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Full text: Annalen der Hydrographie und maritimen Meteorologie, 8 (1880)

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aur die östlich davon gelegenen Signalstellen erhielten das Sturmwarnungs- 
Telegramm noch rechtzeitig. 
Das Regengebiet breitete sich (um 8 Uhr Morgens) über die ganze süd- 
liche Ostsee aus, während an der Strafse von Dover und Umgebung die Nieder- 
schläge abgenommen hatten und Aufklaren eingetreten war. In Westfrankreich 
ınd am Kanal war unter Einfluß einer neuen Depression, die im Biscayschen 
Busen lag, neuerdings wieder Regenwetter eingetreten, 
Bei weiterem Fortschreiten des Minimums nach Osten hin nahm seine 
Intensität immer mehr zu, und die Winde an der östlichen Ostsee frischten 
ınter Rechtdrehen sehr rasch zum vollen Sturm auf, während über den dänischen 
Inseln, im Rücken des Minimums, in weiterer Entfernung die Winde rasch 
schwächer wurden. In Swinemünde ließ der SW-Sturm nach 8 Uhr Morgens 
nach, und nachdem der Wind bis gegen 10 Uhr fast beständig an Stärke ab- 
genommen. hatte, sprang er plötzlich aus WSW nach NW und wehte bis Mittag 
in äufßerst heftigen Stöfsen aufserordentlich schwer, wobei er bis N und selbst 
NNE umging, so dafs die Gefahr des Hochwassers eine eminente wurde, und 
in ‚der That standen schon die niedriger gelegenen Strafsen unter Wasser. 
Glücklicherweise wurde die Gefahr durch Zurückdrehen des Windes nach NW 
und Nachlassen des Sturmes nach Mittag beseitigt. — In Kolbergermünde, wo 
in der vorhergehenden Nacht bis 7 Uhr Morgens SW-Sturm geherrscht hatte, 
üaute der Wind ab bis gegen 10 Uhr, wo er noch stark aus WSW wehte, um 
{1 Uhr drehte derselbe nach WNW und sprang um 11% Uhr plötzlich in einer 
Regenbö nach NNW: und wehte so furchtbar, dals Bäume entwurzelt und ab- 
gebrochen, Dächer abgehoben und Schornsteine umgeworfen wurden. Dabei 
erreichte das Wasser eine gefahrdrohende Höhe (1,4m über dem mittleren Stand). 
Die See ging furchtbar hoch und hat an den Molenwerken bedeutenden Schaden 
angerichtet. — In Rügenwaldermünde drehte der Wind um 11 Uhr nach W, 
die Stärke 8 der Beauf. Skala erreichend; am Mittag herrschte daselbst schwerer 
Sturm aus NNW. Zu dieser Zeit wehte in Stolpmünde noch starker WNW, 
der bis Z Uhr Nachmittags zum heftigen NNW-Sturm sich entwickelte. 
Um Mittag schritt das Minimum nördlich von Neufahrwasser vorüber, 
worauf daselbst die Winde aus WSW rasch nach NW drehten und die gröfste 
Intensität erreichten (18,2m p. S.). Das Barometer war in den letzten 12 Stun- 
den von 750,3 auf 731,7 mm, also um 19,2mm gefallen. 
Gegen 2 Uhr Nachmittags herrschte schwerer Sturm mit heftigen Nieder- 
schlägen von der Insel Rügen bis zur Danziger Bucht, während in der west- 
lichen Ostsee meist nur starke bis steife nördliche und nordwestliche, in der 
Nordsee meist nur schwache Winde aus nördlicher bis östlicher Richtung wehten 
und das Aufklaren sich bis Swinemünde fortgepflanzt hatte. Etwa nach 4 Uhr 
Nachmittags ging das Minimum nördlich von Memel vorüber, zuerst mit ab- 
nehmenden, dann mit rasch auffrischenden, von SW nach NW umspringenden 
Winden. Das Barometer fiel auf 728,3mm; vor 12 Stunden hatte es um 19,5mm 
höher gestanden. 
Bis 8 Uhr Abends war das Minimum auf nordöstlicher Bahn bis über 
den Rigaischen Meerbusen hinaus fortgeschritten. Zwar hatte dasselbe beim 
Betreten des Festlandes an Tiefe etwas abgenommen, aber in Memel war in 
den letzten 6 Stunden das Barometer von 729,1 auf 736,9mm gestiegen, in 
Swinemünde von 747,9 auf 755,1mm, wodurch zwischen den beiden Orten eine 
Luftdruckdifferenz von 18,2 mm bedingt wurde. Daher dauerten an der östlichen 
Ostsee die schweren Stürme noch fort, und erst am 22., als das Minimum sich 
nach dem Weißen Meere hin entfernte, wurden -die ungewöhnlichen Luftdruck- 
differenzen nach und nach aufgehoben, und die aufgeregte Atmosphäre kam 
allmählich wieder zur Ruhe. 
Bei weiterem Fortschreiten des Minimums über das nordwestliche Russ- 
land wiederholten sich die schweren Stürme, die Tags zuvor über der südlichen 
Ostsee gewüthet hatten. Dal diese daselbst nicht minder heftig auftraten, 
dafür spricht folgende Zeitungskorrespondenz aus Petersburg vom 23. Oktober, 
„Der mit plötzlicher Kälte auftretende Sturm, der von Holland bis Russland 
die ganze mitteleuropäische Ebene heimgesucht hat, hat auch hier böse gehaust. 
Der Sturm, dessen Stärke heute Morgen, nachdem die fleifsigen Hände der 
Tausende von Hausknechten die Trottoirs und Strafsen einigermafsen gesäubert
	        
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