495
aus Westen eine schnelle Ueberfahrt. Nachdem die Azoren passirt waren,
herrschte. dann Südwind mit trübem Wetter, und nach dem Passiren von 21° W-Lg
war keine Beobachtung erlangt worden, doch hatten Lothungen schon den Be-
ginn der Bank (Nymph-Bank im Süden von Irland) angedeutet. Das Wetter
wurde nun stürmischer und sehr trübe, der Wind immer noch südlich. Gegen
Mitternacht den 14. Dezember, etwa 40 Sm nach Fahrtrechnung von Tusker Light
bei Irland angelangt, wurde der Wind Südost und machte die irische Küste
zum Leeufer. Hier wurde das Schiff dicht beim Winde gehalten, und mehrere-
mal gewendet, um den Ort bis Tagesanbruch zu behalten. Als dann noch nichts
in Sicht war, wurde ONO weiter gesteuert, unter kurzen Segeln bei schwerem
Winde. Um 10 Uhr Vormittags gelang endlich die Beobachtung einer Sonnen-
höhe (Unterrand 12° 2‘ bei 17 Fuss Augeshöhe) *) und die Chronometerzeit ward
notirt (10* 47” 13s mittl. Greenw. Zeit); aber nach so langer Fahrt von 600 bis
700 Sm ohne Beobachtung war die Breite (51° 37‘ Nord) sehr unzuverlässig.
Indessen wurde diese Breite gleich angewandt und damit eine Länge (6° 24‘ West)
gefunden, welche sich 15‘ östlicher als die nach Fahrtrechnung geschätzte
(6° 39‘ West) ergab; das waren in 52° Breite nur 9 Sm, also ziemlich überein-
stimmend. Da aber die Breite zweifelhaft war, so wurde die Rechnung mit
einer 10‘ nördlicheren Breite wiederholt, was eine Verschiebung des Schiffs-
ortes um 27 Sın in der Richtung ONO ergab. Jetzt wurde mit einer ferneren
Aenderung dieser Breite um 10’ nördlicher die Rechnung wiederholt, wodurch
der Schiffsort sich abermals ONO 27 Sm weiter verlegte. Also diese drei
Punkte lagen in einer geraden Linie und in der Richtung nach Smalls
Light (an der Küste von Wales), wie Sumner bemerkte. Daraus ergab sich
ihm sogleich, dass die beobachtete Höhe an allen drei Punkten und auch bei
Smalls Light, ebenso wie am Schiffe, dieselbe Höhe in demselben Augen-
blick (wenn auch zu verschiedenen Ortszeiten) gewesen sein müsse, und dass
Smalls Light wirklich sehr nahe ONO liegen werde, wenn das Chronometer
richtig war. „Nachdem ich mich von dieser Wahrheit überzengt hatte“,
schliesst Sumner, „wurde der Kurs des Schiffes ONO beibehalten, und in weniger
als einer Stunde erschien Smalls Light „close aboard“.?)“ — An einer anderen
Stelle (pag. 16) bemerkt Sumner über denselben Fall, dass Zwuskar Light eben-
falls hätte angesegelt werden können, wenn man den Kurs vorher nördlicher
genommen hätte, z. B. NNW 30 Sm, wonach man Tuskar Light wieder ONO
von sich gebracht‘ haben würde. Da aber der Wind SE war, so wurde die
Ansegelung von Smalls Light natürlich vorgezogen (denn das Andere würde
das Schiff zu nahe an die irländische Küste in Lee und damit in Gefahr ge-
bracht haben).
Erste Form. Dies ist also die ursprüngliche Form der Sumner’schen
Methode für die Bestimmung des geometrischen Ortes des Schiffes aus einer
Höhe mit ungenügend bekannter Breite, aber mit der durch das Chronometer
bekannten Zeit des ersten Meridians, und die Berechnung geschieht unter An-
nahme zweier Breiten, verbunden mit der gewöhnlichen Weise der
Zeitbestimmung. Obgleich durch die eine Höhe unter diesen Umständen
weder die Breite noch die Länge gefunden werden kann, so ergiebt sich doch
eine Ortsbestimmung, so wichtig wie jede einzelne dieser Koordinaten, nämlich
eine Linie, in welcher sich das Schiff befinden muss, und darauf konnte
1) pag. 14. Von den übrigen eingeklammerten Zahlen sind mehrere durch Nachrechnung
mit den Sumner’schen Angaben gefunden. >
2) Freilich entschieden früher als erwartet wurde, ‚aber doch sehr nahe auf der Positionslinie
des Schiffes. Es zeigte sich nun, dass der wahre Schiffsort 8‘ nördlicher und 31’ in Länge östlicher
Jag, als der nach Fahrtrechnuug geschätzte Ort, nach Sumner’s Bemerkung, auf dessen Karte (pag. 88)
übrigens Smalls Light 51° 49‘ Nord statt 51° 43,3‘ Nord (Raper und N orie’s Karte. von 1840),
also 5‘ bis 6* zu nördlich angegeben ist. -- Eine Höhenkorrektion von +22’ bis 3‘ und eine ebenso
grosse Stromversetzung nach Süden während einer Stunde würde indessen die Beschreibung des Er-
scheinens von Smalls Light wieder in gute Uebereinstimmung mit den übrigen Zahlen bei Sumner
bringen. Die Annahme einer Verwechselung mit Bishop Light, zu dem die Beschreibung der An-
näherung unmittelbar besser passen würde, ist schon deshalb ausgeschlossen, weil dieser Leuchtthurm
erst 1839 errichtet wurde, Dagegen könnte der Strom wohl etwas stärker angenommen werden (und
damit der Höhenfehler geringer), weil zwei Tage vorher (12. Dezember 1837) Vollmond gewesen war,
and die Hafenzeit nach der Karte etwa 8h 30m (wie bei Tuskar) zu setzen ist. — Eine Untersuchung
über die Sumner’schen Angaben findet sich schon von Preuss im 5. Jahrgang der „Ann, d. Hydr.“,
1877, pag. 89.