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hohem Wasser passiren zu können, und erreichte so erst am 19, März Nach-
mittags die Stadt.
Etwa 1 Sm vor dem Ankerplatz kam ein Hafonmeister an Bord, da die
Lootsen die Schiffe nur bis „Garden reach“ bringen dürfen, und zeigte wir den
Ankerplatz im Fluss, woselbst ich mit je 60m Kette vertäute.“
„Hafeneinrichtung. Was die Hafeneinrichtungen belangt, so werden
die Haudelsschiffe ausschliesslich an das linke Ufer dos Hoogly, wo die Stadt
befindlich ist, an starken Tonnen vorne und hinten festgemacht. Kriegsschiffe,
die überhaupt vor den Handelsschiffen jede beliebigen Vorrechte geniessen,
Vet dagegen im Strom, etwa 800m vom Lande, weil dort bessere Luft
sein soll.
Ebenso, wie in Bombay, befinden sich auch in Calcutta Gouvernements-
Dockyards. Dieselben sind aber noch unbedeutender, wie jene. Dies ist die
natürliche Folge ihres Zwecks; denn man verlangt nur von ihnen, Lothungs-
fahrzeuge, Lootsenbriggs etc. des Gouvernements docken und in Stand halten
zu können. Es sind daher nur zwei ganz kleine Docks, vielleicht von 45m
Länge, vorhanden, die für jene Fahrzeuge vollkommen genügen und in alter
Zeit, im vorigen Jahrhundert, gebaut sind. Hellinge sind mehrere vorhanden,
da die Werft ihre Fahrzeuge selbst baut. Die Schiffs- und Maschinenbauwerk-
stätten sind dem entsprechend. Sie können das für den Schiffs- und Maschinen-
bau Nöthige leisten und sind im Stande, kleinere Reparaturen schnell und gut
auszuführen. Auf der Werft sieht man sehr grosse Vorräthe an Tonnen und
Ketten für diese, und es scheint daher ein Hauptgeschäft der Werft die Material-
besorgung für die Betonnung des Hoogly zu sein. Beodeutend grössere Dock-
anlagen haben die verschiedenen Privatwerften aufzuweisen. Dieselben liegen
allein oberhalb der Stadt an der rechten Seite des Flusses und gehören zum
grössten Theil den grossen Rhedereien, deren Dampfer nach Calcutta fahren,
So besitzt die „P. & O.-Linie“ zwei Docks, in denen sie ihre grössten Dampfer
(bis zu 130m) docken kann. Ferner besitzt die „Cunard-Linie“ zwei, und mehrero
andere Gesellschaften zusammen noch drei Trockendocks. Zu allen diesen Docks
gehören ziemlich bedeutende Maschinen- und Schiffsbauwerkstätten, die jeder
Anforderung gewachsen sind, und würde daher im Nothfalle in Calcutta fast
jede Reparatur an Schiff oder Maschine auszuführen sein. Zur Reinigung des
Schiffsbodens docken die auf Calcutta fahrenden Schiffe, obgleich zum grössten
Theil eiserne, nicht, da der sehr starke Strom und das süsse Wasser die in
See angesetzten Algen‘ und Muscheln von selbst vom Schiffsboden entfernen.
Auch auf den Boden S.M.S, „Lwise“ hatte der Aufenthalt im Hoogly einen
günstigen Einfluss, indem der grösste Theil des bewachsenen Bodens, soweit
später in See bei Bewegungen bemerkt werden konnte, gereinigt ist.
Für Proviant- etc. Beschaffungen ist Calcutta in jeder Beziehung zu
empfehlen.“
„Lootsenwesen. Das Lootsenwesen ist in Calcutta durch die englische
Regierung geregelt. Die Lootsen sind festangestellt. Das Lootsen wird hier
als ein einträgliches Gewerbe betrachtet, welches eine reichliche secmännische
Erfahrung bedingt. Fast alle Segelschiffe nehmen zwar Schleppdampfer in dem
oberen Theile des Flusses, aber ausserdem noch Lootsen; denn auch im Schlepptau
eines solchen Schiffes ist das Fahrwasser bei seinen scharfen Krümmungen ein
äusserst gefährliches. Im Herbst gehört es nicht zu den Seltenheiten, dass
die grössten Schiffe bei sehr starken Strömungen, wenn sie den Grund berühren,
in wenigen Minuten durch den Strom, 8 bis 9 Sm die Stunde, kentern, und
waren von solchen Fällen noch Ueberbleibsel auch vom letzten Jahre mehrfach
zu erkennen. Die Bezahlung des Lootsengeldes erfolgt in der Regel im nächsten
Hafen bei den respektiven Konsulaten. Kauffahrteischiffe deponiren jedoch beim
Abgango von Calcutta bei ihren betreffenden Konsuln einen der Summe des
Lootsengeldes nahe kommenden Betrag und erhalten dann im nächsten Hafen
ihre speciellen Abrechnungen.“