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Jahresbericht der Deutschen Seewarte für 1928.
Deutschen Kommission für Meeresforschung durchgeführte ozeanographische
Untersuchungsfahrt ins Barents-Meer.
Das amerikanische Forschungsschiff „Carnegie“ hielt sich im Hamburger
Hafen vom 24. Juni bis 7. Juli 1928 auf. Infolge der zahlreichen Anknüpfungs
punkte aller Arbeitsgebiete der Deutschen Seewarte mit den Forschungsaufgaben
der „Carnegie“ entwickelte sich ein reger Verkehr und Gedankenaustausch
zwischen dem Kommandanten des Schiffes, Kapt. Ault, der zugleich wissenschaft
licher Expeditionsleiter ist, sowie den anderen Expeditionsteilnehmern und den
Fachkollegen der Deutschen Seewarte. Für die Deutsche Seewarte war die An
wesenheit von Prof. Dr. Sverdrup, der die „Carnegie“ in Hamburg betreute, eine
besondere Freude. Dem Schiff wurde jede nur mögliche Unterstützung zuteil.
Am 6. Juli 1928 fand in der Deutschen Seewarte eine Sitzung über den
Verlauf des Eisnachrichtendienstes im Winter 1927/28 unter Leitung des Präsi
denten statt. Es nahmen teil: Verband Deutscher Reeder, Verein Stettiner Reeder,
Verein Hamburger Reeder sowie Vertreter Hamburger, Lübecker und Kieler
Reedereien. Die Wünsche der Reedereien gipfelten darin, daß das Reich einen
eigenen Sender für die Ausstrahlung der Eisnachrichten bereitstellen möge, da
sich immer mehr die Unzulänglichkeit und Unzuverlässigkeit der privaten Rund
funksender bemerkbar macht.
Durch das außerordentliche Entgegenkommen der Reichsmarine war es
möglich, in der Zeit vom 25. Juli bis zum 5. September eine meteorologische
Forschungsfahrt auf dem Vermessungsschiff „Meteor“ in den isländischen und
grönländischen Gewässern durchzuführen. Es nahm an dieser Fahrt, die reiches
aerologisches und meteorologisches Material sowie Erfahrungen auf dem Gebiete
des drahtlosen Wetternachrichtendienstes zeitigte, außer den Meteorologen der
Deutschen Seewarte: Dr. Ahlgrimm, Dr. Georgi, Dr. Troll, Dr. Bringmann und
Frank auch der Meteorologe Dr. Stöbe von der Flugwetterwarte Fürth teil.
Der Reichsmarine sei auch an dieser Stelle der Dank der Deutschen Seewarte
zum Ausdruck gebracht.
Zum Studium der Organisation des maritim-meteorologischen Beobachtungs
dienstes an Bord von Handelsschiffen begab sich der Vorstand der Nautischen
Abteilung (I), Reg.-Rat Kapitän Schubart, im Oktober 1928 zur Marine-Division
des Air Ministry in London und zum meteorologischen Institut nach De Bilt.
Es wurde festgestellt, daß die deutschen Handelsschiffsoffziere im Beobachtungs-
w r esen auf der Höhe sind, daß aber die Auswertung und Bearbeitung ihrer zahl
reichen Beobachtungen durch die Deutsche Seewarte im Vergleich zu England
und Holland stark ins Hintertreffen geraten ist. Der Grund hierfür ist darin
zu suchen, daß diese beiden Nationen die Beobachtungen maschinell auswerten,
was bei der Deutschen Seewarte infolge Mangels an Personal und Mitteln zur
Beschaffung der statistischen Maschinen leider nicht der Fall ist. Eine sehr
wichtige Aufgabe der Deutschen Seewarte liegt ferner darin, daß ein einheit
liches Schiffsinstrumentarium, welches der Kontrolle der Seewarte unterliegt,
geschaffen wird. Aber auch das ist nur eine Geldfrage.
Die auf Anregung der britischen Regierung im April 1929 stattfindende
Internationale Konferenz zur Revision des im Jahre 1914 beschlossenen, aber
nicht ratifizierten Vertrages zur Sicherheit des menschlichen Lebens auf See
bedingte deutscherseits Vorarbeiten durch Sonderausschüsse. Dem Präsidenten
der Deutschen Seewarte wurde die Leitung des Ausschusses für nautischen
und meteorologischen Warndienst, der im November 1928 in Hamburg tagte,
übertragen.
Der im Jahre 1927 erstmalig durchgeführte Informationskursus für See
fahrtlehrer wurde im November 1928 wiederum abgehalten. Alle deutschen
Seefahrtschulen bis auf Wesermünde und Hamburg, von denen kein Herr ab
kömmlich war, sandten ihre Direktoren oder Lehrer. Gemäß den Erfahrungen
des Jahres 1927 wurde das Gesamtpensum gekürzt, dafür wurden einzelne
Fächer, besonders die Meteorologie, eingehender vorgenommen.
Der Vorstand der Ozeanographischen Abteilung, Oberregierungsrat Prof.
Dr. Schott, der im Jahre 1929 mit Unterstützung der Notgemeinschaft der