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die Figur nur die durch den Mittelpunkt des Objektivs gehenden Hauptstrahlen
a und d aufweist, in der Objektivlinse nach einer zur Achse entgegengesetzten
Richtung abgelenkt werden. Das Auge muss sich in dem Punkte I befinden,
wenn seine Pupille alle Strahlen auffangen soll, welche, von den Gläsern durch-
gelassen, sich dort vereinigen. Die Betrachtung der Figur III ergiebt von
selbst, dass, wenn das Auge dem Okular näher liegt, die äusseren Strahlen der
von „den äusseren Punkten des Objekts kommenden Strahleneylinder nicht
mehr in die Pupille eintreten können, und dass dies ebenso der Fall sei, wenn
das Auge weiter von demselben abgerückt wird. Durch den Verlust dieser
Strahlen wird. nicht nur das Gesichtsfeld, sondern auch die Helligkeit des Ge-
genstandes vermindert,
Dieses einfache Okular hat den Fehler der chromatischen, sowie auch
der sphärischen Abweichung. Den ‚letzteren wegen der fehlerhaften, aber
unvermeidlichen Kugelgestalt der Linsen; den ersteren, weil bei der Brechung
durch das einfache Ökularglas eine Farbenzerstreuung stattfindet. Beide Fehler
werden durch eine zweckmässige Zusammenstellung einzelner Linsen, oder durch
zusammengesetzte Okulare aufgehoben — und zwar die sphärische Abweichung
vahezu durch die Anwendung plankonvexer Linsen und dadurch, dass- die’
Brechung, welche bei cinem einfachen Okular stattfindet, auf zwei oder mehrere
Linsen vertheilt wird, die chromatische Abweichung aber durch die Stellung
dieser Linsen in gehöriger Entfernung von einander. Man könnte zwar auch
dieses einfache Okular achromatisch herstellen in derselben Weise wie das
Objektiv, so dass die chromatische und die sphärische Abweichung aufgehoben
wären. In diesem Falle müsste aber die Krümmung der Linsen so stark werden,
dass sie nur eine sehr geringe Oeffnung, folglich auch ein sehr geringes Ge-
sichtsfeld gestatten. Man macht deshalb bei astronomischen und terrestrischen
Fernrohren von dieser Einrichtung keinen Gebrauch. Für die Spiegelinstrumente
zum Schiffsgebrauch wird ein aus zwei plankonvexen Linsen zusammengesetztes
Okular verwendet, welches, wie das einfache Okular, den Gegenstand verkehrt
darstellt. Die Art der Zusammensetzung ist verschieden; man findet entweder
die Huyghens’sche oder die Ramsden’sche angewendet. Jeno ist in Figur IV,
diese in Figur V dargestellt. Aus diesen Figuren ist sofort ersichtlich, dass
beim Huyghens’schen Okular die konvexen Seiten beider Linsen dem Objektiv
zugewendet sind, während bei dem Ramsden’schen die beiden Linsen ihre kon-
vexen Seiten einander zukehren. Beim Huyghens’sche Okular fängt die dem
Objektiv nächstliegende. Linse die Lichtstrahlen, welche aus der Öbjektivlinse
treten, auf, bevor sie im Fokus dieser Linse das Bild des Gegenstandes ent-
worfen haben, und bringt dieses Bild näher zum Objektive hin, während die
andere Linse das in ihrem Fokus befindliche Bild vergrössert. Man nennt
daher auch das dem Objektiv nächstliegende das Kollektivglas und das andere
das eigentliche Okularglas. Das Fadenkreuz muss: bei dieser Konstruktion im
Fokus des eigentlichen Okulars aufgespanut werden, damit das Auge des Be-
obachters os zugleich mit dem Bilde deutlich sehen kann, Dadurch werden
aber beide Aberrationen, sowohl die sphärische als auch die chromatische,
anders auf das Bild, als auf das Fadenkreuz wirken, weil die Lichtstrahlen des
Bildes durch die Kollektivlinse und durch die Okularlinse, die Lichtstrahlen des
Fadenkreuzes aber nur durch die Okularlinse gehen. Die Gläser sind so geschliffen,
dass beide zusammen die Aberrationen möglichst verringern, eines allein aber
nicht; cs wird also das Bild des beobachteten Gegenstandes dem Auge in seiner
richtigen Form, das Bill des Fadenkreuzes aber durch die Aberration um cin
Weniges verzerrt erscheinen und daher zu allen Mikrometermessungen untauglich.
Bei dem Ramsden’schen Okular fällt der gemeinschaftliche Brennpunkt heider
Okularlinsen mit dem Brennpunkt des Objektivs. zusammen. * In diosem Punkte,
der vor dem Kollektivglase, nicht wie beim Huyghens’schen Okular, zwischen
den beiden Okularlinsen liegt, ist auch das Fadenkreuz angebracht. Hierdurch
fällt der Mangel, mit welchem das Huyghens’sche Okular behaftet ist, fort. Es
hat aber im Allgemeinen schlechtere optische Eigenschaften, als dieses, und den
Uebelstand, dass das von dem Objektiv erzeugte Bild sehr dicht vor dem
Kollektivglase liegt, wodurch kleine Staubtheile auf demselben sehr leicht und
unangenehm sichtbar werden. Hierzu kommt noch, dass das Fadenkreuz beim
AHuyghens’schen Okular geschützter liegt. Da nun der Fehler des letzteren bei den