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„Für die "Weihe die Ew. Majestät heute der ersten Deutschen Maritimen Ausstellung für alle Zeiten
„geben, erlaube ich mir Ew. Majestät Namens des Comités den ehrerbietigsten, tief und wahr empfundenen
„Dank darzubringen und an denselben die innigsten Wünsche für das Wohl Ew. Majestät zu knüpfen!
„Möge der gütige Gott, der Ew. Majestät bisher so sichtbar beschützt hat, auch ferner Seine segnende
„und behütende Hand über dem geheiligten Haupte Ew. Majestät halten und Ew. Majestät Gesundheit und
„langes Leben schenken zum Heile unseres grossen, geliebten, herrlichen Vaterlandes!“
Se. Majestät der Kaiser, welcher aufrecht stehend diese Ansprachen entgegen genommen hatte, be
antwortete dieselben mit weithin vernehmbarer Stimme, wie folgt:
„Ich hin der Einladung zu der Eröffnungs-Feier der Seewarte mit grosser Freude gefolgt, um diesem
„Tage und dieser Feier heizuwohnen. Es ist dieses Haus ein neuer Beweis, dass die nie ruhende menschliche
„Forschung und das Bingen nach neuen Erfahrungen, das wir hier in einem neuen Gepräge und neuem Lichte
„schauen, und lichtvoll gestaltet sich entwickelt sehen, von Erfolg gekrönt worden. Die Dinge, die Sie, Herr
„Direktor, in Ihrer Ansprache berührt haben, sind so mannigfaltig und vielfältig, dass Laien dem nicht zu
„folgen vermögen. So geht es mir also auch. Es ist mir daher eine grosse Freude gewesen, diese Anstalt
„zu sehen und ihrer Einweihung beiwohnen zu können. Ich wünsche und hoffe, dass die Wünsche und Hoff-
„nungen, die ganz Deutschland auf dieses Institut setzt, auch in vollem Maasse in Erfüllung gehen und die
„Herren, die damit beschäftigt sind, sind mir Bürge dafür, dass dies geschieht, sowie dass die Wissenschaft
„zur Sicherheit der Menschheit sich immer weiter ausbreiten wird, der Menschheit, welche sich auf dem
„Elemente bewegt, dem die Seewarte vor Allem ihre Thätigkeit widmet. Es ist diese Aufgabe eine so
„grossartige, dass ich nur meinen Dank aussprechen kann dafür, dass es mir vergönnt gewesen, dieser Ein
weihung beizuwohnen und möge der Segen des Himmels, auf den ja im menschlichen Leben Alles ankommt,
„auf diesem Hause ruhen fort und fort.“
Allen Jenen, welche das Glück hatten, diesem feierlichen Akte beiwohnen zu können, und es waren
deren über 500 in dem Lichthofe und den Korridoren versammelt, wird der Eindruck, welchen die schlichte
Antwort des greisen Helden-Kaisers machte, unauslöschlich bleiben. Zu der gehobenen Stimmung trug
nicht zum geringsten Theil auch die würdige Ausstattung des inneren Raumes der Seewarte bei. Der An
blick wurde durch die reichen Uniformen und die festlichen Kleider der in grosser Anzahl im oberen
Korridor versammelten Damenwelt besonders gehoben.
Nachdem nochmals einige Vorstellungen stattgefunden, begab sich Se. Majestät, unter Führung Pro
fessor Neumayers, die Frau Kronprinzessin am Arme des Herrn Senator Hertz, Se. kaiserl. Hoheit der
Kronprinz und Se. königl. Hoheit der Grossherzog, geführt von verschiedenen Herren des Comités und der
Seewarte, zur Besichtigung durch die, die sämmtlichen unteren Räume der Seewarte einnehmende Maritime
Ausstellung.
In der Zeit, in welcher die hohen und höchsten Herrschaften die Ausstellung besichtigten, wurde der
Lichthof geräumt und die schönen Modelle sämmtlicher Schiffe der kaiserl. Marine in entsprechender
Ordnung und mit reichem Flaggenschmucke geziert, aufgestellt. Se. Majestät der Kaiser hatte am Schlüsse
der Inaugenscheinnahme der Ausstellung, sichtlich überrascht durch die plötzlich vollzogene Umwandlung,
die Freude, die ganze kaiserl. Flotte im Lichthofe der Seewarte paradiren zu sehen. Kurz vor 12 Uhr
verliess Se. Majestät unter dem Jubel der Festversammlung und der an den Zugängen versammelten Be
völkerung die Seewarte; die kaiserl. Standarte, welche beim Eintritte des Kaisers in die Halle, aufgezogen
worden war, ging nunmehr zum Zeichen des Abschlusses des ewig denkwürdigen Momentes des Besuches
Sr. Majestät langsam und feierlich herunter.
Es mag noch nachträglich Folgendes über den Besuch des Kaisers in der Seewarte hier eine Stelle
finden:
Präzise 11 Uhr fuhr der Kaiser mit seinem Gefolge, von Altona kommend, zur Seewarte. Die unab
sehbare Menschenmenge, die sich auf dem Wege dicht gedrängt aufgestellt hatte, jauchzte dem Kaiser
entgegen. Se. Majestät fuhr in einem von vier Rappen gezogenen Wagen, die aus dem Sattel gelenkt
wurden. Vorauf ein Vorreiter. Zur Linken des Kaisers sass Ihre kaiserl. Hoheit die Frau Kronprinzessin.
Den Jubel des Publikums erwiederte Se. Majestät, welche frisch und wohl aussah, mit freundlichen Gegen-
grüssen. Auch Se. kaiserl. und königl. Hoheit, der Kronprinz, welche in Kürassier-Uniform war, und vom
Publikum mit lebhaften Hurrahs begrüsst wurde, fuhr gleich Sr. königl. Hoheit, dem Grossherzoge von
Mecklenburg, in einem Viergespann.