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fläche nach unten hin. Auch ist die Verschiedenheit der Jahreszeit, zu welcher
die Messungen des specifischen Gewichtes in den gleichen Gegenden der Oceane
an der Oberfläche und ‚in geringen Tiefen unterhalb derselben vorgenommen
sind, wohl zu berücksichtigen, ebenso wie bei der Betrachtung der Temperatur-
vertheilung innerhalb der von der Sonnenwärme und dem Klima an der Öber-
fläche abhängigen Wasserschichten (vgl. „Ann. d. Hydr. ete.“, 1877, pag. 190
und Tabelle).
Die Schlussfolgerungen, welche Kapt. z. See Freiherr von Schleinitz
aus seinen von Oktober 1874 bis Mai 1875 im Indischen Ocean mit grosser
Sorgfalt ausgeführten Messungen des specifischen Gewichtes des Meerwassers
gezogen hat, mögen hier nach den „Ann. d. Hydr. etc.“, 1875, pag. 418, wieder-
gegeben werden.
„1. Die Meeresströmungen finden — abgesehen von den durch regel-
mässige Winde veranlassten Triftströmungen — ihre Veranlassung und Erklärung
in der Differenz der absoluten, d.h. für Temperatur nicht korrigirten, specifischen
Gewichte verschiedener Theile der Oceane, und schon eine ganz geringe Differenz
hierin erzeugt eine starke Strömung.
2. Dadurch, dass die Differenz im Salzgehalte tropischer und kalter Meere
in Bezug auf das absolute specifische Gewicht den Temperatur-Differenzen ent-
gegenwirkt, werden die Meeresströmungen gemässigt, die andernfalls wahr-
scheinlich so heftig in nahezu meridionaler Richtung sich bewegen würden,
dass die Schifffahrt unmöglich würde.
3. Es ist nach physikalischen Gesetzen eine Zone zulässig und wahr-
scheinlich, wo die Differenzen im Salzgehalte die Differenzen in der Temperatur
aufwiegen in der Weise, dass Wasser verschiedener Temperaturen und ver-
schiedenen Salzgehaltes neben einander im Gleichgewicht sein können, d. h.
ohne merkbare Strömung.
Diese Zone liegt im westlichen Theile des Indischen (ceans zwischen
40° und 45° S-Br. Sie mag an mehreren Stellen verschoben und durchbrochen
sein, wird sich aber vermuthlich in allen Oceanen finden und feststellen lassen.“
In neuerer Zeit hat der Chemiker der Challenger-Expedition, J. Buchanan,
das Verhalten des specifischen Gewichtes in den grossen Ocean-Becken der
Erde und in verschiedenen Tiefen zum Gegenstande einer eingehenden Unter-
suchung gemacht (J. Buchanan:: „On the distribution of salt in the Ocean as
indicated by the specific gravity of its waters“. Journ. of the R. Geogr. Soc.
1877, Vol. XLVII, London 1878, pag. 72—86, mit 3 Karten). Die Ursachen,
welche die Aenderungen des Salzgehaltes und des von diesem und der Temperatur
abhängigen specifischen Gewichtes an der Oberfläche in verschiedenen Theilen
der Oceane hervorbringen, sind nach Buchanan meteorologischer Art und die-
selben, welche die Bildung des luftförmigen und festen Zustandes des Wassers
bedingen. In den Passat-Zonen wird der Salzgehalt des Meerwassers durch
die starke Verdunstung vermehrt, und in beiden Polar-Zonen wirkt das Eis für
das Meerwasser als Koncentrationsmittel, indem sich das salzarme Eis aus dem
salzreicheren, in die Tiefe sinkenden Wasser ausscheidet.
Zwischen den beiden Polar-Zonen, in welchen das Meerwasser gefroren
ist, kann man fünf Zonen für das Verhalten des speceifischen Gewichtes unter-
scheiden, von denen zwei (auf jeder Halbkugel eine), dem in ihnen vorherrschenden
NE- oder SE-Passat entsprechend, eine starke Verdunstung an der Oberfläche,
also eine starke Zunahme des specifischen Gewichtes und Salzgehaltes erfahren.
Die zwischen diesen beiden Passat-Zonen liegende Kalmen-Zone hat eine sehr
grosse Niederschlagsmenge aufzuweisen, durch welche das specifische Gewicht
verringert wird, In den beiden anderen Zonen, nördlich und südlich von
den Passat - Zonen, halten sich Niederschlag und Verdunstung das Gileich-
gewicht, und in Folge dessen findet hier eine mittlere Höhe des specifischen
(jewichtes statt.
Für die Aenderungen des specifischen Gewichtes von der Oberfläche bis
zu den Tiefen der Oceane und am Meeresgrunde hat Buchanan die Regel
nachgewiesen, dass im Allgemeinen das specifische Gewicht von der Oberfläche,
oder von einer geringen Tiefe unterhalb derselben, bis zu einer Tiefe von 1460
bis 1830m (800 bis 1000 Faden) abnimmt und von da bis zum Meeresboden
wieder zunimmt.