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Full text: Annalen der Hydrographie und maritimen Meteorologie, 8 (1880)

Die Patent-Lothmaschine von Sir William Thomson. 
Es ist eine bekannte Thatsache, dafs sich mittelst des Handlothes nur 
sehr geringe Tiefen während der Fahrt des Schiffes messen lassen, und zwar 
um so geringere, je gröfser die Geschwindigkeit desselben ist. Um aber Tiefen 
zu ermitteln, welche die Anwendung des Tieflotkes erfordern, ist man genöthigt 
beizudrehen, ein Manöver, welches namentlich bei schwerem Wetter umständlich 
ist und viele Kräfte -beansprucht. Wie viele Schiffsführer lassen aus diesen 
Gründen Stunden vergehen, ohne Lothungen vorzunehmen, in Verhältnissen, wo 
ihnen nur diese Aufschlufs über ihre Position gewähren und sie vor Gefahr 
rechtzeitig warnen können. Dafs hierdurch manches Schiff, zumal in Gewässern, 
in welchen starke Gezeitenströmungen stattfinden, verloren ging, ist leider eine 
Thatsache. Es mufs daher ein Lothapparat, welcher es ermöglicht, bei jeder 
Fahrt des Schiffes gröfsere Tiefen ohne viel Zeitverlust zu messen, der Navigirung 
mehr Sicherheit verleihen und von grofsem Werthe für Konservirung von Gut 
und Menschenleben sein. Ein solcher Apparat hätte den Bedingungen Genüge 
zu leisten, daß sein Loth selbst während der schnellsten Fahrt des Schiffes 
den Grund in denjenigen Meerestheilen zu erreichen vermag, in welchen die 
Tiefe und Bodenbeschaffenheit überhaupt noch als Orientirungsmittel dienen, 
und dafs er die Tiefe unabhängig von der Länge der abgelaufenen Lothleine 
angiebt. Die erste Bedingung kann selbst durch die beste Lothleine nicht 
erfüllt werden, weil jede Lothleine im Wasser einen nicht unbedeutenden 
Reibungswiderstand erfährt, welcher das Fallen des Lothes beträchtlich ver- 
zögert. Die zweite ist zwar durch Anwendung von Manometern erfüllt worden, 
aber alle derartigen Instrumente erfahren mit der Zeit eine Veränderung der 
Elasticität ihrer Theile und sind dann nicht mehr verläflslich. Nur in der von 
Sir William Thomson erfundenen Lothmaschine wird beiden Forderungen 
in genügender Weise entsprochen. An Stelle der Leine hat dieselbe Klavier- 
draht, welcher seines geringen Umfanges und der glatten Oberfläche wegen nur 
einen äufserst geringen Reibungswiderstand dem Fallen des Lothes entgegen- 
setzt, aber wegen seiner Festigkeit ein verhältnifsmäfsig schweres Loth zu 
tragen vermag. Die Registrirung der Tiefe wird auf eine einfache, aber sehr 
sinnreiche Weise bewirkt. Statt eines Manometers komplicirter Konstruktion 
dient eine oben hermetisch verschlossene Glasröhre, welche innen mit einem 
Belag von chromsaurem Silber versehen ist. Durch den Druck des Wassers, 
welcher bekanntlich nach bestimmten Gesetzen mit der Tiefe wächst, wird 
Wasser in die Röhre geprefst und die in derselben befindliche Luft komprimirt, 
Bis zu der Höhe aber, bis zu welcher das Seewasser in der Röhre steigt, ver- 
wandelt sich die rothe Farbe des Belags in eine gelblich-weilse, und diese 
Farbenänderung gestattet, den Grad der Kompression der Luft und mithin die 
erreichte Tiefe genau zu messen.‘ Hierzu dient ein Mafsstab, welcher die von 
dem Loth erreichte Tiefe direkt in Faden resp. Metern giebt. | 
Die Versuche, welche bisher mit dieser Lothmaschine gemacht wurden, 
sind fast ausnahmslos von sehr gutem Erfolge gewesen. So hat z.B. S.M.S. 
„Bismarck“ Tiefen bis zu 204m bei 9 bis 10 Knoten Fahrt vor dem englischen 
Kanal und anderwärts gemessen, welche genau mit den auf der Karte an- 
gegebenen übereinstimmten, bis auf einzelne Fälle, worauf wir im Weiteren 
zurückkommen, 
Auch die von S. M. Schiffen „König Wilhelm“, „Friedrich Carl“, „Luise“, 
„Grille“ und „Falke“ angestellten eingehenden Versuche sind, wenn sie nicht 
während zu langsamer Fahrt und in sehr geringen Tiefen gemacht wurden, 
günstig ausgefallen. Das Kommando des ersteren Schiffes berichtet über die 
im Sommer 1878 angestellten Versuche Folgendes: 
„Die Maschine wurde bei der Hin- und Rückreise in der Nordsee und 
den Hoofden benutzt und damit während zwei Tagen selbstständig gelothet, 
Die erzielten. Resultate waren durchaus günstige, und hat das Kommando da- 
durch die Ueberzeugung gewonnen, dafs wir in der Thomson’schen Loth- 
maschine ein Instrument bekommen haben, das von so ungemeinem Nutzen für 
Ann. d. Hydr., 1880, Heft YI (Juni).
	        
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