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Unter gewöhnlichen Umständen ist es nicht erforderlich, zur Abgabe der
Depesche selbst ein Boot an Land zu schicken, da auf ein nach Angabe des
Lotsen zu heifsendes Flaggensignal sofort ein Boot von der Station längsseit
kommt.“
2. Reise von Brisbane bis Cooktown im Dezember 1879 und Bemerkungen
über die Strömungsverhältnisse an der Ostküste Australiens.
Auf der Fahrt von Sydney nach Brisbane, bei welcher das Kanonenboot
sich von der Küste entfernt hielt, hatte der nach Süden setzende australische
Küstenstrom in Verbindung mit nördlichen Winden dem Vorwärtskommen des
Schiffes nach Norden sich als sehr hinderlich erwiesen. Aus den weiter unten
entwickelten Gründen hielt sich Kapt. Mensing I. bis Indian Head, der Ost-
spitze von Sandy-I., mit dem „Albatross“ in einem Abstande von höchstens
j—10 Sm von der Küste und fand dabei gar keinen Gegenstrom, konnte sogar,
anstatt einer südlichen, eine schwache nördliche Strömung konstatiren. .
Nach den von dem Kommandanten in Brisbane eingezogenen Erkundigungen
kreuzen nämlich alle von Sydney nach dem Norden bestimmten Küstenfahrer
oder küstenkundigen größeren Segelschiffe bis Sandy-Kap bei Nordwind, sich so
dicht, wie irgend möglich, unter der Küste haltend, auf, woselbst der Einflufs
des weiter von der Küste (in 5—6 Sm Abstand) entfernten, nach Süden setzen-
den Küstenstromes stets aufhört, oftmals aber eine nach Norden setzende, wenn
auch nur schwache, das Aufkreuzen begünstigende Strömung sich bemerklich
macht. !)
„In richtiger Erkenntnifs des Vortheils“ — berichtet der Kommandant —
„welchen dies Verfahren bietet, halten sich deshalb jetzt auch alle an der Ost-
küste Australiens verkehrenden Dampfer, selbst die grofsen Postdampfer, bei
nach Norden gerichteten Fahrten bis Sandy-Kap ebenfalls ganz dicht unter
der Küste, Namentlich in der zwischen Kap Moreton und Sandy-Kap liegenden,
wenn auch nicht tiefen, so doch langgestreckten Küsteneinbuchtung soll sich
dicht unter Land eine nördliche Strömung bemerklich machen, welche kräftig
genug ist, um z. B. Vertäuungs-Bojen der Moreton-Bucht, welche von ihren
Verankerungen loskommen, gegen Nordwind 50—60 Sm nordwärts zu ver-
treiben.“
Auf der Fahrt von Brisbane bis Indian Head fand „Albatross“ (30. Nov.)
in einem Abstande von höchstens 5—10 Sm von der Küste keinen südlich
setzenden Gegenstrom, und konnte sogar eine kleine nördliche Stromversetzung
konstatirt werden.
Im Verlaufe der weiteren Fahrt nach Cooktowrn wurde zunächst am
2. Dezember durch den Capricorn-Kanal gesteuert und der Kurs nach der
219m hohen High Peak-Insel gesetzt, welche wegen ihrer Lage und Höhe zum
Ansteuern der Northumberland-Gruppe vorzüglich geeignet ist. Am 3. Dezember
Mittags wurden die Percy-Inseln passirt, und von diesen aus schlug das Kanonen-
boot einen westlichen Kurs ein, westlich von den Cumberland-Inseln (und dem
sogen. Capt. King's Track, s. Karte 'Tit. XII, No. 283, Br. A. K. No. 347),
welcher später (am 4. Dezember) durch die Whitsunday-Passage führte.
„Die Cumberland-Gruppe harrt nämlich“ — wie der Kommandant be-
richtet -—, „wenigstens in ihrem südlichen Theile, noch einer genauen Vermessung,
und manche bis dahin unbekannten Gefahren mögen zwischen den einzelnen
Inseln und östlich von der Gruppe existiren, während die von „Albatross“ ein-
geschlagene Route von allen Postdampfern gewählt wird und daher als die
befahrenere den Vorzug verdient.“
Von der Whitsunday-Passage aus wurde am 5. Dezember Kap Bowling
green passirt und der Kurs östlich der Palm-Inseln gesetzt; längs der Küste
) Vgl. die Bemerkungen des Kommandanten S.M.S. „Gazelle“, Kapt. z. See Freiherr
von Schleinitz, in den „Ann. d. Hydr. ete,“, 1876, pag. 444, welcher im September 1875 in dem
Bereiche der nach der Stromkarte bis Sandy-Iusel nach SW setzenden Küstenströämung statt dieser
eine starke, zwischen NE und WNW setzende Strömung Konstatiren konnte. Erst auf der Breite
der Sandy-Insel ging der Strom von NW über SW nach Süd. „Es hat demnach den Anschein“, —
bemerkt Freiherr yon Schleinitz-a, a. O0. — „als spalte sich zu gewissen Jahreszeiten wenigstens
der von Ost auf Sandy-Insel setzende Strom in einen Arm, der nordwärts, und einen andern Arm,
der südwärts läuft.“