Erläuterungen zu der Stromkarte der Macassar-Strasse, nach
Beobachtungen vom 28. Oktober bis 9. December 1877.
Von Albrecht Franzius, Seeoffizier a, D.
(Mittheilung von der Deutschen Seewarte,)
Die ausserordentlich lange Zeit, welche die deutsche eiserne Bark
„Adolph“, Kapt. Hupfer, gebrauchte, um auf einer Reise von Hamburg nach
Shanghai durch die östlichen Durchfahrten die chinesischen Gewässer zu erreichen,
veranlasst mich, einige Beobachtungen, namentlich über die Strömungen in der
Macassar-Strasse, die ich in meiner Stellung als Obersteuermann gemacht habe,
in grösseren Kreisen bekannt zu machen.
Am 13. Oktober 1877, nach: einer Reisedauer von 120 Tagen, liefen wir
die Sumba- oder Sandelholz-Insel in Sicht, um von hier aus durch die Ombay-
Durchfahrt, die chinesischen Gewässer zu erreichen. Schon am Mittag desselben
Tages fanden wir, dass wir im Besteck N 58° W 31 Sm in 24* versetzt waren.
Während des folgenden Etmals verloren wir bei fast gänzlicher Windstille das
Land aus Sicht, und ergab sich aus unseren Berechnungen, dass eine ungewöhn-
liche Strömung uns S78°W 44 Sm versetzt hatte, so dass wir gezwungen
waren, eine westlicher gelegene Durchfahrt aufzusuchen. Wir entschieden uns
für die uns am nächsten liegende, für die Allas-Strasse, und erreichten dieselbe
am 17. Oktober Mittags, nachdem wir eine starke westliche Strömung während
der letzten Tage bemerkt hatten, ;
Auch hier, in dem Eingange der Allas-Strasse, fanden wir eine so be-
deutende Gegenströmung, dass wir, trotz eines lebhaften SE-Windes, kaum merk-
lich vorwärts kamen, und auch während der Nacht, bei einem mässigen östlichen
Winde, uns kaum im Eingange der Strasse behaupten konnten. Am 18, Mittags
umsegelten wir die Ringiet-Spitze (Insel Lombok) und ankerten in der Nähe des
Städichens Pidioe, um unsern Wasservorrath zu ergänzen und Erfrischungen
einzunehmen,
Land- und Seewinde habe ich während dieser Zeit in der Allas-Strasse
nicht bemerkt; die Winde waren sehr veränderlich, während die Strömung stets
südlich war, ‚jedoch nicht zu allen Tageszeiten mit gleicher Geschwindigkeit.
(Aeltere Prauenführer, welche diese Strasse stets befahren, versicherten mir,
dass im Allgemeinen der Strom ebenso häufig nördlich, als südlich sei, und dass
er nicht immer eine so bedeutende Geschwindigkeit hätte.) ;
Am 22. Oktober setzten wir unsere Reise fort. und beabsichtigten, zu-
nächst die Macassar-Strasse zu erreichen, um durch dieselbe in die Celebes-See
zu gelangen.
Obgleich über die Macassar-Strasse und deren Stromverhältnisse sehr
wenig bekannt ist, die Karten selbst sehr ungenau und unvollständig, und daher
deren Angaben mit Vorsicht zu benutzen sind, so wird diese Strasse doch von
allen Segelanweisungen übereinstimmend - denjenigen Schiffen als die günstigste
empfohlen, welche im Oktober und November die östlichen Durchfahrten nehmen,
Da wir nun vor der Ombay-Durchfahrt sowohl als auch in der Allas-Strasse eine
so bedeutende südliche und westliche Strömung vorgefunden hatten, so waren wir
zu der Annahme berechtigt, dass auch in der Java- und Flores-See, sowie in
der Pitfs - Durchfahrt und deren Fortsetzungen eine ganz bedeutende westliche
und südwestliche Strömung vorhanden sein würde, während wir in der Macassar-
Strasse nach Angaben von Findlay und Imray noch keine so bedeutende süd-
liche Strömung erwarten konnten, denn Alles, was bis jetzt über die Strömungen
in dieser Strasse bekannt geworden, ist in folgenden Worten in Imray’s
„Indian Directory“, London, 1874, Seite 231, gesagt:
„In der Macassar-Strasse ist die Strömung häufiger südlich, als nördlich,
das ganze Jahr hindurch; dieselbe ist stets stark während des NE-Monsuns,
Ann. d. Hydr., 1879. Heft I (Januar).