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insofern eine von den bisherigen abweichende Bahn ein, als es sich vom Abend
des 2. bis zu dem des 3. März in einem Halbkreise auf dem Meere um das
südliche Norwegen langsam herumbewegte, dann aber ziemlich schnell ostwärts
schritt; in Russland verlangsamte es wieder seine Bewegung und verschwand
erst am 7. März am südlichen Ural,
Unsere Tabelle ersetzt insofern eine graphische Darstellung, als sie durch
den vergröfserten Raum, welchen die Stationen mit stürmischen Winden am
Abend des 2, und am Morgen, Mittag und Abend des 3, März in Anspruch
nehmen, sofort die enorme Ausdehnung erkennen läßt, welche die stürmische
Luftbewegung im gröfseren nordwestlichen Theile Europa’s gerade zu der Zeit
gewann, als das Minimum V die bogenförmige Bahn um Süd-Norwegen herum
beschrieb. Da das Signal: „Mäfsiger Südweststurm“, welches — wie oben
erwähnt — am 1. März für die ganze Küste angeordnet war, der Instruktion
zufolge mit dem Abend des 2. März ablief, so wurde dasselbe um 3!" p. m.
in „Schwerer Südweststurm“ umgeändert; während des dreijährigen Be-
stehens des Sturmwarnungswesens an der Deutschen Küste ist dasselbe noch
niemals zur Anwendung gekommen; in der That ist auch wohl noch niemals der
Südweststurm in solcher Ausdehnung, Andauer (und theilweise auch Intensität)
aufgetreten, wie gerade hier, 3—15 Stunden nach Anordnung des Signals.
Die direkte Veranlassung zur Verstärkung des Signals bot eine höchst
eigenthümliche Erscheinung, welche im Morgenbericht der Seewarte vom
3. März unter dem frischen Eindrucke ihres Auftretens in folgender Weise be-
schrieben wurde:
„Während gestern um 2* p. m. au der ganzen Küste starke bis stürmische
Westsüdwestwinde eingetreten waren, meldete Borkum schwachen Süd mit
Schneefall und einer auffallend niedrigen Temperatur (0,6°, gegen 4,5° am
Morgen). Zwischen 3* und 4* trat zu Hamburg eine ganz analoge Erscheinung
auf; mit Regen und Schneefall und abflanendem Süd sank um 3% 4 die Tem-
peratur auf 2,4° (gegen 6,2° um 2). Etwa 1'/, Stunden später steigerte sich
alsdann die Stärke des wieder nach WSW umgegangenen Windes zum vollen
Sturm, welcher mit fortwährendem Regen ununterbrochen angehalten hat und
noch jetzt (11* a. m) fortdauert. Bei einzelnen Windstöfßsen registrirte das
Anemometer zu Hamburg eine Geschwindigkeit von 32ım pro Sekunde; das
höchste Stundenmittel wurde von 11—12% Nachts mit 26,4m erreicht; aber auch
das Minimum der Stundenmittel seit 5* p. m. ergab um 4—5* a. m. 21,3m. Mit
ähnlicher Stärke hat sich der Südweststurm über ganz Norddeutschland aus-
gedehnt, während im Süden frischer Südwestwind mit meist heiterem Wetter
herrscht.“
Wie die Vereinigung sämmtlicher britischen Morgenbeobachtungen vom
2. März in einer Karte aufs deutlichste erkennen läfst, bestand das hier be-
sprochene Phänomen aus einem schnell fortschreitenden, durch die Windrichtungen
und Barometerstände gut charakterisirten Theilminimum von relativ sehr ge-
ringen Dimensionen, welches um 8 Morgens zwischen Liverpool und Holyhead
lag. Es ist höchst interessant, dafs die begleitenden Erscheinungen in England
genau dieselben waren, wie später in Deutschland: Liverpool und Nottingham
hatten nämlich am Morgen leichten Südwind mit Schneefall, und die Temperatur
(+ 0,6° C.) war an diesen Orten niedriger, als im ganzen übrigen Gebiete des
englischen Stationsnetzes. Gegen den Vorabend war die Temperatur zu Liver-
pool um 2,8°, zu Nottingham um 5,0° C, gesunken.
Wir fügen hinsichtlich der Windgeschwindigkeit noch hinzu, dals der
oben erwähnte Werth von 32m ') per Sekunde nur innerhalb kurzer Zeiträume
von 7 Sekunden registrirt wurde. Das Maximum im Mittel des Zeitraumes
einer Minute war 30m, im Mittel einer Stunde, wie oben erwähnt, 26,4m. Das
Stundenmittel der Windgeschwindigkeit blieb ununterbrochen volle 19 Stunden
hindurch (von 6* p. m. am 2. bis 1* p. m. am 3. März) gröfser als 21m pro
Sekunde, — Zu. Wustrow wurde 39 Stunden hindurch (von 8" a, m. am 2. bis
11” p. m. am 3. März) eine Wiudgeschwindigkeit von mehr als 15m registrirt,
wobei das Maximum (20.8m) von 3% bis 4" a. m. am 3. März erreicht wurde.
1) Genau genommen, bedeuten diese Zahlen die dreifache Anemometer-Geschwindigkeit,
weiche für die Apparate der Seewaärte bei grofser Windstärke aller Wahrscheinlichkeit nach um
\/- gröfser ist. als die wahre Windgesehwindigkeit.