301
meiner Ansicht ein doppelter Fehlgriff, der weder zum vorgesteckten praktischen
Ziele führen, noch zum Vortheil der Wissenschaft gereichen kann.“
Auf SS. 26—31 seiner Schrift spricht zun Herr Hoffmeyer sein Urtheil
über die seit einiger Zeit aus Amerika nach Europa gelangenden Sturmwarnungen
aus und begründet dasselbe aus dem Vorhergehenden.
„So lange die Wissenschaft nicht im Stande ist, uns eine vollständige
und genügende Erklärung der Natur der atmosphärischen Störungen und der
Ursachen zu geben, welchen die verschiedenen Arten ihrer Entwickelung zuzu-
schreiben sind, haben wir, - Einwohner Europa’s, kein anderes Mittel, um uns
gegen die Gefahren zu schützen, mit welchen uns der Atlantische Ocean bedroht,
als die passende Einrichtung eines Systems telegraphischer Mittheilungen.
Aus mehrfachen Ursachen hätte man vielleicht erwartet, auf dem Ocean
einfachere und weniger veränderliche atmosphärische Zustände zu finden und
mehr Regelmäfsigkeit und Einförmigkeit in den Wegen, welche die Störungen
der Atmosphäre einschlagen, als auf den Kontinenten; unsere Untersuchung hat
indessen diese Erwartung durchaus nicht bestätigt, so dafs wir nunmehr mit
voller Bestimmtheit den folgenden. Satz aussprechen können: es wird ganz
ebenso unmöglich sein für eine meteorologische Institution in Nordamerika, die
Bahn einer atmosphärischen Störung voraus zu bestimmen, ohne die Witterungs-
verhältnisse zu kennen, welche sie auf ihrem Wege antreffen wird, als es für
ein ebensolches Institut im Westen Europa’s unmöglich ist, Osteuropa zu warnen,
ohne zu wissen, wie in den Gegenden, die es von letzterem trennen, die Ver-
theilung des Luftdrucks und die übrigen Verhältnisse der Atmosphäre be-
schaffen sind.
Ich wäge anzunehmen, dafs diese Thesen bei keinem Meteorologen dies-
seits oder jenseits des Oceans, welcher Gelegenheit gehabt hat, sich durch den
Witterungsdienst gründlich mit den erwähnten Verhältnissen vertraut zu machen,
auf Widerspruch stofsen werden. Angesichts jedoch des von den Amerikanern
gemachten Versuchs, diese Schwierigkeiten zu überwinden, und bevor ich mein
eigenes Projekt zur Lösung der Frage vorlege, erscheint es nothwendig, näher
zu prüfen, ob die erwähnten Bemühungen von Erfolg gekrönt waren oder viel-
mehr ob, im Ganzen genommen, triftige Aussicht für einen Erfolg vorhanden ist,
denn Versehen, die man im ersten Anfange begangen hätte, würden nichts
beweisen, wenn nur die Methode den Keim einer weiteren Entwickelung in
sich trüge, welche zum Erfolge führen könnte.
Der Versuch geht von einem, Privatmann, Mr. Bennett, aus, dem Be-
sitzer der Zeitung „New-York Herald“, und besteht darin, die Küstenbewohner
Westeuropas mehrere Tage im Voraus von der Annäherung atmosphärischer
Störungen, die den Ocean überschreiten, zu benachrichtigen und gleicherweise
die von Europa ausgehenden Schiffe in Kenntnifs zu setzen von schlechtem
Weiter, das sie auf dem Atlantischen Ocean auf der Reise nach Westen erwarten
önnen.
Zunächst glaube ich als Ausgangspunkt annehmen zu dürfen, dafs diese
„Voraussagen auf lange Zeit“ nicht auf irgend welcher tieferen Erkenntnifs der
meteorologischen Erscheinungen, als der das öffentliche Besitzthum der Meteoro-
logie bildenden, beruhen, denn, so viel mir bekannt, giebt es weder von Mr.
Bennett noch von Mr. Collins, dem Leiter der meteorologischen Abtheilung
des „Herald“, irgend eine Veröffentlichung, welche ernstlich zu einer solchen
Annahme veranlassen könnte. Im Gegentheil scheint Mr. Collins den Haupt-
werth auf die ausgiebige Verwendung des Telegraphen und auf die Einsammlung
von Nachrichten bei den nach Amerika ankommenden Schiffen zu legen, sowie
auf gewisse Regeln, welche von ihm aus der Erfahrung entnommen sind und
auf die Art der Fortpflanzung der atmosphärischen Störungen auf der Xrd-
oberfläche Bezug haben. So weit ist also kein wesentlicher Unterschied zwischen
der Grundlage der Prognosen des „Herald“ und derjenigen aller anderen
Systeme, wenngleich zugegeben werden mufs, dafs die Organisation dieses
Dienstes eine Energie und eine Geschicklichkeit in der Anwendung aller
praktischen Hülfsmittel bekundet, welche geeignet sind, die Bewunderung der
europäischen Meteorologen hervorzurufen, besonders wenn man bedenkt, dafs
alle Kosten von einem Privatmanne getragen werden. In dieser Beziehung kann
man, glaube ich, keinerlei Einwand gegen die Thätigkeit des „Herald“ äußern,