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Von den Grössen D und G ist bei der Vergrösserung ebenfalls schon
die Rede gewesen, und es bleibt hier nur anzuführen, dass die Grösse d oder
die Pupille des menschlichen Auges wändelbar ist, je nach der Stärke des vor-
handenen Lichtes, dass sie z. B. einen anderen Durchmesser hat, wenn man
die Sonne beobachtet, als bei der Betrachtung des Mondes oder eines Sternes
u. s. w. Bei den Berechnungen der Helligkeit von Fernrohren, welche im
Hydrographischen Amt angestellt wurden, ist ein Pupillendurchmesser von
1,6 mm zu Grunde gelegt.
Es ergiebt sich aus dem Vorstehenden, ‚dass es nicht möglich ist, ein
Fernrohr für den Seegebrauch zu konstruiren, welches alle wünschenswerthen
Eigenschaften, nämlich: starke Vergrösserung, grosses Gesichtsfeld und‘ grosse
Helligkeit in gleichem Maasse besitzt, weil durch das Erreichen einer dieser
Eigenschaften das Aufgeben einer anderen bedingt wird. Man muss daher bei
der Konstruktion zunächst den Hauptzweck des Fernrohrs ins Auge fassen und
die am’ meisten gewünschte Eigenschaft besonders bevorzugen. Dies geschieht
bei Fernrohren für den Schiffsgebrauch, indem man für Tagfernrohre eine
andere Konstruktion, als bei Nachtfernrohren anwendet. Bei diesen ist die
Helligkeit ein wesentlicherer Faktor, als die Vergrösserung, letztere tritt deswegen
der erstgenannten Eigenschaft gegenüber zurück; umgekehrt ist es bei den
Tagfernrohren, da man bei ihnen die Vergrösserung mehr bevorzugen muss,
Wollte man ein Fernrohr haben, welches für den Tag- und Nachtgebrauch gleich-
zeitig dienen soll, so würde man sich mit mittelmässigen Eigenschaften be-
gnügen müssen,
Die Fabrik von Voigtländer und Sohn in Braunschweig hat es sich
sehr angelegen sein lassen, alle Forderungen, welche das Hydrographische
Amt an die Leistungen von Fernrohren stellte, zu erfüllen. Es wurden daher
in letzter Zeit die Fernrohre für die Kaiserliche Marine — abgesehen von den
astronomischen, welche mit den Instrumenten von anderen Mechanikern geliefert
werden — von dieser Firma bezogen.) Um den Werth der V oigtländer’schen
Instrumente zu prüfen, wurden sie mit solchen aus der rühmlichst bekannten
Fabrik von Ross in London, sowie auch mit französischen Fernrohren ver-
glichen und dabei die in der nebenstehenden tabellarischen Zusammenstellung
(pag. 614) enthaltenen Resultate erlangt.
Nach den vorangegangenen Auseinandersetzungen sprechen die Resultate
der Tabelle für sich selbst. Um zu charakterisiren, bis zu welchem Grade
unter den verschiedenen. Kigenschaften eines Fernrohrs stets ein Kompromiss
geschlossen werden muss, sind unter No. 3 und 4 der Tagfernrohre zwei Voigt-
1änder’sche Instrumente von gleichen Dimensionen, Gewichten und Preisen, aber
verschiedenen optischen Eigenschaften, nebeneinander gestellt worden.
1) Die älteren von Voigtländer bezogenen Fernrohre genügten noch nicht allen ge-
stellten Ansprüchen, namentlich nicht in Bezug auf die Grösse des Gesichtsfeldes. Obwohl diese
älteren Fernrohre zum "Theil umgearbeitet worden sind, befinden sich doch noch einige derselben auf
den im Auslande befindlichen Schiffen im Gebrauch.
Ann. d. Hydr., 1879, Heft XII (Dezember).