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an. Aus den von dem Kommandanten S. M. S. „Hansa“, Korv-Kapt. Heusner,
eingesendeten Reiseberichten entnehmen wir nachstehende Berichte über den
Hafen von Bahia, sowie über die Reise von Montevideo durch die Magellan-
Strasse bis Valparaiso.
1. Bemerkungen über den Hafen von Bahia.')
„Bahia, die Hauptstadt der Provinz gleichen Namens, ist nach Rio de
Janeiro die wichtigste Handelsstadt Brasiliens. Die Lage am KEingange der
grossen und tiefen Allerheiligen-Bucht mit bequemer Einfahrt macht auch Segel-
schiffen das Einlaufen und Verlassen des Hafens leicht. Die Stadt selbst zer-
fällt in die Ober- und Unterstadt. Das Laud in der Umgegend ist hoch, und
die Höhen treten beinahe unmittelbar an das Meer, so dass nur ein schmaler
Streifen ebenen niedrigen Landes sich an der Ostseite des Einganges zur Bucht
hinzieht., Auf diesem ist die Unterstadt erbaut, enge Strassen, winkelig und
schmutzig. Sie ist ausschliesslich Geschäftsstadt. Alle Geschäftslokalitäten
der Kaufleute befinden sich hier, und der Handel sowohl im Grossen, wie im
Kleinen wickelt sich hier ab. Auf dem schroff an die Unterstadt herantretenden
hohen Lande ist die Oberstadt erbaut, in ihrem Mittelpunkte theilweise noch
mit engen und winkligen Strassen, aber an ihren Enden mit schönen breiten
Strassen und gut gebauten Häusern, den Wohnorten der besser situirten Klassen.
In der Oberstadt liegt eine ganze Anzahl schöner Kirchen, der Palast des
Provinzial-Gouverneurs, Theater etc.
Für die Stadt wird viel gethan. Fast in allen Strassen ist Pflaster, theil-
weise von sehr guter Beschaffenheit; Gasbeleuchtung und Wasserleitung sind in
der ganzen Stadt durchgeführt. Nach allen Richtungen durchkreuzen Strassen-
eisenbahnen die Strassen, Zum besseren Personenverkehr aus der Unter- nach
der Oberstadt ist ein etwa 60m hoher hydraulischer Elevator erbaut, und gegen-
wärtig ist ein Weg im Bau, der beide Stadttheile durch eine Strassenbahn ver-
binden soll. Der Handel ist hauptsächlich in Händen deutscher Häuser. Der
Import besteht besonders in Manufakturwaaren, Getränken (Wein und Bier),
Mehl, Glas ete., der Export in Tabak, Zucker, Kaffee, Häuten, Kakao, Hölzern
und Piassava (schwarze Binsen).
Der Hafen, oder richtiger die Rhede von Bahia wird durch die Panell-
Bank in zwei Theile geschieden, der nördlich davon gelegene für Kauffahrtei-
schiffe, der südliche für Kriegsschiffe. Während der guten Jahroszeit, von
September bis März, liegen die Schiffe geschützt und in ruhigem Wasser, weil
der Wind meist Ost oder nördlich von Ost und nicht stark ist. Im Winter
jedoch, bei den fast stets herrschenden SE- bis Süd-Winden, die manchmal
sturmartig werden, steht fast immer eine beträchtliche Dünung auf der Rhede,
die sehr oft das Laden und Löschen der Schiffe unmöglich macht,
Ueber das Anlaufen des Hafens bemerke ich Folgendes:
Die einzige Gefahr vor dem Hafen ist die San Antonio-Bank; dieselbe
erstreckt sich etwa in der Länge von 4 Sm südlich des Kap San Antonio, des
südlichsten Punktes des die Bucht hbegrenzenden Landes. Es existiren zwei
Eingänge nach der Rhede, der eine zwischen dem Nordende der San Antonio-
Bank und dem Kap Sun Antonio, der zweite südlich der genannten Bank und
an ihrer Westseite entlang nach der Rhede. Die San Antonio - Bank ist an
ihrem Nord- und Südende durch je eine Tonne gekennzeichnet, dieselben scheinen
aber so wenig ihrem Zweck zu entsprechen, dass ich weder beim Einlaufen
noch beim Auslaufen, wobei beide Male allerdings ziemlich hohe See stand, die
Tonnen sehen konnte. Ich würde Jedem, der mit den örtlichen Verhältnissen
nicht vertrauf ist, abrathen, den nördlichen Eingang zu benutzen. Die Passage
ist nur !/ Sm breit, und der besonders zur Zeit des Voll- und Neumondes
ziemlich starke Strom setzt bei Kap San Antonio quer zur Richtung des Kurses,
Der Eingang westlich der San Antonio-Bank ist breit und ohne alle Gefahren,
doch muss man sich auch hier hüten, die in der britischen Adm.-Karte No. 540
(Tit. VIIM, No. 53) gegebone Richtungslinie für das Passiren des Südendes der
') S. „Hydr. Mitth,“, 1874, pag. 252 und 307; Findlay’s „South Atl, Dir,“ pag. 399 ff. ;
„South America Pilot“, I, pag. 69 ff.