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Full text: Annalen der Hydrographie und maritimen Meteorologie, 54 (1926)

Busch, W.: Die Entwicklung des Schiffskompasses in Sage und Geschichte, i21 
9. Die Entdeckung, daß Stahl oder gehärtetes Eisen polarmagnetisch 
gemacht werden kann, indem man es mit Magneteisenstein bestreicht oder 
in dessen Nähe bringt, 
Die Entdeckung, daß der Magnetstein oder das magnetisierte Eisen, 8o- 
bald es derart gestützt oder aufgehangen ist, daß es nach allen Seiten 
frei drehbar ist, die Eigenschaft besitzt, eine bestimmte Richtung anzu- 
zeigen, indem er stets einen bestimmten Winkel mit der Nord-Süd- 
Richtung bildet. 
Die Erkenntnis, daß sich die magnetisierte Nadel als Kompaß, als 
Richtungsweiser, benutzen läßt. 
Von keiner dieser vier Stufen ist bekannt, wann, wo und von wem sie zuU- 
erst bemerkt und benutzt wurde, Die Sage erzählt nur von einem Schäfer mit 
Namen Magnes, dessen eisenbeschlagene Schuhe an solchem Gestein hafteten, 
ferner von einer Insel, von der bei Annäherung der Schiffe deren eiserne Nägel 
herausgezogen wurden; von einer Stadt Magnesia in Klein-Asien usw. Plutareh 
spricht in seinen Schriften allerdings von polar-magnetischen Eigenschaften, 
nimmt aber keinen Bezug auf die oben erwähnte zweite Stufe, Die polar- 
magnetische Eigenschaft wird auch bereits im Talmud erwähnt, 
Obgleich die Ägypter zwischen 3000 bis 2000 v, Chr. anschließend die 
Phönizier, ziemlich ausgedehnte Seefahrt, wenn such in der Hauptsache wohl 
nur Küstenschiffahrt betrieben, die die ersteren bis nach Kreta, die letzteren bis 
nach den „Säulen des Herkules“ und darüber hinaus führte, findet sich doch in 
keinem der über einige dieser Fahrten erhaltenen Berichte die Erwähnung eines 
Instruments, das irgenwie als, wenn auch noch so primitiver Vorgänger unseres 
heutigen Kompasses gedeutet werden könnte, 
Die ältesten Urkunden über die Benutzung der Richtkraft eines Magneten 
besitzt zweifellos China. Hier wurde sie nach ihrem Bekanntwerden benutzt auf 
längeren Reisen in unwirtlichen Gegenden in Form von kleinen, wohl mehr spiel. 
zeugähnlichen sogenannten „magnetischen Wagen“, in deren Vorderteil nach 
Süden, die Hauptrichtung der Chinesen, zeigende Figürchen angebracht waren 
(Sze-nan == Südweiser). Wahrscheinlich wurden derartige Wagen von den Führern 
der Reise- und Heerzüge mitgeführt und bezüglich der einzuschlagenden Weg- 
richtung zu Rate gezogen. Gegen die Annahme mancher Seite, daß es sich hierbei 
um Wagen normaler Größe gehandelt hätte, spricht der Umstand, daß die nur 
geringe Richtkraft des Magneten wohl kaum ausgereicht haben dürfte, die im 
Verhältnis schwere Figur bei den Stößen des Wagens in der Südrichtung zu 
halten; in dieser Richtung angestellte Versuche haben denn auch ergeben, daß 
von dem Einhalten einer festen Richtung keine Rede sein kann. 
Aus dem dahre 121 n. Chr, liegt der älteste, geschriebene Beweis vor; wenn 
man jedoch bedenkt, daß bereits die Sage die Benutzung von „Magnetischen 
Wagen“ erwähnt und überdies das Festhalten des Chinesen an der Überlieferung 
in Betracht zieht, so ist es kaum sehr gewagt anzunehmen, daß die Kenntnis 
der Richtkraft des Magnetsteins oder eines Magneten in China und auch sehr 
wahrscheinlich in Japan, bereits mehrere Jahrhunderte vor unserer Zeitrechnung 
bekannt war, wenn auch vielleicht wohl mehr für Zwecke der Zauberei und 
Gaukelei als für praktische Zwecke, Sogenannte Zauber-Bussolen und astrolo- 
gische Bussolen sind denn auch noch heute in China vorhanden, Nach Klaproth 
soll die Magnetnadel bereits 2635 v. Chr, (!) verwendet worden sein, 
Es hat indessen noch Jange Zeit gedauert, bis die magnetische Richtkraft 
auch an Bord von Schiffen benutzt wurde, Aus dem Jahre 413 mn. Chr. liegt 
der Bericht eines chinesischen Pilgers Fa-hien vor über eine Reise von Indien 
nach China, aus dem hervorgeht, daß der Gebrauch einer Art Kompaß noch 
unbekannt war, da die Schiffsführung ihren Weg vollständig verloren hatte und 
weitab verschlagen worden war, 
Erst im letzten Teil des 11. und Anfang des 12, Jahrhunderts konnte die 
chinesische Schiffsführung durch Einführung der „Südweisenden Nadel“ erheb- 
lichere Fortschritte machen, zu einer allgemeinen Einführung scheint es 
jedoch nicht gekommen zu sein; meistens wird man nach den Gestirnen ge- 
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