Das sechzigste Jahr der Deutschen Seewarte, 1934.
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Verarbeitung dieses Beobachtungsstoffes durch den akademischen und nautischen
Beamtenstab der Anstalt für die praktischen Bedürfnisse sowohl wie für die
Erkenntnis-Forschung zwecks späterer praktischer Verwertung ist ausgeschlossen.
Von jeher hat daher die Seewarte ihre Unterstützung durch die Hochschulen
nach Kräften gefördert und beispielsweise einer großen Zahl von Habilitations-
Schriften und Doktor-Dissertationen aus ihrem Wissenschaftsbereich Aufnahme
in ihren Veröffentlichungen gewährt. Die nebenamtliche Betätigung einzelner
ihrer Akademiker, die für das Lehren besondere Neigung haben, an deutschen
Hochschulen begrüßt sie als Erweiterung der Möglichkeit, mit studentischen
Hilfskräften die Ursachen und Zusammenhänge der Naturerscheinungen des See
raumes zu erforschen für die Verkehrs- und Wirtschaftsbelange unseres Volkes
und der Menschheit. Aus gleichem Grunde stellt die Seewarte seit Jahren für
die Geophysikalischen Kolloquien der Hamburgischen Universität ihren
Sitzungssaal zur Verfügung und einen bedeutenden Anteil der Vortragenden und
Hörer aus der Reihe ihrer Beamten und Angestellten: seit Beginn dieser
semesterlich alle 14 Tage stattfindenden Kolloquien [WS 1921/22] sind bis 1934
einschl. insgesamt 165 Vorträge von Angehörigen des Institutes gehalten worden;
von allen 117 Vorträgen seit 1928 entfallen 79 = 68°/o auf Mitglieder der See
warte. Die Anstalt darf mithin für sich in Anspruch nehmen, auch an der wissen
schaftlichen Ausbildung ihres akademischen Nachwuchses nicht unerheblich
beteiligt zu sein. — Der Ordinarius für Meteorologie der Hamburgischen Uni
versität leitet seit SS 1929 als nebenamtlicher Gruppenleiter der Seewarte auch
deren Meteorologische Versuchsanstalt in dem Hamburger Vorort Fuhls
büttel.
Seit 1922 bringen die Jahresberichte der Seewarte Angaben über die gesamten
Vorträge ihrer Beamten und Angestellten. Bis 1934 einschl. beläuft sich deren
Anzahl ohne die bereits berührten Kolloquien und Seefahrtschul-Lehrgänge auf
mehr als 500. Über die Hörerkreise unterrichtet folgende Übersicht: 1 )
Zahl der Vorträge
1. a) Deutsche Meteorologische Gesesellschaft und ihre Zweigvereine, meteorol. j
Fach-Ausschüsse, Vereinigungen und Direktorenkonferenzen 80 |
b) Körperschaften des Luftverkehrs, des Luftschutzes, der Luftaufschließung |
für die unmittelbare Praxis, der Marine und des Heeres 60 I
2. Nautische, Fischerei- u. seewirtschaftliohe Vereine
3. Naturwissenschaftliche, physikalische, geophysikalische, technisch-physikalische, ärztliche, Fein
mechaniker-, Optiker- u. a. Vereine, Tagungen usw
4. Erd- und meereskundliehe Gesellschaften u. ä
5. Landwirtschaftliche, Gartenbau- und dgl. Vereine
6. Rundfunk, Gliederungen und angeschlossene Verbände der NSDAP [Stützpunkte, Deutsche
Arbeitsfront, NS-Volkswohlfahrt] und kommunale Vereinigungen
140
130
60
50
30
80
Diese Vorträge wollen u. a. insbesondere auch den deutschen Volksgenossen
einen Einblick in die Arbeitsweise und -gebiete der Seewarte vermitteln. Sie
dienen also z. T. dem gleichen Zweck, wie die in der Übersicht nicht enthaltenen
Unterrichtungen der zahlreichen Schulen, Fachschulen, Innungen, Vereine, Körper
schaften, Gesellschaften usw., die unsere Anstalt zumal in der Reise-Jahreszeit
zu besuchen pflegen. Obwohl diese „Besichtigungen“ außerordentlich arbeits
störend sind, werden sie doch bewußt zugelassen und sogar in gewissem Grade
gefördert:
Bei Forschungs-Instituten von der Art der Deutschen Seewarte
ist die Aufklärung und Heranziehung der Nicht-Wissenschafter zur
notwendigen Mitarbeit an der wissenschaftlichen Aufschließung der
Welt für die Bedürfnisse des Weltverkehrs und der Weltwirtschaft
eine grundlegende Voraussetzung der Erfüllung ihrer Aufgaben!
Der Rückblick hat auf Grund der bisherigen Jahresberichte der Deutschen
Seewarte deren sechzigjährige Tätigkeit vorzugsweise „zahlen-summarisch“ be-
q Die betreffende überaus rührige Aufklärungsarbeit der Öffentl. Wetterdienststelle Hamburg
während der Jahre ihrer Nicht-Zugehörigkeit zur Seewarte [1930—1933] ist in der Übersicht nicht berück
sichtigt worden; sie dürfte vor allem die Summen bei Ziff. 5 und 6 wesentlich erhöhen.