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„Nach wiederholten Landpeilungen und Winkelmessungen wurde bis zu
den First Narrows ein Strom von 2,5 Sm die Stunde konstatirt. Der Wind
wehte aus WSW, Stärke 5. Das Wetter war schön und sichtig, so dals für
die Navigirung nicht die geringsten Schwierigkeiten vorhanden waren. Die
Baken auf Dungeness, Kap Possession und Direction Hill waren weithin sichtbar,
weniger gut die Tonnen bei der Orange-Bank und der. Narrow-Bank. Es sind
aber in diesem Theil der Strafse so vorzügliche Landmarken, wie Mount Dinero,
Mount Aymond und Kap Orange, so wie‘ die Gregory Shoulders und Gregory
Range, dafs die Führung eines Schiffes unter Witterungsverhältnissen, wie
S.M.S. „Vineta“ dieselbe antraf, sehr einfach ist. Um 1" p.m. wurden bei
Stillwasser die First Narrows und um 5’/2* p.m. mit der Fluth die Second
Narrows passirt, dann durch das Queens-Fahrwasser gesteuert, um 9!/e* p.m.
Kap Negro erreicht und gegen 12" p. m. vor Punta Arenas geankert. Das
Wetter war mit Ausnahme einiger Regenböen sehr günstig gewesen; der Wind
hatte gegen Abend fast gänzlich abgeflaut. Die Fluth setzte in Stärke von 1!
bis 2 Sm mit, in den Second Narrows in einer Stärke von 2'% bis 3 Sm.
Sämmtliche Tonnen und Baken, welche nach. den Segelanweisungen vorhanden
sein sollen, bekam das Schiff in Sicht. Neue waren nicht hinzugekommen.“
„Vineta“ blieb in Punta Arenas bis zum 27. Januar und passirte mit
westlichem Winde, Stärke 3—4, am 28. Januar gegen 3" a. m. Kap Froward.
Hier sollte die Wetterscheide sein; der Wind wurde südwestlich, nie stärker
als 5. Bis Kap Froward wurde kein Strom und von dort bis Crooked reach
nur ein sehr unbedeutender beobachtet. Um 6* a. m. wurde Port Gallant passirt;
von hier ab setzten zeitweise Regenböen ein, welche bis weithin das Land
gänzlich unsichtbar machten, sie waren. jedoch . nur von kurzer Dauer und
hinderten nicht das Navigiren. Um 9* a. m. passirte „Vineta“ das Kap Borja,
am Nachmittage Port Angosto und Tamar und erreichte an demselben Tage
10* p.m. Kap Pillar. ‚Die Strecke von Punta Arenas bis Kap Pillar wurde
somit in 27 Stunden zurückgelegt.
Veber die Ebbe- und Fluth-Verhältnisse der Strafse giebt Kapt. z. See
Zirzow nachstehende Notizen, welche theils auf eigenen Erfahrungen be-
ruhen, theils von dem chilenischen Hafenkapitän in Punta Arenas, Herrn Jür-
gensen, einem früheren deutschen Seemanne, welcher die Strafse sehr oft
als Lotse passirt hat, herstammen.
. „Während von der Ost-Einfahrt bis Punta Arenas der Stromwechsel 3 Stunden
nach Hochwasser eintritt, läuft die Fluth von diesem Ort bis Kap Froward nur
1’'/2 Stunden und von diesem Punkt bis Crooked reach nur 1 Stunde nach Hoch-
wasser, Die Stromgeschwindigkeit beträgt von Punta Arenas bis Kap Froward
2 Sm, (bei Voll- und Neumond), von hier bis Crooked reach 3 Sm. Westlich von
letzterem Orte läuft fast beständig Fluth; die Ebbe setzt nur 1 bis 1% Stunde,
und findet der Stromwechsel bis Hochwasser statt. Die Stromgeschwindigkeit
beträgt 1 bis 2 Sm die Stunde. Im Smyth Channel setzt die Fluth im inneren
Ende nördlich 1 bis 2 Sm die Stunde. Der Stromwechsel ist regelmäfsig. Im
Mayne Channel ist die Strömung im Allgemeinen südlich, ändert sich aber, je
nach dem Winde, nach West oder Ost. Die Stromgeschwindigkeit ist 1 bis 2 Sm
bis zum Znnocent Channel, In der Höhe der Insel Trinidad bis zur Insel
Saumarez setzt die Fluth in geringer Stärke nach Norden, von dort aber nach
Süd. Bei Middle Island ist stets. die westliche Passage vorzuziehen, weil
die Strömung das Eindrehen in das östliche Fahrwasser erschwert. Wählt man
letztere Passage, so hat man sich ganz dicht an der Insel zu halten, weil die
Sandbank, welche dort vom Festlande ausgeht, gröfser ist, als sie auf der Karte
erscheint. Die in den „Sailing Directions“ an der Ostküste des Mayne Channel
angegebenen Häfen sind, der vielen Riffe wegen, von gröfseren Schiffen zu
meiden. Der günstigste Ankerplatz daselbst ist zwischen den Inseln Long und
Summer. Von den Häfen im westlichen Theil der Magellan - Strafse sind zu
empfehlen: Port Gallant, Borja-Bucht und Port Tamar. Im Allgemeinen sind
in diesem Theil der Magellan-Strafse die Häfen auf der Nordseite denen auf
der Südseite vorzuziehen, weil die letzteren durchgängig. von” hohen schroff
abfallenden Felsen umgeben sind und daher die grofse Gewalt der „Williwaws“
herrührt, während durch die flacheren Abdachungen und geringeren Höhen der
Ann. d. Hydr.. 1880. Heft Y (Mai).