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Full text: Annalen der Hydrographie und maritimen Meteorologie, 54 (1926)

Busch, W.: Die Entwicklung des Schiffskompasses in Sage und Geschichte, 123 
eben des Magneten, auf den ihrer eigenen Kenntnis nach kostbarsten Stein 
übertrugen, 
Neben den Italienern besitzen auch die anderen Völker des Mittelmeeres, 
die Franzosen und Spanier, Kenntnis von der Richtkraft des Magneten um diese 
Zeit, auch in Portugal und den nordischen Ländern, Deutschland und England 
verbreitet sie sich mehr und mehr, 
Während die Vorläufer unseres heutigen Kompasses in frühesten Zeiten in 
primitivster Weise hergestellt wurden, indem man einen magnetisierten Stab der 
Länge oder der Quere nach durch ein Stück Holz oder Schilf steckte, auch 
wohl einen rohen oder geschliffenen Magnetstein auf einem Brettchen befestigte 
und diese Vorrichtung dann in einem mit Wasser gefüllten Gefäß schwimmen 
ließ, hatten die „agujas de marear“ die „Seenadeln“ der Zeit um 1300 immerhin 
eine gewisse, wenn auch bescheidene Entwicklung hinter sich. Der Schwimm- 
körper nimmt ganz einfache Formen an, als Fisch, Vogel, als einfaches symme- 
trisches Ornament; doch fehlt noch immer die Unterstützung des Schwimm- 
körpers durch eine Art Pinne, um die Vorrichtung in der Mitte des Gefäßes 
zu halten. 
Gegen 1200 taucht zuerst das Wort „calamita“ für den magnetischen Richtungs- 
weiser auf, das einmal in den damaligen Schriften für Magnetstein gebraucht 
wird, weiter aber auch Pfeil bedeutet, in diesem Fall der kleine zur Polweisung 
eingerichtete spitze Gegenstand. Da „calamita“ auch Laubfrosch bedeutet, so mag 
der Ursprung dieses Wortes auch wohl in diesem Zusammenhange gesucht werden 
können, da der auf der Scheibe befestigte Magnetstein immerhin eine gewisse 
Ähnlichkeit mit einem sitzenden Laubfrosch besitzt, Die Bezeichnung „calamita“ 
ist anwendbar sowohl für die in einem Stückchen Holz befindliche magnetisierte 
Nadel wie auch für den auf einer Scheibe befestigten Magnetstein, 
Um 1200 wird die Richtkraft auch von einem englischen Abt Alexander 
Neckam erwähnt, ein anderer Bericht von 1258 kennt den Magnetstein, 
Vor dieser Zeit jedenfalls war die Kenntnis der Richtkraft eines Magneten 
noch nicht allgemein bekannt, wenn auch die Ansicht namhafter Forscher auf 
diesem Gebiet dahin geht, daß man sie, wenigstens im Norden Europas, bereits 
um das Jahr 1000 herum kannte; erst durch die gegen 1300 in Italien vor- 
genommenen Verbesserungen war es möglich, die magnetische Richtkraft in 
größerem Umfange der Schiffahrt dienstbar zu machen. 
Diese Verbesserungen bestanden hauptsächlich darin, daß man nicht mehr 
wie bisher die „calamita“ gewissermaßen willenlos schwimmen ließ, sondern sie mit 
einer Führung versah; vorerst einer senkrecht hindurchgesteckten Achse, die 
ihre Lage im Boden des Gefäßes und im Deckel aus Horn oder Glas hatte. Da- 
mit war gleichzeitig ein Schutz für die Nadel bei Wind geschaffen. Das An- 
bringen des Magneten auf einer Stütze — Pinne — im Gleichgewicht muß 
zwischen den Anfang und die Mitte des 14. Jahrhunderts gesetzt werden. All- 
mählich verschwand auch wohl der Schwimmkörper, der innere Rand des Gefäßes 
wurde mit einer Teilung versehen und schließlich die Teilung aus der Büchse 
entfernt und in Form der noch heute benutzten Kompaßrose auf der Nadel 
befestigt. So entstand die sogenannte „Bussole“, bei der dann zuletzt auch noch 
die durchgehende Achse entfernt und das Rosenblatt auf eine Pinne gesetzt 
wurde, Zum Kompaß im heutigen Sinne fehlte also nur noch die freibewegliche 
Aufhängung, die kardanische Aufhängung. 
Der hier kurz geschilderte Entwicklungsgang hat nicht die allgemeine An- 
erkennung finden können, Die Ansicht eines Teils der Forscher geht dahin, daß 
der Bussole grundsätzlich die Verbindung zwischen Magnet und Rosenblatt fehlte, 
und daß die Teilung bei der Bussole stets fest mit dem Bussolenkörper verbunden 
war. Eine derartige Bussole mag dann sogar ein Zapfengehänge besessen haben, 
und die ganze Vorrichtung wurde erst dann zum Kompaß, nachdem der Magnet 
mit dem Rosenblatt verbunden war, so daß man nun am Steuerstrich, d, h. der 
Bezeichnung der Mittschiffslinie am Kompaß, direkt den Kurs des Schiffes ab- 
lesen und evtl, auch peilen konnte, d. h. die Richtung eines Gegenstandes zum 
Schiff auf der Rose ablesen konnte,
	        
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