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Full text: Annalen der Hydrographie und maritimen Meteorologie, 8 (1880)

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der warme Strom das Fahrwasser schnell vom Eise säubern. Dies Vorkommen 
von Eis daselbst ist nicht Regel, sondern nur eine Ausnahme. 
Auf der kleinen Insel Grimsey, welche ungefähr 24 Sur nördlich von 
Island liegt, schon draufsen im Kismeere, hat das Meteorologische Institut zu 
Kopenhagen‘ eine ausgezeichnet iustruktive Beobachtungs-Station, deren Kr- 
richtung vorzugsweise den Anweisungen und der wirksamen Beihülfe des Faktor 
Steincke zu danken ist. 
Die Beobachtungen auf dieser Station sind seit Juli 1873 mit grofser 
Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit vom Pastor Gudmundarson ausgeführt 
worden, und wir werden in der Folge sehen, daß sie von der gröfsten Be- 
deutung für die Beurtheilung der Verhältnisse in dem Meere nördlich von 
Island sind, da diese Station so weit vom Lande entfernt liegt, dafs sie nur 
in geringem Grade von diesem beeinflufst werden kann, 
Welche Wärme hat nun die Oberfläche des Wassers bei der Insel Grimsey 
im Sommer? Nach vierjährigen, täglich angestellten Beobachtungen ist die 
mittlere Wärme des Oberflächenwassers der Monate Juni, Juli und August 
bezw. 514°, 712°, 81/2°. Dies kann doch kein Polarwasser genannt werden, und, 
dafs die hohe Temperatur nicht von der Erwärmung an der Oberfläche durch 
die Luft herrühren kann, geht am besten daraus hervor, dafs die mittlere 
Temperatur der letzteren um !2° niedriger ist. , 
Das Wasser ist also, selbst im Sommer, für diese Insel eine Wärme- 
quelle, welche von einem Zweige des Polarstromes nicht herrühren kann. 
Welche Folgen es hat, wenn das Grönlandseis sich an der Nordküste 
von Island lagert, davon geben die Beobachtungen der „/ylla“ an der Insel 
Grimsey, Ende Mai, ein gutes Beispiel. 
Noch am 21. Mai hatte das Wasser eine Temperatur von 5'%°, aber 
schon am nächsten Tage kam das Eis mit einem West- bis NW-Sturm und 
häufte sich so stark um die Insel an, dafs weitere Messungen verhindert wurden; 
erst nach Verlauf von 11 Tagen, am 1. Juni, trieb das Eis wieder weg, und 
sofort zeigte das Wasser 4!/2° an der Oberfläche. Das Eis hatte also nur eine 
vorübergehende Decke über dem warmen Wasser gebildet. . 
Am 22, Juni 1877, als „/ylla“ die Wassertemperatur in dem Schnitte 
vom Nordkap nach NW bestimmt, war die Oberflächenwärme des Wassers in 
geringem. Abstande vom Lande genau dieselbe, wie die gleichzeitigen bei 
Grimsey, nämlich 5°—6° C. Es kann also darüber kein Zweifel obwalten, 
dafs der warme Strom, welcher längs der Westküste von Island 
läuft, im Sommer bei dem Kap Nord sich nach Osten dreht und der 
Nordküste von Island folgt. ; 
Für den Winter hat ein anderer Grund dazu beigetragen, dafs man sich 
über die Wärmeverhältnisse des Wassers an den westlichen und nördlichen 
Küsten von /sland noch viel unrichtigere Vorstellungen gebildet hat. In dieser 
Jahreszeit hört nämlich die Schiffahrt um diese Insel auf, und man hat des- 
halb über die Wasserwärme nur aus den Messungen dicht bei der Küste sich 
Aufschlufs verschaffen können. Solche Messungen sind vorzugsweise in Stykkis- 
holm und Reykjavik ausgeführt worden und haben ergeben, dafs das’ Wasser im 
Januar und Februar eine Temperatur von ca -+-!/%° hat,!) woraus man ge- 
schlossen hat, dafs das Wasser im Winter westlich von /sland nicht viel wärmer, 
und nördlich von /sland kälter sei, somit an den letzteren Stellen eine Tempe- 
ratur von 0°, oder etwas darunter, habe. 
Dafs diese Annahme nicht richtig sein kann, scheint schon aus der That- 
sache herverzugehen, dafs das Treibeis an der Westküste von Island niemals 
in der Brede- und Faxe-Bucht. gesehen worden ist, und dafs die Fischer hier den 
ganzen Winter hindurch ihr Geschäft haben ungestört betreiben können; dasselbe 
gilt zum Theil auch für die Nordküste, Steincke, welcher eine lange Reihe 
von Wintern an derselben zugebracht hat, sagt bestimmt aus, dafs das Wasser 
') Die Monatsmittel der Temperatur sind: 
Januar Februar 
Stykkisholm +0,6° +0,2° 
Reykjavik -+0,4° +0,7° , 
/s. H. Mohn: „Temperaturverhältnisse im Meere zwischen Norweyak, Schottland und Spitzbergen“. 
Petermann, Geogr. Mitth. 1876, pag. 429).
	        
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