Jahresbericht der Deutschen Seewarte für 1929.
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4. Flugwetterdienst.
Im Sommer wurden meteorologisch beraten die Strecken: 1. Königsberg—
Riga—Moskau; — 2. Königsberg—Riga—Leningrad; — 3. Königsberg—Danzig—
Berlin (Tagstrecke): — 4. Königsberg — Danzig — Berlin (Nachtstrecke); —
5. Königsberg—Elbing—Marienburg—Danzig—Stolp—Stettin; — 6. Königsberg —
Insterburg; -—• 7. Berlin—Königsberg im letzten Abschnitt; — 8. Riga—Königs
berg; — 9. Insterburg — Königsberg; — 10. Marienburg — Elbing — Königsberg.
Die ersten sechs Strecken wurden mündlich in unmittelbarem Verkehr mit
den Piloten, die siebente funkentelegraphisch, die drei letzten drahttelegraphisch
beraten. Die Beratung erfolgte auf Grund der täglichen Wetterkarten von 2, 8,
11, 14, 19 Uhr wie der Angaben von 15 Strecken- und acht Gefahrenmeldeämtern.
In den übrigen Jahreszeiten, namentlich im Winter, wurde ein erheblicher Teil
dieser Strecken nicht beflogen.
Bewährt hat sich die Mitte Juli erfolgte Aufstellung eines Scheinwerfers
von 500 000 Kerzenstärken, den das Reichsverkehrsministerium zur Bestimmung
der Wolkenhöhe bei Dunkelheit zur Verfügung gestellt hatte.
Zum letzten Darmstädter Flugmeteorologen-Kursus vom 1. Dezember 1928
bis 12. Februar 1929 waren kommandiert Dr. G. Wedding und Dr. R. Steiner,
welche am 9. Februar an einer Freiballonfahrt von Höchst bei Frankfurt a. M.
nach Altenkirchen im Westerwald auf dem „Ortizon“ unter Führung des Ober
regierungsrates Dr. Landmann teilnehmen konnten.
Dr. G. Wedding besichtigte im März und April die Streckenmeldeämter
Labiau, Elbing, Marienburg, Mohrungen und Braunsberg.
Bearbeitet wurden weiter die klimatologische Statistik des Flughafens
Königsberg i. Pr., die statistische Erfassung seiner Höhenwinde, die Erfahrungs
berichte über die beratenen Flugstrecken und deren Klimatologie.
Die Meteorologen nahmen an einer Reihe von Verkehrsflügen auf den von ihnen
beratenen Strecken teil.
5. Wetterflugstelle.
Die Wetterflugstelle wurde Mitte September eingerichtet, Flugzeug D 704
(Junkers A 20), Flugzeugführer M. Schwabe, als Meteorologe von der Öffentlichen
Wetterdienststelle abkommandiert Dr. R. Steiner. An Instrumenten stehen zur
Verfügung zwei Marwin-Apparate und vier Meteorographen (System Bosch). Die
Aufgaben entsprechen denen der Wetterflugstelle Hamburg-Fuhlsbüttel. Die
Aufstiege werden werktäglich möglichst so frühzeitig ausgeführt, daß die Er
gebnisse um 9.30 Uhr zur Verfügung stehen. Wegen der späten Einrichtung
der Wetterflugstelle war die Hauptaufgabe zunächst Einarbeitung des Personals
und Erprobung des Materials.
b) Wetterwarte Stettin.
1. Allgemeines.
Nur durch das Zusammenarbeiten der in der Wetterwarte Stettin vereinigten
drei Dienststellen war es möglich, mit dem vorhandenen Personal die Aufgaben
jeder der drei Dienststellen einigermaßen durchzuführen. Die gemeinsame
Registratur wies 2352 Buchnummern auf.
Die Räume der Wetterwarte auf dem Flughafen Stettin erfuhren eine Ver
mehrung um zwei große Zimmer, die die Öffentliche Wetterdienststelle (siehe
unter 3) an den Südflügel der Bürobaracke anbaute. Ende des Berichtsjahres
wurde von der Flugwetterwarte (siehe unter 4) ein Windschreiber Fuess in etwa
10 m Entfernung von der Bürobaracke frei aufgestellt.
Die Funkanlage der Wetterwarte wurde durch ein selbstgebautes Kurz
wellenempfangsgerät ergänzt, das seit Mai insbesonders nutzbringende Anwendung
bei Aufnahme der Englandobse findet. Im September wurde die Funkausstellung
in Berlin von R. Menslin besucht.
Die Zusammenarbeit der Wetterwarte mit den beiden Luftverkehrsgesell
schaften, Deutsche Luft Hansa und Nordbayerische Verkehrsflug, mit den Flug
zeugführern, mit der Flughafenfunkstelle und mit der Werftleitung der Deutschen