Jahresbericht der Deutschen Seewarte für 1911.
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b. Die Rat- und Auskunfterteilung
über Witterungsvorgänge auf See, über Distanzen, über beabsichtigte oder ausge
führte Schiffsreisen führte zu mehreren umfangreichen Einzehmtersuchungen,
namentlich der Dampferwege von Südafrika nach den indischen und chinesischen
Gewässern, die in den „Annalen der Hydrographie“ 1911 veröffentlicht wurden.
Nahezu 100 Anfragen von Seeämtern, Rechtsanwälten. Reedereien, Kapitänen usw.
gelangten in der Abteilung zur Bearbeitung.
Das deutsche Beobachtungsmaterial im Indischen Ozean wurde an das Zen
tralobservatorium zu Simla eingeliefert, jedoch seit Anfang 1911 mit der Ein
schränkung, daß nur die in die Monate April bis Oktober fallenden Beobachtungen
abschriftlich gegeben werden.
Das Bureau der internationalen Meeresforschnng erhielt nach wie vor eine
Auswahl guter Beobachtungen der Wassertemperatur in der Nordsee (vergl.
Jahresbericht von 1909, S. 28).
c. Die Ozeanographie
im engeren Sinne, d. h. die meereskundliche Arbeit wissenschaftlicher Art ein
schließlich der Tiefseeforschung erforderte, wie im Vorjahre, so auch 1911 eine
vielseitige Tätigkeit; es kam dabei in erster Linie der Umstand in Betracht, daß
der ständige Mitarbeiter Dr. W. Brennecke höheren Ortes behufs Teilnahme
an der deutschen antarktischen Expedition des Oberleutnant W. Fi lehn er zur
Ausführung der ozeanographischen Untersuchungen schon vom 1. Januar 1911 ab
beurlaubt wurde und seine Ausrüstung naturgemäß unter Mitwirkung der Er
fahrungen der Seewarte zustande kam. Als Vertreter des Dr. Brennecke wurde
Dr. A. C. R e i c h a r d , bisher bei der biologischen Anstalt auf Helgoland, ge
wonnen; zur Unterstützung in der Ausführung der chemischen Untersuchung der
eingehenden Wasserproben konnte Anfang Dezember 1911 Fräulein Oster tun
für einige Monate angenommen werden.
Die Eingänge an wissenschaftlichem Material erfuhren durch die Ausreise
S. M. S. „Moewe“ welche im Frühjahr 1911 angetreten worden ist und auf dem
Wege über Cadiz, Tenerifa, Dakar, Lagos, Kamerun, Kongomündung nach Lüde-
ritzbucht ging, eine besondere Vermehrung; hierzu kamen einmalige Einsendungen
von Wasserproben durch den Dampfer „Ekbatana“ aus dem Persischen Golf und
von den Schulschiffen „Herzogin Sophie Charlotte“ und „Herzogin Cecilie“ aus
dem Stillen Ozean. Daneben gingen die laufenden Tiefseearbeiten S. M. S. „Planet“
im Bismarck-Archipel und des Feuerschiffes „Adlergrund“ von der Ostsee. Außer
den Berichten S. M. S. „Planet“ gelangten die von den Drs. Liepe und Klaehn bei
längerem Aufenthalte in der Abteilung aus den Schiffswetterbüchern angefertigten
Arbeiten
1) über Temperaturschwankungen zwischen Ouessant und dem Äquator,
2) über die Meeresströmungen zwischen Kap Horn und der La Plata-
Mündung
zur Drucklegung.
Im Februar 1911 fand, wie alljährlich, der ozeanographische Lehrkursus für
die hierher kommandierten Offiziere der Vermessungsschiffe der Kaiserlichen
Marine statt; dazu kam im November die Unterweisung je eines Herrn von der
Hamburgischen Fischereidirektion und von der fischereibiologischen Abteilung des
Hamburger Naturhistorischen Museums im Titrieren von Seewasserproben.