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Full text: Annalen der Hydrographie und maritimen Meteorologie, 54 (1926)

104 Annalen der Hydrographie und Maritimen Meteorologie, März 1926. 
becken infolge seiner polaren Lage doch selbst viel stärker einatmet als die 
südlicheren Meere, so verschiebt sich der Wirkungsmittelpunkt der winterlichen 
Einatmung südwärts, Er wird ungefähr auf jenem Meridian zu finden sein, der 
den Nordatlantik halbiert, also bei Island, Das heißt: wir brauchen keinen 
Golfstrom heranzuziehen, um die Lage des Isländischen Minimums im 
Winter zu erklären. Seine Lage ergibt sich aus dem Atmungsmecha- 
nismus der Atmosphäre allein infolge der unsymmetrischen Verteilung 
der nördlichen Weitteile, Das Isländische Tief stellt also den Mittel- 
punkt der allgemeinen Zirkulation der Nordhalbkugel, den eigent- 
lichen Polarwirbel oder den meteorologischen Nordpoldar. Im Sommer 
wird es von den ausatmenden Kontinenten aufgefüllt, polwärts verschoben und 
erscheint fast nur mehr als Ausläufer der riesigen asiatischen Zyklone. Immer- 
hin bleibt es — wenn auch geschwächt — das ganze Jahr über bestehen, eben 
wegen seiner Bedeutung als Mittelpunkt der Zirkulation nördlich vom Roßbreiten- 
gürtel, Ist aber das Isländische Tief ohne Zuhilfenahme des Golfstroms erklärbar, 
so können wir den Spieß jetzt umdrehen und sagen: die südwestliche Luft- 
strömung auf der Südostseite des Isländischen Tiefs mußte den Golf- 
strom erzeugen, die nordwestlichen Winde auf seiner Nordwestseite 
den kalten Labradorstrom. 
Das Aleuten-Tief entbehrt hingegen, wie wir gesehen haben, jeder Bedeutung 
für die allgemeine Zirkulation und wird nur während der winterlichen Ein- 
atmungsphasen erzeugt, durch die Ausatmungsphase aber jedesmal wieder aus- 
gefüllt, Es ist eine rein temporäre Erscheinung, bedingt durch die notwendige 
Trennung des Einatmungsgürtels über der Behringsstraße von dem subtropischen 
Roßbreitengürtel, 
3. Der Atmungsmechanismus auf einer Erde mit gleichförmiger Oberfläche, 
Wäre die ganze Erde nur mit Wasser oder nur mit Land bedeckt, so würde 
sich offenbar infolge des Jahreszeitenwechsels auch ein Atmungsrhythmus ein- 
stellen. Die Rolle der Kontinente als aktiver Gebiete würde dann eine „Breiten- 
zone“, ein ringförmiger Streifen um die Pole einnehmen, Die Breitenlage dieses 
Streifens müßte ebenso mit der Jahreszeit veränderlich sein, wie es die aktiven 
Gürtel der Kontinente (Aus- und Einstrahlungszentren} wirklich sind. Ein- und 
Ausstrahlung sind die Erreger der Atımungswellen, Auf einer — allerdings nicht 
vorstellbaren — unendlich ausgedehnten Erdoberfläche würden sie als fort- 
schreitende Wellen auftreten, auf der begrenzten Erdkugel werden sie durch 
Reflexion zu stehenden Wellen, 
Die beste Vorstellung dieser schematischen Verhältnisse werden wir gewinnen, 
wenn wir uns ein rundes, halb mit Wasser gefülltes Glas vorstellen. Die Ober- 
fläche des Wassers stelle die Horizontalprojektion einer Hemisphäre dar. Durch 
Streichen mit dem Finger versetzen wir den Rand des Glases in Schwingungen 
(Glasharmonika). Dann werden sich auf dem Wasser stehende Wellen ausbilden. 
Könnten wir jetzt noch, um die Wirkung des wechselnden Sonnenstandes zu ver- 
sinnlichen, den Umfang des Glases rasch erweitern und verengen, so bekämen 
wir ein Analogiebild zu den Atmungswellen auf einer gleichförmig bedeckten 
Erdhalbkugel: eine recht komplizierte Mischung von vorwiegend stehenden und 
zeitweise doch etwas fortschreitenden Wellen. Die veränderlich gedachte Wan- 
dung des Glases entspricht dem pendelnden Kalmengürtel, der die Zirkulationen 
der beiden Halbkugeln gegeneinander abgrenzt. Um die Zeit der Solstitien 
herum müßten sich rein stehende Wellen ausbilden, wenn nicht die atmosphärische 
Wirkung dem Sonnenstand nachhinken würde. Zur Zeit der Tag- und Nacht 
gleichen muß die fortschreitende Komponente der Wellen ein Maximum erreichen. 
Die polaren Kälteausbrüche (als eine der Phasen) würden sich kreisförmig ausbreiten. 
Kehren wir zu der tatsächlichen Land- und Meerverteilung zurück, so müssen 
sich den meridionalen stehenden Wellen noch zonale westöstliche, ebenfalls 
stehende, superponieren, und dazu kommen — noch immer abgesehen von den 
wandernden Wellen der Störungen — die mit der Ausbreitung der Kältewellen 
zusammenhängenden fortschreitenden Wellen.
	        
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