Jahresbericht der Deutschen Seewarte für 1929.
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klein, besonders empfindlich durch die Unmöglichkeit, den notwendig ent
stehenden Lärm von den geistigen Arbeitsstätten abzudämmen.
Wertvolle Erwerbungen konnte Hannover an Instrumenten und Büchern
machen. Das Instrumentarium wurde durch einen selbstregistrierenden Regen
messer, Fueß, mit täglicher Umlaufstrommel, sowie durch ein Aktinometer nach
Michelson-Marten vermehrt. Die Bücherei wurde um etwa 20 Bände der
neuesten, wichtigsten Fachliteratur bereichert und besitzt jetzt einigermaßen
das notwendigste Rüstzeug für den Meteorologen.
3. Flugberatung.
Die Finanzlage von Reich, Staat und Städten zwang dazu, den Flugverkehr
in diesem Sommer einmal später als sonst zu beginnen und dann auch nicht in
dem gleichen Umfang zu eröffnen wie im Jahre 1928. Es fielen für Hannover
besonders die kleineren Strecken aus, die es mit den Nachbarstädten Braun
schweig, Magdeburg, Osnabrück verbunden hatten. Die großen Durchgangs
strecken Berlin—Hannover—Amsterdam, Hamburg—Hannover—Frankfurt/M.,
Bremen—Hannover—Schkeuditz blieben jedoch bestehen. Außerdem waren von
Hannover aus zu beraten die Fluglinien:
Bremen—Hannover—Magdeburg—Berlin; Hannover—Hildesheim—Goslar—
Quedlinburg—Schkeuditz; Hannover—Erfurt; Hannover—Kassel; Hannover—
Dortmund.
Auch im Winter-Luftverkehr blieben die Hauptstrecken Nord—Süd und
Ost—West bestehen, neu dazu kam die im Winter über Hannover geführte
Strecke Berlin—Köln. Der Flugplatz Braunschweig war im Sommer wegen
baulicher Veränderungen außer Betrieb gesetzt; seit Übersiedlung der Deutschen
Verkehrsfliegerschule von Staaken nach Braunschweig im Herbst erwächst der
benachbarten Flugwetterwarte Hannover ein neues Arbeitsfeld, indem häufig
vor Fernflügen nach den Wetteraussichten angefragt wird.
Wiederum muß auf die besondere Aufgabe Hannovers, des Flughafens an
der Einfallpforte zu den deutschen Mittelgebirgen, hingewiesen werden und auf
die erheblich gesteigerte Wetterberatungstätigkeit an Schlechtwettertagen, wenn
zahlreiche Flugzeuge Hannover als Schutz- und Notlandeplatz aufsuchen.
In Form und Weise der beratenden Tätigkeit selbst ist keine Änderung
eingetreten. Die F. T.-Beratung von Maschinen in der Luft hat weiter an Zahl
und Bedeutung zugenommen. Immer häufiger gelingt es, Flugzeuge auf Lang
strecken selbst über ausgedehnte Nebel- oder Schlechtwetterfelder hinweg zu
einem sicheren Ziele zu führen.
Durch das Entgegenkommen der Deutschen Luft Hansa war es auch in diesem
Jahre wieder möglich, daß die beratenden Meteorologen durch Teilnahme an den
Flügen ihre Kenntnisse und Erfahrungen in wünschenswerter Weise erweiterten.
4. Wirtschaftswetterdienst.
Die Inanspruchnahme des Wetterdienstes Hannover durch Wirtschaft und
Industrie war wieder eine rege. Große Industriewerke der Umgebung Hannovers,
so z. B. Günther Wagner und Ferdinand Sichel, gehörten zu den ständigen Abon
nenten. Für das Stromnetz des Großkraftwerkes Hannover wurde wieder wie
im Sommer ein Gewitterwarnungsdienst durchgeführt. Die Norag Hannover
bekommt mittags Übersicht über die Witterungsverhältnisse des Bezirks, sowie
eine Wettervorhersage für den nächsten Tag. Besonders ausgedehnt ist die
Inanspruchnahme des Wirtschaftswetterdienstes in den Wintermonaten, einmal
wegen der möglichen Frostgefahr, sodann besonders wegen der Wintersport
nachrichten, die hier gesammelt und an die Hannoverschen Zeitungen und den
Hannoverschen Verkehrsverein zur Veröffentlichung weitergeleitet werden.
An Frostwarnungen sind zahlreiche Industrien, besonders aber der Blumen
großhandel mit seinem Transport aus dem Ausland stark interessiert. Die
Wetterwarte Hannover hat wieder die Frostgefahrwarnung für den Blumen
transport von Holland nach sämtlichen Gegenden Deutschlands übernommen.