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gehalten werden. Das grofse sibirische und europäisch-russische Maximum hängt
alsdann mit dem Maximum der Rofsbreiten (zwischen 20 bis 40° des Nord-
atlantischen Oceans) gewöhnlich durch eine Brücke hohen Druckes zusammen,
welche sich in westsüdwestlicher Richtung über die Südhälfte Kuropa’s hin er-
streckt und in der Gegend der östlichen Ausläufer der Alpen eine leichte Ein-
sattelung zeigt. Die vorherrschende Windrichtung im größeren nordnordwest-
lichen Theile von Europa ist alsdann Südwest, mit mildem, feuchtem Wetter,
und die, in der Regel kurzen Epochen, in welchen die Winterkälte aufzutreten
pflegt, werden durch zeitweilig zur Herrschaft gelangende Luftströmungen aus
dem kalten Osten herbeigeführt.
Im jüngstverflossenen Winter war es wesentlich anders. Westeuropa
bildete für sich ein Gebiet ungewöhnlich hohen Druckes, welches von dem-
jenigen in Sibirien durch eine breite, über das östliche Russland sich hin er-
streckende Furche niederen Druckes getrennt blieb. In Westeuropa lagerte mit
ruhigem, vorwiegend wolkenarmem, aber vielfach nebeligem Wetter eine wohl-
ausgebildete Kälte-Insel, in welcher der Frost am Grunde des Luftoceans eine
yanz ungewöhnliche Intensität erreichte, so dafs wohl eine weit geringere Au-
dauer desselben, als wir sie wirklich erlebten, bereits genügt haben würde, der
Obst- und Weinkultur in Süddeutschland und Frankreich den empfindlichsten
Schaden zuzufügen,
Ebenso anomal wie in West- und Südosteuropa verlief der Winter im
nördlichen Skandinavien und Russland, nur in entgegengesetztem Sinne. Die
ungewöhnliche Ruhe der Atmosphäre erstreckte sich auf diese Gebiete nicht
mehr; dieselben wurden in der Richtung W—E oder NW—SE von zahlreichen
barometrischen Depressionen durchzogen, unter deren Einflufs die wärmere Luft
vom norwegischen Meere in vielfach stürmischer Bewegung über den bottnischen
Busen hinaus nach Nordrussland geführt wurde, so dafs in diesen Gebieten im
Allgemeinen mildes Wetter herrschte. Die folgende Zusammenstellung, in
welcher die Daten für das russische Stationsnetz auf grofse Genauigkeit aller-
dings nicht Auspruch machen können, mag dazu dienen, die Temperaturvertheilung
im gröfsten Theile Europa’s und im westlichen Sibirien zu veranschaulichen,
Dieselbe enthält nämlich die Abweichungen der Temperatur von der Normalen
für die Monate Dezember und Januar, und beide zusammengenommen; die
Stationsnetze oder Stationen sind in drei, von N nach S verlaufenden Streifen
angeordnet. '
Dezbr. ' Januar
1879 | 1880
Dezbr.
und
Januar
Schweden
a) nördlL. . .
b) mittl. . .
c) südl. . .
Dänemark . .
Deutschland
a) nordwest},
b) nordöst]l. ,
c) südl. .
Desterreich
a) nördl. , . —67
b) mittl. . . — 9,1
c) südl. . . — 42
Schweiz =. .ı— 46
+3,6
+ 0,5
— 1,1
— 0.2
+31
—0,4
—1,7
1x2
—1,9
—03
_ 20
— 42
—2,4
— 66
—0,71 —3,7
—381 | —61
— 2,4 | — 3,8
— 9281| —38.7
Europ. Russland
Üleaborg .
Archangelsk . ;
Petersburg .
Moskau . .
Irbit . 0,
Charkow 2.
Nikolaew. .
Astrachan .
West-Sibirien
Omsk . . .
Semipalatinsk
Taschkent
Dezbr,
1879 |
—0,2
—17
— 03
A
A
—75
— 5,6
—0.6
+11
+3,44
43,9
Januar
1880
+12
+02
+11
—92,0
45
—42
—61
08
—3,3
'— 21
+21
Dezbr. '
und
Januar
+05
— 0,8
+0,4
— 922
—3,6
—3,4
—5,8
—07
—1,1
+0,6
+30
Die relativ wärmsten Gebiete waren somit das nördliche Skandinavien und
das südwestliche Asien (besonders Turkestan, an der Südostseite der obenerwähnten
Furche niederen Druckes, also im Bereiche südlicher Winde gelegen); die kältesten
waren Süddeutschland (und Frankreich) und das südliche Russland. Ueber das
Wetter auf Zsland enthält die „Leipziger Illustrirte Zeitung“ folgende Notiz:
„Den letzten Nachrichten aus Island zufolge ist der Winter dort ziemlich
stürmisch und unruhig, dabei aber aufserordentlich mild gewesen. Bis kurz