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Full text: Annalen der Hydrographie und maritimen Meteorologie, 8 (1880)

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meiner Ansicht ein doppelter Fehlgriff, der weder zum vorgesteckten praktischen 
Ziele führen, noch zum Vortheil der Wissenschaft gereichen kann.“ 
Auf SS. 26—31 seiner Schrift spricht zun Herr Hoffmeyer sein Urtheil 
über die seit einiger Zeit aus Amerika nach Europa gelangenden Sturmwarnungen 
aus und begründet dasselbe aus dem Vorhergehenden. 
„So lange die Wissenschaft nicht im Stande ist, uns eine vollständige 
und genügende Erklärung der Natur der atmosphärischen Störungen und der 
Ursachen zu geben, welchen die verschiedenen Arten ihrer Entwickelung zuzu- 
schreiben sind, haben wir, - Einwohner Europa’s, kein anderes Mittel, um uns 
gegen die Gefahren zu schützen, mit welchen uns der Atlantische Ocean bedroht, 
als die passende Einrichtung eines Systems telegraphischer Mittheilungen. 
Aus mehrfachen Ursachen hätte man vielleicht erwartet, auf dem Ocean 
einfachere und weniger veränderliche atmosphärische Zustände zu finden und 
mehr Regelmäfsigkeit und Einförmigkeit in den Wegen, welche die Störungen 
der Atmosphäre einschlagen, als auf den Kontinenten; unsere Untersuchung hat 
indessen diese Erwartung durchaus nicht bestätigt, so dafs wir nunmehr mit 
voller Bestimmtheit den folgenden. Satz aussprechen können: es wird ganz 
ebenso unmöglich sein für eine meteorologische Institution in Nordamerika, die 
Bahn einer atmosphärischen Störung voraus zu bestimmen, ohne die Witterungs- 
verhältnisse zu kennen, welche sie auf ihrem Wege antreffen wird, als es für 
ein ebensolches Institut im Westen Europa’s unmöglich ist, Osteuropa zu warnen, 
ohne zu wissen, wie in den Gegenden, die es von letzterem trennen, die Ver- 
theilung des Luftdrucks und die übrigen Verhältnisse der Atmosphäre be- 
schaffen sind. 
Ich wäge anzunehmen, dafs diese Thesen bei keinem Meteorologen dies- 
seits oder jenseits des Oceans, welcher Gelegenheit gehabt hat, sich durch den 
Witterungsdienst gründlich mit den erwähnten Verhältnissen vertraut zu machen, 
auf Widerspruch stofsen werden. Angesichts jedoch des von den Amerikanern 
gemachten Versuchs, diese Schwierigkeiten zu überwinden, und bevor ich mein 
eigenes Projekt zur Lösung der Frage vorlege, erscheint es nothwendig, näher 
zu prüfen, ob die erwähnten Bemühungen von Erfolg gekrönt waren oder viel- 
mehr ob, im Ganzen genommen, triftige Aussicht für einen Erfolg vorhanden ist, 
denn Versehen, die man im ersten Anfange begangen hätte, würden nichts 
beweisen, wenn nur die Methode den Keim einer weiteren Entwickelung in 
sich trüge, welche zum Erfolge führen könnte. 
Der Versuch geht von einem, Privatmann, Mr. Bennett, aus, dem Be- 
sitzer der Zeitung „New-York Herald“, und besteht darin, die Küstenbewohner 
Westeuropas mehrere Tage im Voraus von der Annäherung atmosphärischer 
Störungen, die den Ocean überschreiten, zu benachrichtigen und gleicherweise 
die von Europa ausgehenden Schiffe in Kenntnifs zu setzen von schlechtem 
Weiter, das sie auf dem Atlantischen Ocean auf der Reise nach Westen erwarten 
önnen. 
Zunächst glaube ich als Ausgangspunkt annehmen zu dürfen, dafs diese 
„Voraussagen auf lange Zeit“ nicht auf irgend welcher tieferen Erkenntnifs der 
meteorologischen Erscheinungen, als der das öffentliche Besitzthum der Meteoro- 
logie bildenden, beruhen, denn, so viel mir bekannt, giebt es weder von Mr. 
Bennett noch von Mr. Collins, dem Leiter der meteorologischen Abtheilung 
des „Herald“, irgend eine Veröffentlichung, welche ernstlich zu einer solchen 
Annahme veranlassen könnte. Im Gegentheil scheint Mr. Collins den Haupt- 
werth auf die ausgiebige Verwendung des Telegraphen und auf die Einsammlung 
von Nachrichten bei den nach Amerika ankommenden Schiffen zu legen, sowie 
auf gewisse Regeln, welche von ihm aus der Erfahrung entnommen sind und 
auf die Art der Fortpflanzung der atmosphärischen Störungen auf der Xrd- 
oberfläche Bezug haben. So weit ist also kein wesentlicher Unterschied zwischen 
der Grundlage der Prognosen des „Herald“ und derjenigen aller anderen 
Systeme, wenngleich zugegeben werden mufs, dafs die Organisation dieses 
Dienstes eine Energie und eine Geschicklichkeit in der Anwendung aller 
praktischen Hülfsmittel bekundet, welche geeignet sind, die Bewunderung der 
europäischen Meteorologen hervorzurufen, besonders wenn man bedenkt, dafs 
alle Kosten von einem Privatmanne getragen werden. In dieser Beziehung kann 
man, glaube ich, keinerlei Einwand gegen die Thätigkeit des „Herald“ äußern,
	        
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