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Jahresbericht der Deutschen Seewarte für 1932.
XII. Bericht über die Tätigkeit der Wetterflugstelle Hamburg.
Organisatorisch trat im Berichtsjahre durch Erlaß des Herrn Reichsverkehrs
ministers vom 19. 3. 32 eine Änderung insofern ein, als der technische Betrieb
der Flugstelle von der Zentrale für Wetterflug bei der Deutschen Verkehrsflieger
schule auf die Zentralstelle für Flugsicherung überging. Dadurch wurde auch
der Flugzeugführer Neuhaus, der im Laufe des Jahres zum Flugkapitän ernannt
wurde, Angestellter der Zentralstelle für Flugsicherung. Die wissenschaftliche
Leitung der Wetterflugstelle verblieb bei der Deutschen Seewarte.
Der Höhenflugbetrieb konnte ohne flugtechnische Störungen und ohne Unfall
durchgeführt werden. Es war nur eine Notlandung am 5. August in Tangstedt, nord
westlich von Hamburg, notwendig, da in 2000 m eine Störung in der Brennstoff
zufuhr eintrat, so daß mit stillstehendem Propeller auf einem Haferfeld gelandet
werden mußte.
Bis zum 1. April konnte infolge der vom Herrn Reichsverkehrsminister an
geordneten Sparmaßnahmen nur an 15—20 Tagen des Monats geflogen werden.
Von da ab wurde dann der volle Betrieb wieder aufgenommen. Der Start zu
den täglichen Höhenaufstiegen erfolgte wieder regelmäßig in der Zeit zwischen
7.20 und 7.40 Uhr, so daß gegen 8 Uhr die Gipfelhöhe erreicht war. Naturgemäß
erfolgte der Start in den Wintermonaten infolge der noch vorhandenen Dunkelheit
etwas später. Die Regelmäßigkeit in der Aufstiegzeit ermöglichte auch die
pünktliche Weiterleitung der Beobachtungen und gewonnenen Registrierergebnisse
für den Wetter- und Flugberatungsdienst. Die tägliche Veröffentlichung der
Aufstiege erfolgte wie bisher im Wetterbericht der Deutschen Seewarte und in
der Wetterkarte des öffentlichen Wetterdienstes und durch Ausstrahlung auf
dem Funkwege. Eine monatweise Zusammenstellung des Aufstiegmaterials,
ausgearbeitet nach verschiedenen Höhenstufen, erschien in den aerologischen
Berichten.
Infolge der Sparmaßnahmen mußte die Zahl der Sonderflüge im Berichts
jahre stark beschränkt werden. Es wurde nur am 22. August ein Photoflug in
die Gegend von Hittfeld südlich von Harburg unternommen, um die zerstörenden
Wirkungen eines Gewittersturmes zu beobachten und im Lichtbilde festzuhalten.
Die Ergebnisse dieses Fluges werden in den Annalen der Hydrographie und
maritimen Meteorologie veröffentlicht. Im übrigen wurde die Lichtbildsammlung
durch weitere Aufnahmen von interessanten Wolkenbildungen bei den einzelnen
Höhenflügen erweitert. Seit Beginn des internationalen Polarjahres im August
des Berichtsjahres wurde wieder regelmäßig an den internationalen Tagen
1. Ordnung neben dem Morgenaufstieg ein zweiter Höhenflug in den Mittags
stunden ausgeführt. Am 15. Dezember wurde der Höhenaufstieg in Hannover
durchgeführt als Ergänzungsbeobachtung zu Messungen über Schallausbreitung
in der Atmosphäre, welche zur Zeit des Aufstieges in Hannover stattfanden. Die
Sprengung, deren Schallausbreitung gemessen werden sollte, fand in Oldebroek
in Holland statt.
In Verbindung mit dem Institut für Leibesübungen der Hamburgischen Uni
versität wurden bei mehreren Höhenflügen Stoffwechseluntersuchungen in der
Weise vorgenommen, daß der jeweilige Beobachter in den einzelnen Höhen
kilometern in einer bestimmten Zeit Ballone durch eine Gasmaske mit Aus
atmungsluft anfüllte, die dann im Laboratorium analysiert wurde. Gleichzeitig
notierte der Beobachter das Atmungsvolumen, die Temperatur der ausgeatmeten
Luft und die Atemfrequenz. Das Resultat dieser Untersuchungen wird vom
Institut für Leibesübungen veröffentlicht werden.
Anfang Juni erfolgte durch die Besatzung der Wetterflugstelle die Besichti
gung des inzwischen fertiggestellten neuen Wetterflugzeuges, der Focke Wulf A 47
und die Teilnahme an den anschließenden Probe- und Abnahmeflügen. Am
28. Oktober wurde dieses Flugzeug nach Hamburg übergeführt, und am 1. No
vember wurde es in den laufenden Aufstiegsbetrieb eingesetzt. Die A 47 ist mit
einer F-T.-Station ausgerüstet, und es fanden im November noch wiederholt bei
den täglichen Höhenaufstiegen Versuche mit der F-T.-Station statt, indem ein