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Full text: Annalen der Hydrographie und maritimen Meteorologie, 7 (1879)

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Das Gesichtsfeld dieser vierfachen terrestrischen Ökulare ist niemals 
vollständig eben, sondern es erscheint vielmehr ein durch ein solches Okular 
gesehenes Bild, je nach der mehr oder weniger gut ausgeführten Anordnung der 
Linsen, an den Rändern etwas gewölbt oder verzogen. Dieser Uebelstand zwingt 
auch, die Grösse des Gesichtsfeldes zu beschränken, welches deshalb — wie 
schon bemerkt — durch die Blende zwischen der dritten und vierten Linse 
begrenzt wird. 
Die Breite des Okulars ist übrigens hier, sowie bei allen anderen Fern- 
rohr-Konstruktionen, etwas grösser, als die zum Durchgang der Strahlen nöthige 
Oeffnung, da die Fassung etwas wegnimmt. Um die ganze Breite oder Oeffnung 
einer Linse von derjenigen zu unterscheiden, welche zum Durchgang der 
Strahlen nothwendig ist, nennt man letztere auch die „nützliche Oeffnung“ der 
Linse. In der Regel soll die Linse nicht grösser sein, als die „nützliche 
Oeffnung“ verlangt, weil die grössere Breite mindestens unnöthig ist. 
Trotz der Mängel, mit welchen das vierfache Fraunhofer’sche Okular be- 
haftet ist, bleibt es seiner anderen grossen Vorzüge wegen das beste für Tag- 
fernrohre. Der sehr verdienstvolle Optiker Kellner in Wetzlar hat zwar ein 
Okular konstruirt, das an Stelle der zweiten und vierten Linse je eine achro- 
matische Doppellinse aus Kron- und Flintglas besitzt. Dieses Okular, das 
orthoskopische genaunt, ist vom rein optischen Standpunkte als.ein Meisterwerk 
zu bezeichnen. Das Gesichtsfeld ist vollkommen eben, aber. sehr klein, die 
Vergrösserung ungewöhnlich stark, aber die Helligkeit gering. Zu kleines 
Gesichtsfeld und ungenügende Helligkeit sind aber Eigenschaften, welche bei 
einem Tagfernrohr für den Schiffegebrauch nicht vorhanden sein dürfen, sie 
lassen die Verwendung‘ des Kellner’schen Okulars für unsere Zwecke nicht zu, 
verhindern überhaupt die allgemeine praktische Einführung desselben. 
Wir haben nunmehr Einiges über die Konstruktion der Nachtfernrohre 
zu sagen. Es sind dies bekanntlich Doppelgläser. Das Princip der Zusammen. 
setzung ist das Galilei'sche und beruht auf Folgendem. Wenn das durch eine 
Objektivlinse‘ dargestellte Bild durch eine Bikonkavlinse betrachtet wird, so 
sieht der Beobachter ein aufrechtes Bild des Gegenstandes. Den Gang der 
Strahlen in dieser Verbindung stellt die Figur VII dar. Von dem beobachteten 
Gegenstande AB entsteht hinter dem Objektiv das verkehrte Bild ab. Die 
Strahlen fallen konvergirend auf die Hohllinse und werden von dieser zum 
Theil von der Achse weg in die parallele Lage £ und 7 gebrochen. Die vom 
Mittelpunkte des Gegenstandes kommenden und in die Mitte der Okularlinse 
fallenden, Strahlen gehen parallel mit der Achse fort. Wenn nun man die 
Oeffnung des Auges oder der Pupille bezeichnet, so werden sowohl die der 
Achse. parallelen, als auch die äusseren mit der Achse divergirenden Strahlen 
in die Pupille treten und durch die weitere Brechung auf dem Grunde des 
Auges’ das Bild so darstellen, dass es aufrecht erscheint, weil die Strahlen, 
welche den unteren Punkt des Bildes auf der Netzhaut darstellen, von dem über 
der Achse liegenden Punkte des Gegenstandes kommen. Das Bild erscheint 
unter dem Winkel 0Qn beziehungsweise 0OQm, da die divergenten Strahlen aus 
dem Punkte Q in das Auge zu gelangen scheinen, während der Gegenstand 
dem ‚ unbewaffneten Auge unter dem Winkel ACL beziehungsweise BCL er- 
scheinen würde. Die „nützliche Oeffnung“ des Okulars ist hior also der Augen- 
öffnung gleich, indem Strahlen, welche ausserhalb mn fallen, nicht mehr iu die 
Oeffnung gelangen können, wenn das Auge unverrückt stehen bleibt. Das Auge 
muss daher dem Okular auch ganz nahe gebracht werden, wenn die äusseren 
Strahlen nicht verloren gehen sollen, wodurch das Gesichtsfeld verringert werden 
würde, Ist das Okular aber grösser, als die Augenöffnung, so wird, indem das 
Auge sich über die Fläche des Okulars hinbewegt, ein grösseres Gesichtsfeld 
übersehen. Dies ist bei den Galilei’schen Fernrohren der Fall, mit denen die 
Sextarnten und Oktanten der Kaiserlichen Marine ausgerüstet sind, Die viel 
verbreitete Ansicht, dass dieselben wegen ihrer grossen Objektivöffnung ein 
grosses Gesichtsfeld haben, ist also unrichtig. Dass sie nur zu terrestrischen 
Winkel-Messungen bestimmt sind, bedarf kaum der Erwähnung. Bei Nacht- 
fernrohren darf die Oeffnung des Okulars nur um ein Weniges grösser sein, als 
theoretisch nothwendig ist. Erhält nämlich, wie es häufig geschieht, das Okular 
einen übertrieben grossen Durchmesser, so entstehen Verzerrungen des Bildes an
	        
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