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Full text: Annalen der Hydrographie und maritimen Meteorologie, 7 (1879)

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wärtig sowohl von den Ursachen, als von der Morphologie der Böen im 
Allgemeinen schr wenig wissen. Ich spreche von Böen (squalls), indem ich 
dieselben von gewöhnlichen Stürmen (storms) einerseits und von den ganz 
lokalen, in Gewittern häufig auftretenden, Windstössen (gusts) andererseits 
unterscheide. Ich habe beobachtet, dass Böen in diesem beschränkten Sinne in 
unseren Breiten in der Regel ein wenig im Rücken und fast stets auf der 
rechten Seite von cyklonen Luftwirbeln entstehen. In dieser Beziehung gleichen 
sie unseren gewöhnlichen Theilminima (secondary depressions), mit welchen sie 
zuweilen verbunden zu sein scheinen, obwohl die Mehrzahl unserer T’heilminima 
nicht von Böen begleitet wird. Die wenigen Böen, welche ich zu studiren ver- 
sucht habe, hatten ihren weitaus grössten Durchmesser nahezu in der Richtung 
senkrecht zu jener des Windes oder der Isobaren. In diesen Beziehungen mag 
wohl die Bö vom 24. März als typisch angesehen werden können; ich glaube 
indessen, obwohl ich dieses kaum beweisen kann, dass der grössere Durchmesser 
dieser Bö den kleineren in einem ungewöhnlichen Grade übertraf, wenigstens 
im Süden Englands.!) In einer anderen Beziehung zeigte die Bö entschieden 
eine Ausnahmestellung, nämlich in dem Krimpen der Cirrus-Bewegung um etwa 
112° während ihres Vorüberganges; ihr Einfluss auf die obere Luftströmung 
war in der That wesentlich derselbe, wie jener des Vorüberganges einer grossen 
Cyklone, und weit grösser als der gewöhnlich beim Passiren kleiner T’heilminima 
beobachtete; es scheint dies darauf hinzuweisen, dass die Bö von ungewöhnlicher 
Höhe und die vertikale Luftbewegung, welche sie begleitete, ungewöhnlich 
ausgedehnt war. — Es erscheint klar, dass die atmosphärische Störung in 
Zusammenhang und an ihrem östlichen Ende in unmittelbarer Verbindung stand 
mit dem Theilminimum, welches südostwärts längs unserer Ostküste fortschritt; 
und es ist bemerkenswerth, dass die kleineren Böen, welche zu einer späteren 
Tagesstunde im Westen auftraten, nahezu in demselben Verhältniss zu dem 
zweiten geringeren Theilminimum standen, welches um 6" p. m. über dem Norden 
Englands zu konstatiren war, ,.. Ich möchte noch der Aufmerksamkeit Ihrer 
Leser zwei — in Wahrheit vielleicht nur eine einzige — von den vielen 
theoretischen Fragen empfehlen, welche sich mir aufdrängen. Woher kommt 
es, dass in einer Bö, wie diese, die Geschwindigkeit des Windes bei Weitem 
diejonige übertrifft, welche dem gleichzeitigen barometrischen Gradienten zu- 
kommt, während vor und nach der Bö die Geschwindigkeit gering ist im Ver- 
gleich zum Gradienten? Und warum sind die Windbahnen in der Umgebung 
und in der Bö so, wie wir sie erwarten müssten, wenn der Barometerstand 
innerhalb der Böenwolken niedriger wäre, als ausserhalb derselben, während 
er in Wirklichkeit höher ist?“ 
Die erste dieser Fragen des Herrn C1, Ley bezeichnet denjenigen Punkt, 
welcher für die Auffassung der Natur und Entstehung der Böen der wesent- 
lichste ist. Wegen der geringen Ausdehnung der Böen sind die bestehenden 
meteorologischen Beobachtungsnetze in der Regel nicht dicht genug und die 
Barometer-Aufzeichnungen nicht genau genug, um die Frage entscheiden zu 
lasson, ob in der Bö lokale barometrische Gradienten von einer entsprechenden 
Grösse vorhanden sind und ob die Verstärkung des Windes sich nach den 
gewöhnlichen, für grössere Luftströmungen geltenden Gesichtspunkten erklären 
lässt. Bei dieser Sachlage besitzen Böen von so grosser Ausdehnung, wie die 
Eurydice-Bö, und das oben angeführte Urtheil eines Kenners, wie Cl Ley, ein 
besonderes Interesse. 
In der horizontalen Luftdruck-Vertheilung können wir nach Allem, was 
wir zur Zeit davon wissen, die Ursache dieser Verstärkung des Windes nicht 
finden, vielmehr handelt es sich dabei um eine zeitweise Veränderung des Ver- 
hältnisses zwischen Gradient und Windstärke, 
In einer der letzten Nummern der „Nature“ (vom 15. Mai 1879, pag. 56) 
macht Herr Mallock in einer „Showers of Rain and Gusts of Wind“ über- 
schriebenen Notiz darauf aufmerksam, dass die in einem Regenschauer nothwendig 
mitgerissene Luft die horizontale Geschwindigkeit jener oberen Schichten mit 
sich bringen müsse, welche in der Regel diejenige an der Erdoberfläche bedeutend 
1) Die Ausdehnung der Bö senkrecht zur Windrichtung betrug hier mindestens das 7fache 
yon jener in der Richtung derselben.
	        
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