‚06 Annalen der Hydrographie und Maritimen Meteorologie, März 1926.
Kontaktanemometer angebracht, dessen Kontakte von einem ebenfalls in der Hütte
untergebrachten Chronographen aufgezeichnet wurden, Während es nicht gelang,
ununterbrochene Registrierungen der Windgeschwindigkeit zu erhalten, hat der
Thermograph sehr gut gearbeitet und Kurven geliefert, die einer Bekanntgabe
für wert erachtet werden. Der in Betracht kommende Zeitraum (1.—15. Mai 1925)
fällt in die Jahreszeit, in der sich bei günstigen Wetterlagen der Temperatur-
gegensatz zwischen Land und Meer sehr schroff gestalten kann, da einerseits
das Meerwasser seine winterlichen Wärmeverluste noch nicht wieder ersetzen
konnte, anderseits durch die starke Insolation das Festland und die darüber
lagernde Luft bereits ganz erheblich erwärmt werden können. Damit sind sehr
zünstige Vorbedingungen für die Entstehung der periodischen See- und Land-
winde gegeben, die denn auch in der fraglichen Zeit sich mehrfach einstellten.
Über die Land- und Seewinderscheinung an den deutschen Küsten sind von
L. Großmann!) und M. Kaiser?) Untersuchungen angestellt worden, die sich
auf Terminbeobachtungen bzw. auf Registrierungen der Windrichtung stützten,
Es ist ohne weiteres klar, daß diese Erscheinung auch in dem Temperaturgang
zum Ausdruck kommen muß, (vgl. Fig. 34 auf S. 441 von Hanns „Lehrbuch
der Meteorologie“, 3. Auflage), aber leider sind Thermographen bei den Beob-
achtungsstationen der deutschen Küste so gut wie gar nicht aufgestellt, deren
Aufzeichnungen, wie man an den Rossittener Registrierungen sieht, geeignet
wären, diese Vorgänge auch nach der Seite der thermischen Wirkungen genauer
darzustellen, Meines Wissens sind derartige Temperaturkurven aus dem deutschen
Küstengebiete bisher noch nicht veröffentlicht worden. Es erscheint mir des-
halb angebracht, den ganzen Kurvenzug, der so unterschiedliche Formen des
Temperaturverlaufes bringt, je nachdem der Wind von der See oder vom Lande
her wehte, in Fig. 1 (Tafel 10) wiederzugeben?) und für die einzelnen Tage die Be-
ziehung zwischen Wetterlage und Temperaturgang darzustellen.
1. Wetterlage und Temperaturgang an den einzelnen Tagen.
1. Mai. Wetterlage: Im Laufe des Tages schiebt sich von einem über
Süd-Polen gelegenen Hochdruckkerne her ein Keil zwischen eine Depression über
der nördlichen Ostsee, die bisher das Wetter Ostpreußens bestimmte, und ein
neues Tief, dessen Kern über den Niederlanden liegt. Der Wind dreht im Laufe
des Tages aus westlicher in östliche Richtung; in Rossitten geschieht dies zwischen
10 und 11h Vm,, gleichzeitig nimmt die Windgeschwindigkeit auf 6—8 m/sec zu.
In der Höhe herrscht, nach dem Wolkenzuge (a-cu), Südwestströmung; nach-
mittags zunehmende Bewölkung (a-str, ci-cu).
Temperaturgang: Die Drehung des Windes bringt ein langsames Steigen
der Temperatur bis gegen 6h Nm. als Folge des Zustromes von Festlandluft. Die
nächtliche Temperaturabnahme ist nur gering. .
2. Mai. Wetterlage: Von der langsam von Holland über Jütland und
die dänischen Inseln nach Südskandinavien ziehenden Depression erstreckt sich
eine Konvergenzlinie bis nach Ungarn, die sich ostwärts verlagert und von einem
Regengebiete begleitet ist. Rossitten bleibt während des ganzen Tages auf der
Vorderseite dieser Konvergenzlinie und hat dementsprechend südöstlichen Wind,
der, morgens 9—13 m/sec, am Nachmittage auf 6—7 m/sec abflaut. Morgens
and vormittags ist der Himmel ziemlich heiter, nachmittags nimmt die Bewölkung
zu, es fallen zeitweise leichte Regenschauer, die Wolken (a-cu, eu, ni) ziehen aus SW,
Um 6b Nm. beginnt der bis dahin wenig veränderte Luftdruck langsam zu steigen.
Temperaturgang: Der vormittägige Temperaturanstieg wird gegen 11h Ym.
abgebrochen. Wahrscheinlich sind die Luftmassen, die weiterhin mit südöstlichem
Strome herankommen, durch Niederschläge im Binnenlande abgekühlt worden;
5 L. Grossmann, Die Drehung der Winde an der deutschen Küste, Archiv d
Seewarte, ee Jahrg. 1908, Nr. 4. N iv d. Deutschen
) M. Kaiser, Land- und Seewinde an der deutschen Ostseeküste, Ann, d, Hydr. u. i
Meteorologie 1907, S. 113—122; 149-—163. Me wör. a, Mit,
N 3) Zum Vergleich ist auch die Temperaturkurve von Königsberg (Wetterwarte) gestrichelt ein-
yetragen.