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7. Reise der Bremer Bark „Henry“, Kapt. L. Haesloop.
Der „Henry“, von Rotterdam nach New- York bestimmt, passirte, von ganz
leichtem östlichem Winde begünstigt, am 21, Juli 1878 den Meridian von Lizard.
Kurze Zeit, nachdem dieses geschehen war, erhielt man westlichen Wind, der
für längere Zeit wehte und erst am 29. Juli durch Wind aus östlicher Richtung
wieder verdrängt wurde. Das Schiff, welches die direkte Route zum Bestim-
mungshafen verfolgte, machte von letzterem Zeitpunkte ab ziemlich guten Fort-
gang nach Westen. Es .überschritt 30° W-Lg in 45,8° N-Br am 2. August und
50° W-Lg in 45° N-Br am 11. August. Im Gebiete der kalten Küstenströmung
wurde der letzte Theil der Reise zurückgelegt, und nachdem 60° W-Lg in
13,5° N-Br am 21. August und 70° W-Lg in 40,4 N-Br am 24. August gekreuzt
worden war, erreichte der „Henry“ am 26. August die Bucht von New- York
nach einer Reise, die vom Kanale ab 36 Tage gedauert hatte.
Am 2. Oktober trat der mit Petroleum beladene „Henry“ wieder die Reise
nach dem Heimathshafen an. Der Verlauf derselben war ein sehr stürmischer;
das Schiff wurde von mehreren der orkanartigen Stürme betroffen, welche im
Monat Oktober dieses Jahres im nördlichen Atlantischen Ocean wütheten und
unter den dort befindlichen Schiffen so ganz ausserordentlich viel Unglück
anrichteten. Schon am 5. Oktober litt die Bark unter einem heftigen NE-Sturm,
und am 15. Oktober, als sie sich in 43,5° N-Br und 41° W-Lg befand, gerieth sie
selbst in das Centrum eines Orkanes, Derselbe begann aus SSW, nahm aus dieser
Richtung bis zur Stärke 10 zu, worauf es um 11%2 Uhr Nachts ganz plötzlich
windstille wurde. Als dieser Zustand eine Stunde angehalten hatte, brach ebenso
plötzlich der Sturm in Stärke 11 aus nordnordwestlicher Richtung wieder ein.
Das Schiff legte sich vor der Gewalt des Windes platt auf die Seite und entkam
nur unter dem Aufgebot aller Kräfte der Gefahr. Von der Zeit des Umsprin-
yens des Windes nahm der Luftdruck von seinem niedrigsten Stande, welcher
733,2 mm betrug, wieder zu, und bald mässigte sich auch die Gewalt des Sturmes,
Hiernach traf man Winde von mässiger Stärke, doch blieb die Richtung günstig,
und am 27. Oktober erreichte der „Henry“ nach 26täger Reise den Kanal.
3. Reise der Bremer Bark „Melusine“, Kapt, Th. Pflieger.
Kapt. Pflieger trat mit dem unter seiner Führung stehenden Schiffe im
Mai 1877 eine Reise von Cardiff nach Hongkong an. Am 21. Mai, als man sich
in 50,5° N-Br und 7,3° W-Lg befand, wurde mit der Führung des meteoro-
logischen Journals begonnen. Es wehte an diesem Tage ein östlicher Wind, der
anhielt, bis man südlich von 44° N-Br gelangte. Dann setzten südwestliche
Winde ein, die längere Zeit anhielten und das Schiff unerwünscht weit nach
Osten hin drängten. In Folge davon stand die „Melusine“, als am 4. Juni
30° N-Br erreicht wurde, in 16,5° W-Lg. In dieser Breite lag zur Zeit auch
die polare Grenze des NE-Passats; Kapt. Pflieger liess nach Ueberschreitung
derselben westlich steuern, bis die Gruppe der Canarischen Inseln passırt war,
and schlug dann einen rechtweisenden Südkurs ein, der ihn östlich von den
Kap Verde’schen Inseln entlang führte. Es wurde 20° N-Br in 20,7° W-Lg am
8. Juni und 10° N-Br in 21,5° W-Lg am 13. Juni geschnitten. In 6,7° N-Br
und 21,8° W-Lg verlor man am 15. Juni den NE-Passat; 3 Tage hindurch
wurde hier das Schiff durch Windstille aufgehalten, che leichter südwestlicher
Monsun durchkam, der bis zum 20. Juni die „Melusine“ in 5,1° N-Br und
19° W-Lg zur äquatorialen Grenze des SE-Passates führte. Hier wurde
gewendet, der Wind lief darauf allmählich östlicher, und am 23, Juni konnte in
23,3° W-Lg der Aequator überschritten werden. Die Reise von 30° N-Br bis
zur Linie hatte 19 Tage gedauert. Eine gleichzeitig von der Bremer Bark
„Anna“ westlich von den Kap Verde’schen Inseln ausgeführte Reise hatte von
30° N-Br bis zum Aequator eine Dauer von 16,8 Tagen. Die Strecke war also
auf der westlichen Route in 2,2 Tag kürzerer Zeit zurückgelegt, als auf der
östlichen. Die „Anna“ kreuzte die Linie am 24, Juni in 25,2° W-Lg.