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Küstenstromes zu erreichen, schoss der Wind aus nach NW und brachte kühles,
heiteres Wetter. Je mehr der Himmel abklarte, desto stärker wurde der Wind,
und schliesslich wehte ein‘ voller Sturm aus NW. Auffallenderweise wehte der-
selbe jedoch nur in ganz kurzen Stössen besonders heftig; diese herankommenden
Stösse konnte man schon in weiter Ferne bemerken, bevor sie das Schiff trafen,
denn das Wasser Schäumte weiss auf dem sehr kleinen Raume, den jeder der
Stösse einnahm, als ob es durch eine Wasserhose in geringe Höhe emporgehoben
wurde. Auf dem Wasser sauseten sie mit grösster Schnelligkeit daher, das
unter Sturmsegeln liegende Schiff mit solcher Kraft treffend, dass es dadurch
bedeutend stärker übergeneigt wurde. Die Luft war dabei wunderbar rein und
durchsichtig, am Himmel kaum ein Wölkchen zu sehen, das Barometer hoch.
Die an der Oberfläche des warmen Golfstromwassers erwärmte Luft flimmerte,
wenn man nach der Kimm sah. Der Wind veränderte seine Richtung in den
Stössen um 2 oder 3 Striche. Der Wind lief später NNE und dann erst gelang
es dem „Neptun“, dem Golfstrom und seiner Gegenströmung zu entkommen.“
„Es war dies oiner der regelmässig verlaufenden Winterstürme der
amerikanischen Küste, welche auch schon Maury erwähnt, die nach sehr warmem
Wetter oft solche Kälte von der Küste bringen, dass die im kalten Küsten-
strome befindlichen Schiffe buchstäblich ganz mit Eis bedeckt werden, so dass
deren einzige Hülfe dann ist, abzuhalten, um im warmen Golfstrome wieder
aufzuthauen. Diese Stürme sind in mancher Beziehung dasselbe, was die
Pampero’s des Südatlantischen Oceans sind. In beiden Fällen warmes, schwüles
Wetter, häufig Gewitter, ein Ausschiessen des Windes, dann Aufklaren der Luft
und längere Zeit nachher stürmische Winde aus nordwestlicher bezw. südwest-
licher Richtung.“
„Nach warmem Weiter und südlichem Winde beobachtete man au Bord
des „Neptun“ vier Wochen später in Baltimore dieselbe Erscheinung, wie die
zuerst erwähnte. Es wüthete ein sehr schwerer Sturm aus NW, auch hier
indessen nur auf sehr kleinen Flächen in seiner ganzen Kraft, dann aber war
das Wasser weiss von Schaum, der weit ans Ufer hinaufgepeitscht wurde.“
Auf- und absteigende Bewegungen werden in der Luft in der Regel, da
jede derselben zu ihrer Kompensation der entgegengesetzten unmittelbar bedarf,
in nächster Nachbarschaft mit einander vorkommen. Die Stärke der Temperatur-
abnahme mit der Höhe, welche zum selbstständigen Hervorbringen von beiderlei
vertikalen Bewegungen erforderlich ist, stellt sich aus mehreren Ursachen für
feuchte, dampfreiche Luft bedeutend geringer, als für trockene Luft, denn die
Aufwärtsbewegung hört auf, sobald die aufsteigende Luft kälter wird, .als ihre
Umgebung, und die Abwärtsbewegung, sobald die Luft sich dabei über die
Temperatur der letzteren erwärmt; gesättigt feuchte Luft erkaltet aber beim
Aufsteigen, wie dieses durch die für alle unsere Vorstellungen auf diesem Gebiet
grundlegenden Arbeiten von W. Thomson, Peslin, Reye und Hann nach-
gewiesen ist, bedeutend (bei Temperaturen zwischen 0° und -}- 20°C um etwa
die Hälfte) langsamer als trockene, und umgekehrt erwärmt sich absteigende
Luft, welche mit flüssigem Wasser in der Form von Nebel oder von Regen-
tropfen gemischt ist, durch die grosse Wärmekapacität und Verdunstung des
letzteren viel langsamer, als trockene, und erhält dieselbe ausserdem, wie oben
betont wurde, auch durch das Gewicht (event. den Stoss) der Flüssigkeit einen
Antrieb zum Niedersinken. Starke Niederschläge, die selbst stets ip einem
Aufsteigen der Luft ihre Ursache haben, begünstigen somit ihrerseits die
Bildung herabsteigen der Luftströme in mehrfacher Weise auf das entschiedenste.
Von solchen Orten abgesehen, die an Gebirgshängen liegen, und wo das
Hinaufschieben der Luft auf schiefer Ebene durch die horizontalen Luftströmungen
die Hauptrolle spielt, sind die Bedingungen für einen starken Luftaustausch
zwischen der Höhe und der Tiefe am günstigsten, wenn in der Höhe eine kalte
Luftströmung eingetreten ist, während in der Tiefe die warme und dampfreiche
Luft des vorhergehenden Zustands noch theilweise zurückgeblieben ist; und das
ist durch die grössere Windgeschwindigkeit in der Höhe auf der Südwestseite
einer Depression (Nordhemisphäre, NW-Seite in der südlichen) nothwendig der
Fall, wenigstens in einiger Entfernung vom Wirbelcentrum.
In genauer Uebereinstimmung hiermit finden wir sowohl das Auftreten
von Böen und Windstössen, als die Entwickelung von sekundären Minima —
Ann. dd. Hydr., 1879, Heft YII (Juli.