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Die vierte wichtige Klasse (D), die der Theilminima, umfafst Bildungen,
welche auf dem Ocean selbst, und zwar im Zusammenhang mit gleichzeitigen
stärkeren Depressionen, zu entstehen scheinen. Ihre Entwickelung auf dem
Nordatlantischen Ocean ist aufserordentlich häufig, da sie, wie schon gesagt,
37 % oder 5/s aller Minima bilden, welche auf dem Ocean verfolgt werden
konnten, obwohl hier nur die allerausgesprochensten Bildungen dieser Art
berücksichtigt sind, diejenigen, welche eine einigermalsen selbstständige Ent-
wickelung zeigten und durch mehrere Tage erkennbar waren; ohne diese Be-
schränkung könnte man sie gar nicht zählen, Auch in Bezug auf ihren Einflufs
auf Europa haben die Theilminima vom Atlantischen Ocean eine grofse Wichtig-
keit, da 33% oder !/s aller Störungen, welche der Ocean nach unserem Erd-
iheil sendet, diesen Ursprung haben.
Da diese Minima, wenigstens anscheinend, auf allen Punkten des Oceans
entstehen können, so ist eine solche statistische und graphische Behandlung
der Bahnen, wie sie für die von Westen kommenden Minima angewandt wurde,
hier kaum durchführbar. Immerhin lassen sich gewisse allgemeine Züge im
Auftreten der Theilminima verfolgen.
Durch eingehendes Studium der Entstehungsverhältnisse der Theilminima
sowohl auf dem Atlantischen Ocean als über Europa ist der Verfasser zur
Zurückführung derselben auf drei Haupttypen gelangt: Ausbildungen auf der
Vorderseite, Ausbildungen auf der Rückseite und seitliche Ausbildungen — ein
Resultat, welches im Wesentlichen mit demjenigen übereinstimmt, welches
Seitens der Seewarte in den „Wissenschaftlichen Ergebnissen aus den Monat-
lichen Uebersichten der Witterung“, S. 17 und 18, niedergelegt ist.
Wenn ein stark entwickeltes Minimum von Canada oder Labrador dem
Atlantischen Ocean sich nähert und eine nördliche Route nach Europa ein-
zuschlagen scheint, so sehen wir auf den synoptischen Karten sehr häufig, dafs
sich vor demselben ein Theilminimum ausbildet, sei es auf der Davis-Strafße
dder auf dem Meere, welches Süd-Grönland von Island trennt, zuweilen sogar
gleichzeitig in beiden Gegenden. Wenn nun das Hauptminimum sich rasch vor-
wärts bewegt, so erreicht es gewöhnlich am folgenden Tage den Ort, wo das
Theilminimum entstanden war, und vereinigt sich mit diesem; während, wenn
durch irgend welche Ursache das Hauptminimum einen Aufenthalt in seinem
Fortschreiten erfährt, unter günstigen Umständen die als Vorläufer auftretenden
Theilminima sich zu selbstständigen Minima entwickelu, die sich ostwärts, nach
Europa hin, bewegen. Dieselben Verhältnisse wiederholen sich, wenn das
Hauptminimum die Davis-Strafse oder Baffins-Bai erreicht hat, da sich dann
in Theilminimum als Vorläufer im W und SW von Island bilden kann; sie
wiederholen sich nochmals, wenn dieser Punkt erreicht ist, durch Bildungen
auf der Vorderseite zwischen Island, Norwegen und Schottland. Auf der grofsen
nördlichen Strafßse der Depressionen ist die Ausbildung der Theilminima auf
der Vorderseite so häufig und erreichen die letzteren einen solchen Entwickelungs-
grad, dafs es schwierig wird zu sagen, wo das eigentliche Hauptminimum liegt;
and diese Schwierigkeit steigert sich noch, wenn gleichzeitig dieselben Gegenden
die gröfßste Neigung zur Bildung von Theilminima auf der Rückseite zeigen. So
zeigt sich häufig, wenn ein starkes Depressionscentrum die Davis-Strafse erreicht
hat, ein Theilminimum über Labrador oder dem St. Lorenz-Golf, ferner wenn
das Hauptminimum an der Westküste Islands liegt, ein Theilminimum auf der
Davis-Strafse, und endlich, wenn das Hauptminimum sich jenseits Islands Europa
nähert, ein sekundäres Minimum im SW oder S von Island, welches jenem folgt.
Erlangen diese Theilminima Selbstständigkeit, so geben sie ihrerseits neuen
sekundären Bildungen Ursprung, und dieses ist die Ursache dafür, dafs gewisse
von Amerika nach Grönland und Island gehende Depressionen eine ganze Reihe
von Minima veranlassen, welche Nordeuropa heimsuchen, wie dieses beispiels-
weise die synoptischen Karten vom 14.—26. Januar 1875 zeigen.
Die außerordentlich rege Thätigkeit, welche in der Atmosphäre der
arktischen Gegenden besonders im Winter herrscht, hält Herr Hoffmeyer mit
Recht für eingehenden Studiums werth und für geeignet, Licht zu werfen auf
die Natur der barometrischen Minima und ihrer Fortpflanzung. Indessen zeigen
auch die südlicheren Routen häufig ähnliche Ausbildungen, obwohl letztere selten
30 viel Selbstständigkeit gewinnen, wie weiter im Norden. So findet man z,. B.