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Full text: Annalen der Hydrographie und maritimen Meteorologie, 54 (1926)

Busch, W.: Die Entwicklung des Schiffskompasses in Sage und Geschichte, 125 
Windgötter, Hoheits- und Familienwappen), aus welch letzteren hervorgeht — wenn 
man sie als die der Verfertiger ansieht, was man mit gutem Recht wohl tun 
darf —, daß die Kunst der Herstellung nicht nur in den Hafenplätzen, sondern 
auch in den Städten des Binnenlandes geübt wurde; es muß demnach nicht nur 
die Seefahrt, vielmehr auch das eine oder das andere Gewerbe an Land auf die 
Benutzung von Kompassen angewiesen gewesen sein. Unter den verschiedenen 
Ländern hat — jedenfalls im 14. und 15. Jahrhundert — Italien den Hauptteil 
an der Produktion. ; 
Erst im 16. Jahrhundert greift dann allmählich mehr und mehr eine Be- 
zeichnung der Striche (= „Wind“, also !/, Strich = !/, Wind), ähnlich der heutigen, 
Platz, und zwar für die Hauptstriche Nord, Ost, Süd, West zuerst, dann für die 
Zwischen- und Nebenstriche. Vom Ende des 14. Jahrhunderts an beginnt der 
Nordstrich der Rose die noch heute vielfach gebräuchliche charakteristische Form 
einer stilisierten Lilie zu zeigen, die oft genug auch als Wappen eines Kompaß- 
bauers angetroffen wird. Dies hat verschiedene, namentlich französische Forscher 
veranlaßt, den Kompaß für eine französische „Erfindung“ zu erklären. Die Lilie 
als Bezeichnung des Nordstriches macht erst in neuester Zeit wieder einer be- 
sonderen Ornamentik Platz als Umrahmung für das Warenzeichen der her- 
stellenden Firma. Auch der Oststrich genoß sehr häufig den Vorzug einer be- 
sonderen Bezeichnung, meistens in Form eines einfachen oder stilisierten Kreuzes, 
aus welchem Grunde, ist nicht recht ersichtlich, Wahrscheinlich jedoch sind es 
religiöse Beweggründe gewesen, da mit dem Kreuz das aus dem Osten gekommene 
Christentum symbolisiert wurde, Bei dem auch den Seefahrern eigentümlichen 
Konservativismus darf es daher nicht überraschen, wenn diese Sonderbezeichnung 
des Oststriches, obgleich in teilweise veränderter Form, erst seit einigen Jahr- 
zehnten verschwunden ist; auf dem OÖststrich der Rose eines italienischen Kom- 
passes von 1910 findet sich sogar noch ein reines Kreuz. 
Einen recht guten Beitrag für die Forschung in bezug auf die Entwicklung 
des Kompasses liefern auch die gezeichneten und geschriebenen „portolane“ jener 
Zeit, unsere heutigen Seekarten und Segelhandbücher, aus denen ersehen werden 
kann, daß im 14. Jahrhundert die feste Verbindung zwischen Magneten und Rose 
anfing, sich durchzusetzen, um im nächsten Jahrhundert mehr und mehr die Regel 
zu werden. Lediglich für Vermessungszwecke an Land und im Bergbau wurde 
das System der über einer Gradteilung spielenden Nadel beibehalten, das für 
dieselben Zwecke auch noch heute im Gebrauch ist. 
Als Schutz für den Kompaß oder vielleicht richtiger für die durch die Ver- 
bindung Magnet-Rosenblatt verbesserte Bussole gegen die Bewegungen des Schiffes 
im Seegang wurde anfangs, um 1300 herum, wahrscheinlich nur ein Bügel mit 
drei Ösen benutzt, von denen eine in der Mitte zum Tragen, zwei an der Seite 
zum Halten dienten. Die Verbindung mit dem Schiff vermittelte dann ein be- 
sonderes Gestell, ein Haken über dem Deck des Schiffes oder in einem dem be- 
sonderen Zweck angepaßten kleinen Haus, Kompaßhaus oder auch Nachthaus, 
Mit dem Bügel war der Rosenbehälter durch Ösen und Haken, späterhin auch 
wohl durch Zapfen und Lager verbunden, bis schließlich an die Stelle dieser 
Aufhängungsart die kardanische Aufhängung trat. 
Die erste Erwähnung der kardanischen Aufhängung, der Aufhängung in 
zwei konzentrischen Ringen mit um 90 Grad jeweils versetzten Lagern, die in 
jeder Richtung eine freie Beweglichkeit gestattet, stammt aus dem Jahre 1537; 
sie muß indessen bereits früher bekannt und benutzt worden sein, — Cardanus, 
nach weichem die Aufhängung benannt ist, lebte von 1501 bis 1576 —, da es 
merkwürdig erscheint, daß dies erst geschehen sein soll etwa 150 Jahre später, 
nachdem die Verbindung von Magnet und Rosenblatt zuerst erwähnt ist. Unter 
den Zeichnungen Leonardo da Vincis findet sich denn auch, 1500, die eines 
Zapfengehänges, allerdings nur für ein Wasserschöpfwerk. Hiermit stimmt 
ziemlich gut überein die Aufführung von „Kompassen“ und „Segelsteinen“ (Magnet- 
steinen) im Inventarverzeichnis eines 1460 von den Dänen gekaperten Danziger 
Schiffes, sowie die Angaben über Erwerb von Kompassen in alten Hamburger 
Kämmereirechnungen aus den Jahren 1435 und 1461. Da der Begriff „Kompaß“
	        
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