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Stärke 9 erreicht. Seit 7" p. m. tobte der Orkan mit ausserordentlicher Heftig-
keit; der horizontal fortgepeitschte Regen hatte die Kraft grosser Hagelschlossen,
und obwohl ein hoher Seegang wegen der vorliegenden Riffe nicht aufkommen
konnte, so arbeitete das Kanonenboot doch trotz heruntergenommer Rasen und
Stengen beträchtlich und nahm oft über die Back viel Wasser, wie es überhaupt
auch völlig in salzigen Wasserdampf gehüllt war, in welchem das Athmen schwer
wurde und welcher es oft unmöglich machte, die Augen offen zu halten.
Seit 8 fiel das Barometer rapide, innerhalb der nächsten vier Stunden
um 17mm. Um diese Zeit erreichte die Gewalt des Orkanes ihren Höhepunkt.
Seit Mitternacht liess der Sturm ein klein wenig nach, um 1* a.m. (um 1* 20°
war der niedrigste Barometerstand unred. 715,4mm s. Tab.) drehte der Wind
rasch durch Süd auf SWzS, dabei die Stärke 5—7 nicht überschreitend, während
das Barometer langsam zu steigen begann; der Luftdruck betrug 2" a. m. unred.
716,0mm. Auch der Regen liess etwas nach. Seit 3" a, m. entwickelte sich der
Orkan jedoch sehr schnell aus WSW zu früherer Heftigkeit und erreichte
zwischen 6 und 7" a. m. seine grösste Höhe.
Das Barometer stieg bis 9 a. m. auf 748 mm, hatte also in sieben Stunden
um 32mm zugenommen. Um 9 a.m. des 8. März besserte sich das Wetter
erheblich. Das Barometer setzte, zwar in sehr langsamem Tempo, das Steigen
fort und ‚hatte um 12* Abends den Stand von 758,5mm erreicht. Der Wind
blieb den Tag über frisch, Stärke 5—6, und böig aus WzS, und.hatte 12* Abends
noch ‚Stärke 2. eG
Aus den an Bord des „Albatross“ gemachten Beobachtungen (s. unten
Tabelle) ergiebt sich, dass das Orkancentrum in der Richtung ENE—WSW
sehr nahe nördlich von der Insel Tongatabu vorbeigezogen ist. Die Entfernung
von derselben kann nicht mehr als höchstens 15 Sm betragen haben.
Nach der langsamen Veränderung im Barometerstande vor und nach dem
Passiren des Orkancentrums zu schliessen, muss dasselbe eine nur geringe fort-
schreitende Bewegung gehabt haben.
Der Morgen beleuchtete ein trauriges Bild. Die beiden Kauffahrteischiffe
waren gleich „Albatross“ zwar unbeschädigt geblieben, dafür waren am Lande
die Verheerungen um so grösser. Von der auf einem Hügel stehenden Kirche
waren die Thürme, sowie ein Theil des Daches heruntergeweht, und hatten
fast alle europäisch gebauten Häuser mehr oder weniger gelitten.
Die Hütten der Eingeborenen dagegen: waren zum grössten Theil um-
geweht und auch mehrere den Weissen gehörige Schuppen der Gewalt des
Windes unterlegen. Eine grosse Anzahl von Bäumen war, theils nach WSW,
theils nach ONO fallend, entwurzelt, Nach Schätzung von Sachkundigen soll
die Kokosnussernte für die nächsten drei Jahre . vollständig vernichtet sein.
Die sonst so schönen Kronen dieser Bäume glichen alten Reisigbesen, und sahen
alle sonst in der Nähe des Strandes befindlichen Gewächse aus, als seien sie
verdorrt oder verbrannt. - Niemand, selbst nicht einmal der 80jährige König,
entsinnt sich, einen. ähnlichen Orkan erlebt zu haben. ;
Bis zum Abgange S.M.Kbt. „Albatross“ von Tongatabu waren noch
keinerlei Nachrichten von den benachbarten Inseln, oder von den in der Nähe be-
fndlichen Schiffen eingetroffen, welche es ermöglicht hätten, die Bahn des Orkans
festzustellen. Das Kanonenboot selbst erlitt keinen bedeutenden Schaden, Nach
dem Sturm ankerte ich am 9. März nicht wieder auf dem alten Platze vor dem
Königshause, sondern dampfte zwischen den Riffen hindurch und ankerte etwa 2 Sm
davon entfernt bei Pangimodo, dem eigentlichen und besten Ankerplatz Nukua-
lofa’s, welcher jedenfalls in der Orkanjahreszeit von allen Schiffen ausschliesslich
benutzt werden sollte. Das Wasser ist dort weniger tief, der Grund besteht
aus ausgezeichnet zähem Korallenkalk, und gewähren die nach Norden und NW
vorliegenden Riffe demselben besseren Schutz, wie der vor dem Königshause
liegende 15m tiefe Ankerplatz erhält. Ausserdem haben Schiffe, welche im
Orkan ihre Anker verlieren und stranden, dort mehr Gelegenheit, ihre Besatzungen
zu bergen, Die Nukualofa besuchenden französischen Kriegschiffe ankern immer
bei Pangimodo, woselbst auch schon Cook einen Orkan glücklich überstand.“
Nach dem von dem Schiffskommando eingesendeten Auszug aus dem
meteorologischen Journal S.M. Kbt. „Albatross“ für den:.7. und 8, März 1879
sind in nachstehender Tabelle die Wind- und Witterungsverhältnisse zu Nukualofea
vor, während und nach dieser Zeit des Orkans zusammengestellt.