Ueber Fernrohre für den Schiffsgebrauch.
(Mit einer Tafel.)
Joder Secoffizier weiss die grossen Vortheile zu schätzen, welche gute
Fernrohre ihm bei Ausübung seines Dienstes gewähren, und es ist daher seit
längerer Zeit das Bestreben des Hydrographischen Amtes der Kaiserlichen
Admiralität gewesen, solche Fernrohre für den Schiffsgebrauch -— und zwar,
um sich vom Auslande auch hierin unabhängig zu stellen, aus einer einheimischen
Fabrik — zu erlangen. Die an ein gutes Fernrohr zu stellenden Anforderungen
sind leider derartige, dass die grössere Vollkommenheit in ciner Richtung, eine
minder grosse Vollkommenheit in einer anderen unabweislich bedingt, so dass
es sich für jedes Schiffsfernrohr darum handelt, diesen Anforderungen auf
Grundlage eines Kompromisses zwischen den verschiedenen Kigenschaften
desselben gerecht zu werden. Des allgemeinen Interesses wegen, welches diese
Verhältnisse für den Seeoffizier und Seemann besitzen, soll im Folgenden
näher entwickelt und dargelegt werden, welche besonderen .Gesichtspunkte für
die Konstruktion der neuerdings für S. M. Schiffe golieferten Dienstfernrohre
(inkl. derer für Winkel-Messinstrumente) maassgebend gewesen sind, und welche
Eigenschaften sie im Vergleich mit anderen Fernrohren besitzen. Zu diesem
Behufe wird zunächst auf die elementaren Grundsätze eingegangen werden,
nach welchen die Fernrohre allgemein konstruirt werden, und weiterhin auf die
zur Ermittelung der verschiedenen Eigenschaften der Fernrohre vom Hydro-
graphischen Amt angewandten Methoden.
Es würde natürlich zu weit führen, wollten wir in ersterer Beziehung
eine wissenschaftliche Abhandlung über die Theorie der Fernrohre, nebst den
mathematischen Berechnungen eines Fernrohr-Objektivs und Okulars geben; der
ins Auge gefasste Zweck verlangt vielmehr nur, dass wir die Aufgabe vom
praktischen Standpunkte behandeln, was sich um so mehr rechtfertigt, als in
der Fernrohrkonstruktion die Theorie im Allgemeinen hinter der Praxis zurück-
geblieben ist.
Durch folgenden Versuch kann man sich von dem Wesen aller diop-
trischen Fernrohre eine klare Vorstellung machen, Man nehme eine Glaslinse,
befestige sie in einem Gestelle und stelle sie vor eine dem Fenster 6ines
Zimmers gegenüberliegende Wand, während die ausserhalb des Zimmers
liegenden Gegenstände durch die Sonne beleuchtet werden. Durch die Linse
wird von diesen äusseren Gegenständen dann ein kleines Bild auf der Wand
entworfen. Nun nehme man ein gewöhnliches Vergrösserungsglas (eine Lupe)
Ann. d. Hydr., 1879, Heft XI (Dezember).