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Full text: Annalen der Hydrographie und maritimen Meteorologie, 54 (1926)

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Annalen der Hydrographie und Maritimen Meteorologie, April 1926, 
Um 1450 unternahm Heinrich der Seefahrer seine vielbewunderten Fahrten 
südwärts an der Westküste Afrikas bis in die Gegend des Äquators, 1486 ge- 
langte Bartholomäus Diaz nach dem Kap der Guten Hoffnung, Vasco da Gama 
fand 1498 den Seeweg nach Ostindien, Cabral entdeckte 1500 Brasilien, von 1492 
bis 1502 führte Kolumbus’ Weg dreimal nach Westindien und Mittelamerika, 
1513 überschritt Balboa die Landenge von Panama, Cortez fand 1519 Mexiko, 
Pizarro 1527 Peru und Magalhaes führte 1520 die erste Weltumseglung aus, 
Alle diese Fahrten, die ganz gewiß an den persönlichen Mut, an die Ausdauer 
der Führer und der Besatzungen die höchsten Anforderungen stellten, wären 
ohne den Kompaß nicht ausführbar gewesen, und so darf man wohl mit Recht 
sagen, daß alle diese Männer zu einem sehr großen Teil ihren Ruhm diesem an 
sich unscheinbaren Instrument verdanken. . 
Obgleich es sich erübrigt hätte, alle diese Namen hier aufzuführen, ist dies 
doch geschehen in der Absicht, die große Bedeutung des Kompasses für die 
Schiffahrt, speziell für die Seeschiffahrt; gebührend hervorzuheben, 
Nachdem man mit Hilfe der Magnetnadel gelernt hatte, die Mißweisung zu 
beobachten und festzustellen, was um die Mitte des 15, Jahrhunderts geschehen 
sein muß, wie in Innsbruck, München und Nürnberg gefundene „Sonnenkompasse*“ 
(Sonnenuhren mit Magnetnadel) beweisen, trug man dieser zum Teil auch Rech- 
nung bei der Konstruktion der Kompaßrosen, indem man die Nadel unter dem 
Blatt in der Größe und Richtung der Mißweisung befestigte oder verschiebbar 
machte, oder indem man über einer Grundrose eine zweite dreh- und feststellbar 
anordnete, so daß dadurch eine rechtweisende, d, b, geographisch Nord weisende 
Rose entstand, Diese Verschiebungen, die authentisch belegt sind erst nach 1538, 
die aber bereits zu Kolumbus’ Zeit Usus gewesen-sein müssen, da K. in seiner 
„Vida“ dreimal deutlich von einem verschiedenen Abweichen seiner flamländischen 
und genuesischen Bussolen spricht, waren verschieden, je nach der Gegend, in 
der der Kompaß benutzt wurde, von Null in der Levante (östliches Mittelmeer) 
bis 1!/, Strich für die Östliche Ostsee, Als die älteste in Europa angestellte Be- 
obachtung der MiBweisung wird sonst auch wohl die von Georg Hartmann in Rom 
im Jahre 1510 mit 6 Grad Ost angesehen. Von 1540 ab ist auch in Paris und wenig 
später auch in London die Mißweisung dauernd und regelmäßig beobachtet worden. 
Wenn heute ein Unterschied gemacht wird zwischen Regel-, Peil- oder 
Azimuthkompaß und Steuerkompaß, so besteht ein derartiger Unterschied in 
damaligen Zeiten selbstverständlich noch nicht; wahrscheinlich auch ist immer 
nur einer an Bord vorhanden gewesen, der dann sowohl zum Steuern wie zum 
Peilen benutzt wurde, Eine Amsterdamer Peilyorrichtung vom Jahre 1609 läßt 
bereits eine gewisse Entwicklung erkennen, 
Über die Unruhe der Kompaßrose bei starken Schiffsbewegungen sowie über 
das Wackein und Zittern der Bussolenmagnete wurde häufig geklagt, so daß- 
immer wieder Versuche gemacht wurden, die alte Schwimmbussole, die nach den 
Verbesserungen, welche die Trockenbussole erfahren hatte, durch diese abgelöst 
worden war, nun auch ihrerseits durch Neukonstruktionen für die erhöhten 
Ansprüche der fortschreitenden Zeit brauchbar zu machen. Kepler benutzte 
z. B. 1599 eine Schwimmbussole für die Bestimmung der Mißweisung. Die Ver- 
suche scheinen indessen kein rechtes Ergebnis gehabt zu haben, denn in der 
Scbiffahrt blieb der Trockenkompaß bis in die neueste Zeit hinein vorherrschend. 
Die Nadel der Trockenkompasse nimmt nunmehr häufig gestreckt oder breit- 
rhombusförmige Gestalt an, das Mittelstück wird dabei teilweise ausgeschnitten 
und durch Messing ersetzt (1600). Vielleicht sind diese Konstruktionen als Ansätze 
von Versuchen zur Vergrößerung des Trägheitsmomentes um die Nord—8Süd-Achse, 
das Ausschneiden zur Erzielung größerer Leichtigkeit anzusprechen, um die Rose 
im Seegang ruhiger zu machen. 
Mit dem Aufblühen der flandrischen, hansischen, englischen und französischen 
Schiffahrt im 16. und 17, Jahrhundert gewinnt der Kompaßbau auch in jenen 
Ländern. eine erhöhte Bedeutung und überflügelt den italienischen, Hier sind 
vornehmlich Amsterdam, London, Hamburg, Kopenhagen und Lübeck Hauptsitze 
der Kompaßherstellung, und wenn früher bereits die Rosen Gegenstand künst-
	        
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