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Jahresbericht der Deutschen Seewarte iür 1919—1920.
Prüfungseinrichtungen, ferner das Ordnen und Inventarisieren der Lagerbestände wurden so
beschleunigt, daß die Versendetätigkeit der Beschaffungszentrale, die seit März 1920 durch den
Umzug beeinträchtigt war, im Oktober wieder in vollem Umfange aufgenommen werden konnte.
Im ganzen wurden im Jahre 1920 134 Postkolli und 80 Frachtsendungen als Sammelsendungen
mit 741 verschiedenen Positionen und einer Qesamtstückzahl von 43 993 zum Versand gebracht.
Die Wiedereinrichtung der Prüfungsvorrichtungen, insbesondere des Windkanals ist noch im
Gange. Geprüft wurden im Jahre 1920 bei der Beschaffungszentrale im ganzen 34 Windmesser
(davon 16 für Drachen-Meteorographen), 52 Bourdon-Thermometer bis — 60°, 8 Hygrometer
und 16 Aneroidbarographen von Drachen-Meteorographen.
Ferner wurden die Vorarbeiten für den Neubau der meteorologischen Versuchsanstalt und
Beschaffungszentrale nach jeder Richtung durch Verhandlungen mit den zuständigen Behörden
gefördert.. Der Bau konnte jedoch in den Berichtsjahren noch nicht begonnen werden, da der
Voranschlag für den Bauplan durch die inzwischen erfolgte Preissteigerung umgestoßen wurde,
und über den endgültigen Plan die Verhandlungen noch schweben. Der Combesche Rundlauf-
Apparat für Anemometerprüfungen, dessen Unterbringung im Neubau vorgesehen ist, wurde
schon jetzt aus dem Lichthof der Seewarte ausgebaut, um dort Platz für die Modellsammlung
der Abteilung II zu schaffen.
Da Drachenaufstiege in Qroßborstel schon seit längerem nicht mehr möglich sind, wurde
der Versuch gemacht, eine aerologische Flugstation am Flugplatz Fuhlsbüttel einzurichten, und
für diese Zwecke zwei ehemalige Heeresflugzeuge beschafft und einstweilen ein Monteur zu ihrer
Wartung angenommen. Indessen stieß die Genehmigung dieser Flugzeuge durch die Interalliierte
Luftfahr-Kontrollkommission auf Schwierigkeiten, da diese eine Bezahlung der Flugzeuge ver
langte, und das Reichsverkehrsministerium die hierzu erforderlichen Mittel nicht zur Verfügung
stellen konnte. Die Verhandlungen hierüber schweben noch; unter diesen Umständen konnte nur
eine beschränkte Zahl aerologischer Aufstiege ausgeführt werden.
Die meteorologische Morgenbeobachtung und die zwei täglichen Pilotballonaufstiege
wurden in der bisherigen Weise weitergeführt und im ganzen in den beiden Berichtsjahren
542 Aufstiege ausgeführt. Seit Ende 1920 werden auch Sichtbeobachtungen mit dem Wigand-
schen Sichtmesser angestellt.
Die an der Groß-Radiostation Eilvese in Betrieb gewesenen Anemographen wurden ein
gezogen, um sie später an einer anderen, besser kontrollierbaren Stelle wieder aufzubauen.
Die wissenschaftlichen Veröffentlichungen der Abteilung finden sich unter den Veröffent
lichungen der Beamten und Angestellten angegeben. Die umfangreiche Auswertung der in
Eilvese gewonnenen Windregistrierungen wurde erheblich gefördert und steht vor dem Abschluß.
Die Abteilung beschäftigte sich ferner mit der Untersuchung des Meteors vom 3. IX. 1919, dessen
Bearbeitung Herrn cand. A. Koppen übertragen wurde und im Archiv der Seewarte erschienen
ist. Weiter befaßte sie sich eingehend mit der Prüfung der neuen Zyklonentheorien von
Bjerknes und Wenger und ihrer Anwendung auf die Wettervorhersage, ohne aber bisher zu
einer endgültigen Stellungnahme zu gelangen.
Die Bearbeitung der Kriegs-Beobachtungen aus Flandern wurde Herrn Dr. W. Peppier in
Gießen übertragen. Diese Arbeiten konnten soweit gefördert werden, daß bereits ein be
deutender Teil des Manuskripts druckfertig vorliegt. In Gemeinschaft mit Abteilung A/B wurde
auch der Druck des ersten Heftes der „Aerologischen und Hydrographischen Beobachtungen der
deutschen Marinestationen während der Kriegszeit 1914—1918“ („Hydrographische Unter
suchungen“ von Dr. B. Schulz) bereits besorgt.
Professor A. W'egener habilitierte sich im Sommer 1919 an der Hamburgischen Universität
und las in den verflossenen drei Semestern über Aerologie, Klimatologie und Synoptische
Meteorologie.
An zwei Studenten der Meteorologie wurden Themata für Doktorarbeiten erteilt. Das
vorhandene Unterrichtsmaterial wurde teils durch Ankauf, teils durch eigene Herstellung
graphischer Darstellungen und Karten sowie von Modellen erheblich vermehrt.
An der Tagung der Deutschen Meteorologischen Gesellschaft im Oktober 1920 nahmen von
der Abteilung außer deren Vorstand auch Dr. Heidke und Dr. Kuhlbrodt teil. Professor Wegener
folgte ferner im August 1920 einer Einladung zu einer Internationalen Meteorologen-Konferenz in
Bergen zur Aussprache über die neue Zyklonentheorie von Bjerknes, über die er nach Rückkehr
im Seewarten-Kolloquium berichtete. Einen weiteren Vortrag über das gleiche Thema hielt im
Oktober Herr Jack Bjerknes gelegentlich einer Durchreise.