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den Glauben hegten, die russische Regierung habe dieselben als Landmarken
errichtet. Achnliche Säulen trifft man an der ganzen sibirischen Küste zwischen
den Kaps Swiatoj und Irkaipi au, ebenso sind die Berge zwischen den Mün-
dungen der Kolyma und dem Kap Grofs-Baranow von ihrem Fuße bis zum
Gipfel mit solchen Säulen bedeckt.
Kap Grofs- Baranow ist ein Hügel, welcher an seinem Fuße durch
sine niedrige Landzunge mit dem Festlande zusammenhängt, mit seinem Gipfel
aber scharf von diesem abgetrennt erscheint, so dafs es in einer Entfernung
von einigen Seemeilen das Aussehen einer Insel hat. Die Landzunge hängt
weiter nach Land zu mit Bergen von röthlicher Farbe zusammen, welche — wie
erwähnt — mit Basaltsäulen bedeckt sind und weiter nach dem Innern zu immer
höher werden; viele von ihnen endigen oben in Terrassen und Plattformen, die,
wie es scheint, stets mit Schnee bedeckt sind.
Die Küste östlich von Kap Grofs-Baranow ist bis zu einer Entfernung
von 5 oder 6 Sm von diesem hoch und steil abfallend, dann wird sie immer
niedriger, bis nur wenige Meter über dem Meerespiegel. Nach den Erfahrungen
/rüherer Seefahrer findet man in der Nähe dieser Küste, wenigstens bei Winden
aus NW bis NE, stets irgend einen Kanal oder vielmehr eine Reihe von Kanälen
mit eisfreiem Wasser; diese verdanken ihre Existenz den Untiefen, welche von
den Mündungen der Chatanga bis zur Bering-Strafse die Küsten fast ununter-
brochen umsäumen. Auf diesen Untiefen stranden grofse Eismassen; die grofsen
Blöcke werden dort aufgehalten und nur die kleinen Stücke durchgelassen, welche
durch die leichteste Landbriese aber wieder vom Lande entfernt werden. Da, wo
diese Untiefen fehlen, wie vor den Kaps Baranow, Schelagskoj, Irkaipi etc.,
hält sich das Eis beständig dicht an der Küste; dies ist auch die Ursache,
warum fast allen früheren, diese Meerestheile befahrenden Schiffen die Um-
segelung dieses Kaps so schwer fiel.
Kap Schelagskoj, die Ostspitze der Tschaun- Bucht, das einzige Kap
von irgend welcher Bedeutung längs der ganzen Strecke der sibirischen Küste
zwischen Kap Swatoj und ‚der Bering-Strafse, ragt wie ein riesiger Keil einige
Seemeilen weit in das Meer hinaus und hindert bei jeder Windrichtung die
freie Bewegung des Eises; es bildet eines der hauptsächlichsten, vielleicht das
gröfste Hindernifs für die Schiffahrt in dem Meere zwischen der Kolyma und
dem Anadyr. Die direkte Entfernung zwischen diesem Kap und den Bären-Inseln
beträgt nur 180 Sm; wegen der vielen durch das Eis verursachten Windungen
des Schiffskurses brauchte die „Vega“ 2'% Tage zur Zurücklegung dieser
Strecke, also durchschnittlich 72 Sm den Tag oder 3 Sm die Stunde,
Auch die Tschaun-Bucht schien mit Eis angefüllt zu sein, und nur nörd-
lich von Kap Schelagskog wurden einige Streifen eisfreien Wassers angetroffen.
Das Kap selbst wird von einem hohen, kegelförmigen Berge gebildet,
welcher sowohl nach See, als nach der Tschaun-Bucht zu bis zu %/s seiner Höhe
steil und in dem letzten Drittel plötzlich bis unter das Meer hin abfällt. Der
obere Theil ist von tiefen und breiten, durch das Gefrieren der vom Gipfel
herabströmenden Wasserläufe verursachten Spalten und Rissen durchzogen. Zur
Zeit, als die „Vega“ das Kap passirte, am 6. September, war es schon mit
Schnee bedeckt, — ein Zeichen, dafs der Winter hier schon mit Macht herannahte.
Etwas östlich vom Kap Schelagskojg wurden zwei auf einander stoflsende
Strömungen angetroffen; wegen der Kürze des Aufenthaltes hierselbst konnte
vicht entschieden werden, ob diese von den Gezeiten oder von einer allgemeinen
konstanten Wasserbewegung herrühren. Bove ist der Ansicht, dafs hier bei
dem Kap Schelagskof zwei Fluthwellen, die eine aus der Bering-Strafse, die
andere aus der Swiatoj-Strafse herkommend, zusammentreffen, ähnlich wie in
der Mac-Cluve-Strafse die aus der Bering- und Davis-Strafßse kommenden Fluth-
wellen sich begegnen. Gegen diese Strömungen bietet die Schelagskoj-Bucht
(von den Eingeborenen Erri-Bucht genannt) nur wenig Schutz. Sie ist ca 1 Sm
tief und 3—4 Sm breit; aufser an ihrer westlichen und südlichen Seite, wo sie
durch das Kap Schelagskoj und die sich an dasselbe anlehnenden Inseln ge-
schützt ist, ist sie vollständig offen; das Wasser dieser Bucht ist aufßserdem
sehr flach, und überall ragen Eisblöcke bis dicht an die Küste hervor. An
dem Grunde der Bucht wurden vier bis fünf ärmliche Hütten erblickt.
Die Insel Schalaurow, deren Lage durch Wrangel genau bestimmt
worden ist und somit zur Korrektion der Chronometer benutzt werden