Jahresbericht der Deutschen Seekarte für 1929.
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I. Zur Geschichte der Deutschen Seewarte,
a) Organisatorisches.
1. Die deutsche Finanznot wirkte sich wie überall im Reiche so auch bei
der Deutschen Seewarte aus. Die Haushaltsforderungen, die sich in der Haupt
sache immer wieder um Personalvermehrung und um den Erweiterungsbau
handelten, konnten aus Mangel an Mitteln nur in geringem Maße berücksichtigt
werden. Aber mit wärmstem Dank an das Reichsverkehrsministerium darf fest
gestellt werden, daß es 1929 gelang, den Beamtenkörper der Seewarte zu festigen
und zu verstärken. Es wurden durch Umwandlung neu bewilligt:
3 Oberregierungsrats-Stellen und
4 Regierungsrats-Stellen.
Durch diese Maßnahme wurde erreicht, daß wertvolle Kräfte im Referenten
dienst, die abzuwandern drohten, der Anstalt erhalten blieben.
2. Vom Haushaltsausschuß des Reichstages wurde angeregt, eine Prüfung
der Arbeitsgebiete der Seewarte herbeizuführen. Der Herr Reichsverkehrs
minister ordnete daraufhin an festzustellen, ob die von der Seewarte beantragten
Personal- und sächlichen Kosten im richtigen Verhältnis zu den durch das See
wartengesetz zu fordernden Seewartenaufgaben stünden. Eine Fülle von Aus
arbeitungen und Zusammenstellungen mußte daraufhin von den Abteilungen
verlangt werden, eine naturgemäß nicht unerhebliche Mehrbelastung neben den
laufenden Arbeiten. Die Notgemeinschaft der Deutschen Wissenschaft wurde
zunächst vom Reichsverkehrsministerium gebeten, ein Gutachten über die wissen
schaftlichen Aufgaben der Seewarte und die Möglichkeit, diese auf Grund ihres
Personalbestandes zu lösen, abzugeben. In dankenswerter Weise unterzog sich der
Präsident der Notgemeinschaft, Se. Exzellenz Staatsminister a. D. Schmidt-Ott,
der sich zu diesem Zwecke am 25. und 26. Januar in der Seewarte auihielt, der
schwierigen Aufgabe. Im Laufe des Jahres fanden ferner vom Präsidenten ge
leitete Besprechungen mit Fachgelehrten und Vertretern der Schiffahrt statt, um
auch von dieser Seite aus ein Urteil über die Durchführung der Seewarten
aufgaben zu erhalten. Allen beteiligten Herren sei an dieser Stelle der wärmste
Dank für ihre tatkräftige und unparteiische Mitarbeit zum Ausdruck gebracht.
3. Eine wichtige Änderung in der Organisation der Seewarte wird die für
den 1. April 1930 beabsichtigte Lostrennung der in den Rahmen der Nord
deutschen Wetterdienstorganisation gehörigen Öffentlichen Wetterdienststellen
in Hamburg, Königsberg und Stettin bedeuten. Die notwendigen Vorarbeiten
nahmen viel Zeit und Kräfte in Anspruch. Veranlassung zu dieser von den be
teiligten Ministerien beabsichtigten Trennung gaben organisatorische Schwierig
keiten und Personalmangel bei der Seewarte. Diese Abtrennung des Wirtschafts
wetterdienstes für das Landgebiet berührt nicht die wetterdienstlichen Aufgaben,
die der Seewarte reichsgesetzlieh zugewiesen sind, nämlich den Wetterdienst für
die Nordsee und Ostsee und für die Küsten und Häfen, soweit sich die Beratung
auf die schiffahrttreibenden Kreise bezieht, also den Seewetterdienst und den
Sturmwarnungsdienst; ebenso auch nicht den umfangreichen Ozeanwetterdienst,
dessen kräftige Förderung wichtige Seewartenaufgabe ist. Aus sachlichen Gründen
ist beabsichtigt, nach der Trennung den Seewetterdienst für die mittlere und öst
liche Ostsee von den Öffentlichen Wetterdienststellen Stettin und Königsberg
nach einheitlicher Anweisung der Seewarte und besonderer Vereinbarung durch
führen zu lassen.
4. Für die wissenschaftliche Betätigung der Seewarte ist ferner als bedeut
same Tatsache zu berichten, daß durch die Neuschaffung einer ordentlichen