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letzten Tiefsec-Expeditionen mit dem Schiffe „Vöringen“ in den arktischen
Meeren zwischen Norwegen und Spitzbergen 1877 und 1878 mit dem für die
Messung der Tiefentemperaturen dieser Meerestheile allein zuverlässigen neuen
Umkehrungs-Tiefsee-Thermometer von Negretti und Zambra genommenen
Temperatur-Reihen. So zeigte z. B. im Juni 1877 .in dem äusseren Theile des
West-Fjord das Negretti-Zambra’sche Tiefsee-Thermometer an der Oberfläche
7,6°, in 110m Tiefe 3,8° und in 256m (3m über dem Boden) wieder 5°, während
das Miller-Casella’sche Thermometer in dieser letzteren Tiefe ebenfalls 3,8°
angab. In dem West-Fiord bei Nordland hatte im Juni 1878 das Wasser an
der Oberfläche eine Temperatur von 10,7°, in 73m Tiefe ein Minimum von 4,4°
und am Boden in 622m Tiefe wieder 6,5°. Ebenso wurde im Altenfjord. an
der Oberfläche eine Temperatur von 7,3°, in 183m Tiefe 2,7° und in 402m am
Boden wieder 3,9° gefunden.‘)
In denjenigen tieferen Binnen-Meeren, welche, wie das Mittelländische
Meer, durch eine unterseeische Wasserscheide von der Verbindung mit dem
offenen Ocean abgeschlossen sind, zeigen sich ganz eigenthümliche Verhältnisse
in Bezug auf die Temperaturvertheilung von der Oberfläche bis zum Meeres-
boden, Zwischen Kap Trafalgar und Kap Spartel bildet eine Bodenerhebung
von 220-—866m Tiefe eine unterseeische Wasserscheide, welche von dieser Tiefe
ab dem Wasser des Atlantischen Oceans den Eintritt in das Mittelmeer nicht
yestattet. Das atlantische Wasser hat in dieser Tiefe eine Temperatur von
12,8° bis 12,2“ C. und folgt unterhalb derselben den eben angeführten Gesetzen
der Temperaturabnahme mit wachsender Tiefe. Das Wasser des Mittelmeeres
dagegen ist von diesen Tiefen ab gleichmässig warm bis zu seiner grössten
Tiefe von 2560m im westlichen Theile und 3110m im östlichen Theile, nämlich
12,8° resp. 13,6°, entsprechend. der mittleren niedrigsten Wintertemperatur des
Oberflächenwassers in beiden Theilen des Mittelmeeres, während die Sommer-
temperatur an der Oberfläche 24° resp. 27° beträgt. Die Dicke .dieser von der
Sommerwärme erhitzten Schicht ist aber sehr gering; sie beträgt nur 91m, denn
in dieser Tiefe ist die Temperatur des Wassers des Mittelmeeres schon bis zu
14,4° resp. 17,8° herabgesunken. Hieraus folgt als Regel für die Temperatur-
vertheilung in solchen Binnen-Meeren, welche, wie das Mittelmeer, durch eine
anterseeische Wasserscheide von der freien Verbindung mit dem offenen Ocean
abgeschnitten sind, dass die Wassertemperaturen in denselben zwar auch von
der Oberfläche bis zu der Tiefe der Wasserscheide abnehmen, dass sie aber
von dieser Tiefe an bis zum Boden hin gleichförmig bleiben, und zwar gleich sind
den durchschnittlichen niedrigsten Wintertemperaturen der betreffenden Meere.
Dieses ist für die Vertheilung des Thierlebens in diesen Meeren von grosser
Bedeutung. Ganz ähnliche Erscheinungen finden Statt in dem heissen Rothen
Meere und in dem kalten Ochotski’schen Meere.
Der westliche Theil des südlichen Stillen Oceans und der Ostindische
Archipel zeigen in den, von gewissen Tiefen ab von der Verbindung mit dem
zie rings umgebenden Ocean abgeschlossenen Meeresbecken eine für die physi-
sche Geographie der Oceane und die Verbreitung des organischen Lebens in
denselben in hohem Grade wichtige Erscheinung, welche zwar einerseits der
eben beschriebenen in den Binnen-Meeren analog ist, aber doch andererseits
von einer anderen Ursache herrührt. Die Sulu- oder Mindoro-See zwischen der
NO-Seite von Borneo, der SW-Spitze von Mindanao und dem Sulu-Archipel
bildet das prägnanteste Beispiel für diese Erscheinung. Sir G, Nares hat hier im
Oktober 1874 und Januar 1875 wiederholt Reihen-Temperaturen genommen und
dabei gefunden, dass die Temperatur von der Oberfläche bis zu 730m von 28°
bis zu 10,3° abnahm und so verblieb bis zu der Bodentiefe von 4663m, so dass
hier eine Wasserschicht von fast 4000m Mächtigkeit mit einer gleichförmigen
Temperatur von 10,3° C, oder 50,5° F. vorhanden ist. Diese kann aber nicht
durch die Einwirkung der Winterkälte auf die Temperatur der tieferen Schichten
erklärt werden, wie es bei dem Mittelmeere der Fall ist, denn die Mindoro-Seo
liegt 10° vom Aequator entfernt und ihre Durchschnitts-Temperatur beträgt für
Januar und Februar 26°, so dass, wenn kein Zutritt von Kälte vom Wasser in
dieser Tiefe stattfände, die ganze Schicht eine Temperatur von 26° besitzen
lt) Vgl. „Nature“; Vol. 16, 1877, pag, 272, und. Vol. 18, 1878,-pag. 368,
Ann. Ad, Hydr., 1979, Heft IL (Februar).