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Full text: Annalen der Hydrographie und maritimen Meteorologie, 7 (1879)

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erfolgt, gänzlich verwirft und annimmt, dass die Wassertheile, welche mit 
Boden und Wänden direkt in. Berührung kommen, transversal abgelenkt, sich 
nach der Oberfläche bewegen und, sich dort ausbreitend, diese zu einem lang- 
sameren Fliessen veranlassen. 
Es ist bei dieser Theorie zweierlei nicht recht klar; einmal, warum 
Thomson die Uebertragung der Verlangsamung durch Kohäsion der Schichten 
des Wassers unter sich nicht gelten lassen will, während er sie für eine zähere 
Flüssigkeit, z. B. Theer, als zulässig erklärt, da doch die Kohäsion des Wassers 
von derjenigen des Theers nur dem Grade, aber nicht der Qualität nach ver- 
schieden ist; sodann, warum die transversalen Ströme gerade an der Oberfläche 
mehr verlangsamend wirken sollen, als in einiger Tiefe unter ihr, da sie — 
namentlich in sehr. breiten Strömen, wo man.von dem Einflusse der Seitenwände 
absehen kann — doch die Schichten unter der Oberfläche passiren müssen, bevor 
sie an diese gelangen. 
Wenn daher auch diese Erklärung schwerlich befriedigt, so mag die 
Schwierigkeit einer Erklärung überhaupt doch vielleicht in der von Thomson 
ganz verworfenen Theorie der Verlangsamung der Bewegung durch Reibung 
und Kohäsion gefunden werden können. Man muss sich fragen: ist denn die 
Voraussetzung der Theorie, dass allen Wassertheilchen durch die Schwerkraft 
der Impuls zu ganz gleicher Bewegung ertheilt wird, richtig, oder sollte nicht 
vielmehr der auf die unteren Wasserschichten durch die darüber gelagerten 
ausgeübte Druck bewirken, dass diese unteren Schichten rascher fliessen müssten, 
als die oberen, wenn nicht eben die Verlangsamung durch Reibung unten am 
grössten wäre? BRichtet sich doch die Geschwindigkeit einer aus einer unteren 
Deffnung eines Gefässes ausströmenden Flüssigkeit nach dem Drucke, d.h. nach 
der Höhe der über der Ausflussöffnung ruhenden Flüssigkeitssäule. Wäre die 
Frage bejahend zu beantworten, so könnte die grösste Geschwindigkeit gar nicht 
an der Oberfläche gesucht werden, sondern nur irgendwo zwischen Boden und 
Oberfläche; ob höher oder tiefer, richtet sich dann nach dem gegenseitigen 
Verhältniss beider Wirkungen, d. h. der von oben nach unten zunehmenden 
beschleunigenden Wirkung und der — sicher weit grösseren — verlangsamenden 
Wirkung, die unten am grössten ist; das Maass der von sehr verschiedenen 
variablen Ursachen — namentlich auch vom Winde — abhängigen transversalen 
Ströme wird aber geeignet sein, den Ort der grössten Bewegung einmal mehr 
nach unten, einmal mehr nach oben zu verrücken, 
Wenn die ferner noch anzustellenden Beobachtungen daher derartig ein- 
gerichtet werden, um mit möglichster Schärfe den Ort der grössten Wasser- 
bewegung in der Lothlinie eines Stromes zu ermitteln, werden sie der Lösung 
dieser noch unklaren Frage und damit der wissenschaftlichen Theorie der 
Wasserbewegung einen grossen Dienst erweisen. Am geeignetsten würden dafür 
Beobachtungen bei Windstille in offener See — auf nicht allzu grosser Wasser- 
tiefe — sein, einmal, weil man hier von dem Einfluss der Seitenwände frei ist, 
sodann weil das Wasser hier eine ziemlich homogene Natur besitzt und die 
kleinen durch Bodenformation, Krümmungen des Flussbeties u. s. w. erzeugten 
Unregelmässigkeiten fortfallen. Für die Feststellung der möglicher Weise durch 
Wasser verschiedener Dichte erzeugten Einflüsse wären aber Beobachtungen in 
Flussmündungen mit Ebbe und Fluth, welchen eine erheblichere Quantität 
süssen Wassers zugeführt wird, als dies in der Jade der Fall ist, am geeignotsten.
	        
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