Maurer, H,: Über langstrahlige Funkpeilungen,
Über langstrahlige Funkpeilungen.
Von Professor H. Maurer.
Wir haben es zur Zeit mit drei verschiedenen Arten der Funkpeilung zu tun.
Die erste benutzt Funkpeilungen in der Art, daß das Schiff ungerichtete
Funksignale aussendet, die an Land von einer Funkpeilstelle (Radio-compass-
station) mit einem Richtempfänger (Landfunkpeiler) eingepeilt werden. Der zu-
nächst als rohes Funkazimut gefundene Peilwinkel ist um die Funkfehl-
weisung, die nach einer Eichung der Funkpeilstelle für das rohe Funkazimut
bekannt sein muß, zu beschicken. Nach dem beschickten Funkazimut ergibt sich
als geometrischer Ort für den gesuchten Schiffsort, Funmkort der Großkreis,
der den Meridian der Funkpeilstelle in ihr unter dem beschickten Funkazimut
schneidet und das Strahlenbüschel solcher Großkreise, gezeichnet nach gleich-
verteilten Funkazimuten, ist allseitig gleichmäßig (radial symmetrisch), Keine
Richtung ist in der Genauigkeit vor andern bevorzugt.
Ebenso liegen die Verhältnisse bei jener neuerdings von Marconi empfohlenen
Art der Eigenpeilung. Beiihr findet die Beobachtung nicht an Land, sondern
auf dem zu ortenden Schiff selbst statt, aber nicht mit einem Richtempfänger,
sondern mit einem gewöhnlichen Empfänger, Dagegen werden von Land
aus die Funksignale mit einem Richtsender in schmale Sektoren gesandt. Eine
solche Funkstelle heißt Richtfunkbake (Radio-beamstation). Das Schiff stellt aus
der Tatsache, daß es die betreffenden Signale deutlich hört, und aus der für
diesen Sektor geltenden Kennung fest, daß es sich in diesem Sektor befindet,
Auch hierbei ist das Großkreis-Sektorenbüschel, das sich als Gesamtheit der
geometrischen Orte für den Schiffsort (Funkort) ergibt, ein allseitig gleich-
werden) Stern (wenn nicht etwa die Sektoren absichtlich ungleich groß gemacht
werden).
Bei beiden Methoden herrschen in allen Punkten eines Kreises um die feste
Station an Land die gleichen Genauigkeitsverhältnisse; und für die Funkortung
ist es am günstigsten, die jeweils nächste verwendbare Landstation zu benutzen.
Ganz anders liegen die Verhältnisse bei der dritten Methode, die zur Zeit die
wichtigste zu werden scheint. Sie benutzt ebenfalls Eigenpeilung auf dem zu
ortenden Schiff, peilt aber nun mit einem Richtempfänger an Bord (Bord-
funkpeiler) Funksignale, die ungerichtet von einem bekannten festen Ort aus-
gesendet werden. Eine solche Sendestelle, die zu diesem Zweck Funksignale aus-
sendet, heißt eine Funkbake, da sie ebenso wie eine Bake einen bestimmten
Ort auf der Erde kennzeichnet und seine Einpeilung, nur nicht optisch, sondern
funktechnisch, dem Seemann ermöglicht. Die Beobachtung an Bord ergibt zu-
nächst, in welcher rohen Funkseitenpeilung der Funkstrahl anzukommen
scheint, An diesem Winkel sind die dieser Seitenpeilung entsprechende, aus einer
Eichung bekannte, durch den Schiffseinfluß hervrorgebrachte Funkfehlweisung als
Funkbeschickung und der Schiffskurs anzubringen, um das beschickte
Funkazimut zu erhalten, Der durch ein solches Funkazimut, das am Schiffs-
ort gemessene Azimut der Funkbake, gegebene geometrische Ort für das. Schiff
ist nunmehr die Azimutgleiche der Funkbake für den betreffenden Azimut-
wert, Zeichnet man nun nach gleichverteilten Azimutwerten das Büschel der
Azimutgleichen, so schneiden ‚sich diese zwar am Funkbakenort unter gleich-
verteilten Winkeln; der Verlauf dieser Kurven aber ist nicht radial-symmetrisch;
die Punkte einer Kreislinie um die Funkbake weisen wechselnde Genauigkeits-
verhältnisse auf, und in einem von der Funkbake entfernteren Punkt kann die
Funkortungs- Genauigkeit größer sein als in einem näheren, Diese Fragen hat
Herr Immler‘!) in einer ausführlichen Arbeit behandelt, Er gibt darin auch in
Figuren das Netz der Azimutgleichen von 10° zu 10° für eine Funkbake F, am
Äquator und für eine F, auf 60° Nordbreite, und zeichnet auch für beide Fälle
Linien gleicher Dichtigkeit der Azimutgleichen. Diese Dichtigkeitsgleichen sind
für einen Erdoktanten in Fig. 1 wiedergegeben, grestrichelt für F, in 60° N
5 W. Immler, Die Azimutgleiche und ihre Verwertung bei der Funkortüng, Jahrbuch der
drahtlosen Telegraphie und Telephonie 1925, Bd. 26, 8. 73-—88.
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