‚10 Annalen der Hydrographie und Maritimen Meteorologie, März 1926,
verschieden geartete Kurvenstücke unterscheiden, die in zwei- bis dreitägigem
Wechsel sich aneinanderreihen, Es kommt in ihnen der Unterschied zum Aus-
druck, den der Temperaturverlauf einmal in einer von der ausgekühlten Ostsee
kommenden Luftströmung, zum andern in einer von dem durch einige schöne
Frühlingstage schon wieder wesentlich erwärmten Festlande kommenden Luft
nimmt, je nachdem, entsprechend der allgemeinen Druckverteilung, die eine oder
die andere Strömung herrscht. Die Maxima der vom Seewind bestimmten Kurven
reichen kaum bis an die Minima der Temperaturkurven des Landwindes heran,
letztere Minima bleiben um 5—7° höher als die Minima der Seewindtage. Die
tägliche Amplitude des Temperaturganges ist an heiteren Tagen bei anhaltendem
Seewind (z. B. am 4. und 14.) bedeutend geringer als an klaren Tagen mit durch-
weg Wind vom Land (z. B. am 6. und 11.). Die Temperaturkurven bei Land-
wind erreichen freilich lange nicht die Amplitude wie an Festlandstationen
(Königsberg, man vergleiche hierzu die beiden Temperaturkurven in Fig, 1); 8o-
wohl die Maxima als auch die Minima sind stark gedämpft unter Wirkung des
Haffwassers, über dessen Fläche die Landluft 20—25 km weit streichen mußte,
bevor sie die Nehrung errreichte. Die Gegensätzlichkeit im Wärmezustand der
beiden verschiedenen Luftströmungen kommt ferner zum Ausdruck in den oft
schroffen Temperatursprüngen, welche die Hauptwindperioden trennen, Wir sehen
solche Übergänge am 3. V.10—11% Vm.; 5. V, 3—41 Ym.; 7. V, 8—9b Nm.; 10. V.
8h Vm.; 12. V, 2—3h Nm; 15. V. 4b Vm.,
Hier sei auch noch eine Besonderheit im Verlaufe der Temperaturkurven
besprochen, die nichts gemein hat mit den später zu besprechenden Eigenarten
des Temperaturverlaufes infolge des periodischen Land- und Seewindes. An
mehreren Tagen, dem 6,., 14. und 15. V., an denen bestimmt keine wesentliche
Änderung der Windrichtung eingetreten ist, zeigt der Temperaturverlauf eine
merkwürdige Depression um die Mittagszeit. Die. Ursache hierfür möchte ich in
den örtlichen Verhältnissen suchen. Das Weiter war an allen drei Tagen heiter
bis wolkenlos, die Einstrahlung konnte auf der Nehrung ungehindert wirken und
die Temperaturkurve um so mehr beeinflussen, je schwächer der Wind war. Nun
liegen gerade vom 14., an dem die Erscheinung am ausgeprägtesten auftrat, eine
Anzahl von Windmessungen vor, die auf dem Predinberge anläßlich von Gileit-
und Segelflugversuchen gemacht wurden; sie ergaben: 8%% Vm, NW 1; 91% Vm,
NW1—2; 10% Vm.NW4; 105% Vm. NW 3; 11% Vm. NW6—7; 11415 VYm, NW 7—8;
920h Nm. NW 6; 24h Nm. NW 7-—8. Demnach war. also zunächst am Vormittage
die Luftbewegung sehr schwach, die Luft, die von der Ostsee her über mindestens
t/, km Breite stark erwärmten Sandes strich, wird daran ihre Temperatur erhöht
haben, bevor sie zum Thermographen gelangte, so daß der Anstieg der Temperatur-
kurve stärker war, als dem täglichen Gange des unbeeinflußten Seewindes ent-
sprach; es mußte deshalb eine Unterbrechung des Anstiegs. eintreten, als der
Wind stärker wurde, bis gegen Mittag der ungestörte tägliche Gang mit dem
Maximum gegen 2h Nm. in die Erscheinung trat, Am 6, wehte Landwind, dessen
Stromlinien durch den Steilabfall der Dünen stark beeinflußt werden, jedoch in
verschiedenem Maße, je nach der Windgeschwindigkeit; man könnte annehmen,
daß infolge Windstärkeänderung eine Zeitlang Luft an ‘den Thermographen
gelangte, die von dem warmen Hange weniger stark beeinflußt wurde, so daß das
Steigen der Temperaturkurve eine Zeitlang aufhörte.
; 3. Der periodische Land- und Seewind.
Die in ihren allgemeinen Zügen durch die Wetterlage bestimmte Temperatur-
kurve zeigt nun an einer Reihe von Tagen noch ganz charakteristische Eigen-
heiten, welche darauf schließen lassen, daß an diesen Tagen ein periodischer
Wechsel von Land- und Seewind aufgetreten sein muß, und zwar finden wir diese
Fälle sowohl in den Zeiträumen vorherrschenden Landwindes, wie in solchen vor-
herrschenden Seewindes, Die Vorbedingungen für diese periodischen, am das Grenz-
gebiet zwischen Land und See gebundenen Winde — sehr gleichmäßiger Luft-
druck und größere Temperaturgegensätze zwischen fester uud flüssiger Erdober-
fläche — waren in den Tagen vom 1. bis 15. Mai öfters vorhanden, in den Besonder-