Verschluß konstruiert werden,
der die Messinghülse oder die Glasröhre bei ihrem ersten Austauchen schließt,
oder eine Tiefensteuerung Anwendung finden, welche nach dem Aufstoßen des
Lotes auf Grund den Draht nur senkrecht aus dem Wasser aufzuholen erlaubt.
Kapitän H. Schopper.
4. „Das Nautische Jahrbuch“. a) Mangel an Zeit verbietet mir zwar, ausführlich
auf die Ausführungen über das Nautische Jahrbuch in Heft III dieser Zeitschrift
einzugehen, aber ganz kurz möchte ich doch zu dem Aufsatze Stellung nehmen,
Um den F, T.-Verkehr im Kriege zwischen den Land-, Bord- und den Schiffs-
stationen untereinander einwandfrei zu regeln, wurden die Greenwich-Zeit und
die Zonenzeit auf See nach bürgerlicher Zeitrechnung angewendet. Aber nicht
nur im F. T,-Verkehr der Schiffe, sondern auch im Bordbetrieb fand die Zeit-
rechnung Verwendung, da es den Kommandos der Kriegsfahrzeuge erwünscht
war, daß ihre Zeitangaben möglichst übereinstimmten. Eine Kontrolle der Uhr-
zeiten war bei Anwendung von mittleren Sonnenstunden leichter, auch das Maschinen-
personal empfand dieses Zeitsystem angenehm, da die Berechnungen des Brenn-
stoffverbrauches usw. vereinfacht wurden, Zur Zeit der Breiten- und Längen-
navigation konnte man uoch Vorteile für die Beibehaltung der astronomischen
Zeitrechnung und der WOZ geltend machen, aber heute im Zeitalter der Stand-