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Von älteren Beobachtungen über das Auftreten kurz dauernder Schwan-
kungen des Barometers bei Böcn kann ich folgende anführen, ohne irgend auf
Vollständigkeit Anspruch machen zu wollen; ich sehe dabei ab von der längst,
namentlich unter den Seeleuten, bekannten Erscheinung des fast plötzlichen
Steigens des Barometers bei raschen Drehungen stürmischer westlicher Winde
aus der äquatorialen nach der polaren Seite der Windrose; derartiges plötzliches
„Ausschiessen“ des Sturms geschieht zwar in der Regel gerade während einer
besonders heftigen Bö, allein das Barometer bleibt darnach gewöhnlich im
Steigen, und somit zeigt sich der Zusammenhang der Luftdruck-Aenderung mit
der Bö nicht in voller Reinheit. Allerdings mag auch die uns beschäftigende
temporäre Erhöhung des Barometers in Gewitterböen bereits von einem oder
dem anderen Seemann richtig bemerkt worden sein, doch ist mir nichts Ver-
öffentlichtes hierüber bekannt.
In den „Results of the Magnetic Survey of the Colony of Vietoria“,
excc. 1858—64 by G. Neumayer, ist auf pag. 56 vom 17. April 1862 die
Beobachtung mitgetheilt, dass während des in äusserst heftigen und rasch auf-
einander folgenden Böen wehenden WSW-Sturms die Instrumente, zwei sehr gute
Quecksilber-Barometer (Röhrenweite 0,4“ engl.), Schwankungen des Luftdrucks
von 0,05 und 0,06 engl. Zoll (1,3—1,5mm) zeigten, in der Weise, dass das
Quecksilber in denselben in beständiger Bewegung auf- und abwärts war; die
Beobachtung wurde in dem aus Stein ausgeführten Telegraphen-Gebäude von
Cape Otway, 308 Fuss über dem Meere, gemacht.
In der Abhandlung: „Ueber die Verwendbarkeit der Aneroide von
Naudet etc.“ in Carl’s Repertorium, Bd, 9, pag. 196, führt Dr. P. Schreiber
Beobachtungen an, welche er an einem Aneroid während Gewitterregen am
31. August 1872 angestellt hat. Von 3" 30" bis 3 54" stieg das Aneroid,
während des ersten Regengusses, um 0,6mm, fiel darauf bis 4" 6" um 0,2mm,
um dann während eines neuen stärkeren Regengusses und mit fortdaucrndem
Gewitter bis 6!" um 1,2mm zu steigen, Ueberhaupt bemerkt Dr. Schreiber:
„bei starkem Winde habe ich das Aneroid über halbe Millimeter hin und her
springen sehen“,
Es ist für die direkte Beobachtung unzweifelhaft sehr schwierig, dort,
wo es sich um Aenderungen mehrerer meteorologischer Elemente innerhalb
kleiner Bruchtheile einer Stunde handelt, die zeitliche Zusammengehörigkeit
derselben genau festzustellen; es können deshalb sehr leicht, so lange nicht iu
kurzen Intervallen selbstregistrirende Instrumente benutzt werden, Missverstäud-
nisse darüber sich einschleichen, ob das Barometer während oder nach der Bö
gestiegen sei; hieraus müssen wir uns manche widersprechende Auffassungen
über das Verhältniss der Bö zur Barometer-Schwankung erklären, unter welchen
die, von Herrn Dr. Schreiber a. a. O. citirte, von Kapt. Henry James die
am bestimmtesten ausgesprochene ist; die mir zur Zeit nicht zugängliche Ab-
handlung des letzteren findet sich in den „Trans. of the R. Soc. of Edinb.“, XX,
1853, und trägt den Titel: „On a necessary corrcetion to the observed height
of barometer depending upon the force of the wind“. Wenigstens vermag ich
mir die angeführten Behauptungen von Kapt. James nicht anders als durch
einen Irrthum zu erklären, da sie mit dem, was uns die in neuerer Zeit so
zahlreich gewonnenen Barographen-Aufzeichnungen zeigen, durchaus nicht überein-
stimmen. Die richtige Beobachtung, dass das Barometer (Aneroid) bei Wind-
stössen oscillirt, glaubt James durch die Saugwirkung erklären zu können,
welche bewegte Luftmassen auf eingeschlossene ruhende Luftmengen in Gebäuden
ausüben müssen, und giebt er als das Ergebniss seiner Versuche nicht nur an
„every gust of wind was indieated by a corresponding depression of the
barometer“, sondern er liefert auch eine Tabelle, in welcher die Erniedrigung
des Barometers für verschiedene Windgeschwindigkeiten aufgeführt ist, und in
welcher die Zahlen von 0,25mm bei 6'%m per Sekunde bis 1,15mm bei 18m
per Sekunde fortschreiten,
Aus den beigegebenen Thermographen-Kurven folgt, dass die Temperatur
durch Gewitterböen sehr verschiedenartig heeinflusst wird. In der Regel finden
wir zwar die Bö von einer starken Erniedrigung der Temperatur begleitet,
wovon die Kurven vom 18. und 26. Mai 1878 und vom 29. Mai 1879, sowie
jene von der Eurydice-Bö bei Cl. Ley und vom 28. Oktober 1878 in der