Kleinere Mitteilungen.
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Ein weiterer Abänderungsvorschlag trifft die Tafel 3, Bestimmung der Breite
aus der Höhe des Nordsterns, und das Beispiel hierzu auf Seite XIV. Früher
wurde mit der Ortssternzeit oder Geraden Aufsteigung des oberen Meridians in
die Tafel eingegangen, also mit einer Größe, die bei dem Übergang von dem
Stundenwinkel eines Gestirns auf den der Sonne oft berechnet wird. Trotz einer
veränderten Zählweise des Datums bleibt der Tagbogen eines Gestirns wichtiger
als sein Nachtbogen, und seine obere Kulmination wichtiger als die untere für
die „Bestimmung der Zeit, Länge und Breite zur See nach astronomischen
Beobachtungen“, Die Datumsänderung der bürgerlichen Zeitrechnung findet
nachts doch nur deshalb statt, weil sie sich dann weniger merkbar für das täg-
liche Leben vollzieht. Nun aber sämtliche astronomischen Rechnungen auf dem
unsichtbaren unteren Meridiandurchgange aufzubauen, erscheint sowohl unnötig
in bezug auf die Zählweise des Datums, als auch der anschaulichen Vorstellung
widersprechend. Was Anschaulichkeit anbelangt, hat das Rechnen mit einem
östlichen und westlichen Stundenwinkel, und zwar vom oberen Meridian, viel
mehr für sich, als das mit einem Winkel, der über zwölf Stunden, also 180°, hin-
weggeht. Den besten Beweis hierfür liefert die große Anschaulichkeit der Fig, 57
des Neuen Handbuches der Schiffahrtkunde von Dr. F. Bolte; 2. Auflage. Bei
dieser Rechnungsweise bleibt das sphärisch-astronomische Grunddreieck mit seinen
Bezeichnungen so, wie es gewesen ist, und Rechnungen und Anschauungen würden
durch die veränderte Datumszählweise gar nicht berührt, wenn nicht die Tafel 3
als Eingangsgröße den „Ortsstundenwinkel des Widderpunktes vom unteren (!)
Meridian nach Ost“ einführte. An dem gewundenen Ausdruck und den vielen
Worten fühlt man förmlich, wie die Worte sich einstellen müssen, um den klaren,
anschaulichen Begriff „Ortssternzeit“ zu ersetzen. Er sollte in die Tafeln 3
wieder eingeführt werden. Solange diesem aus dem Bedürfnis der Anschaulich-
keit hervorgehenden Wunsche der Praxis nicht Rechnung getragen wird, muß
die Selbsthilfe einsetzen, wie das in dem Jahrbuche 1925 vielfach dadurch
geschehen ist, daß in dem Kopfe der Tafel 3 jeweilig zwölf Stunden subtrahiert
werden und so die Ortssternzeit „rehabilitiert“ wird.
Das auf Seite XIV gegebene Beispiel entspricht gar nicht den Verhältnissen,
wie sie auf See, der dauernden Ortsveränderung zufolge, nun einmal bestehen.
Kein Schiff hat eine nach mittlerer Ortszeit gehende Uhr, sondern entweder ein
Chronometer, das nach mittlerer Greenwichzeit geht, oder in der Küstenfahrt bis
51° nördlicher Breite eine Uhr mit Mitteleuropäischer Zeit. Das Beispiel müßte
also auf der mittleren Greenwichzeit aufbauend beginnen, um jedem Falle gerecht
zu werden, falls nicht ganz darauf verzichtet wird, Beispiele zu bringen für
Rechnungen, die jedem Nautiker ohne weiteres geläufig sind. Wie wenig Be-
achtung dieses Beispiel in der Praxis gefunden hat, erhellt daraus, daß seine
Unwirklichkeit noch gar nicht weiter aufgefallen ist,
Durch ein Eingehen auf diese Abänderungsvorschläge würde Wünschen ent-
gegengekommen werden, auf die man in der Praxis immer wieder stößt.
C. Maschke, II Off, der Hamburg-Amerika Linie,
3. Starke Auswirkung eines Blitzschlages. Der Cuxhavener Fischdampfer
„Bürgermeister Stammann“, Kapitän Wegener, der sich auf einer Fangreise in
der Nordsee befand, geriet am 8. Januar 1926 in ungefähr 59° N und 3° O in
ein plötzlich auftretendes Gewitter, Der Witterungscharakter war nach der Aus-
sage des Kapitäns an diesem Tage äußerst unbeständig. Das Gewitter selbst
hatte sich ohne die gewöhnlichen Vorboten entwickelt, es war kurz, aber heftig
(vier Entladungen). Ein Blitzschlag traf den Vormast des Schiffes und zer-
trümmerte die aus Holz bestehende Stenge. Gleich danach wurde festgestellt,
daß beide Kompasse gänzlich untauglich geworden waren. Durch den Blitzschlag
war ein derartig starker Pol induziert, daß er die erdmagnetische Kraft in bezug
auf die Kompasse völlig aufhob. D. „Stammann“ hatte ein eisernes Ruder- bzw.
Kartenhaus, dessen oberes Deck aus Holz war. Der Steuerkompaß war im Ruder-
haus verhältnismäßig gut aufgestellt. Der Peilkompaß befand sich oben auf dem
Holzdeck, Der eiserne Vormast mit Holzstenge war schätzungsweise 8 bis 10 m
von den Kompassen entfernt.