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Full text: Annalen der Hydrographie und maritimen Meteorologie, 8 (1880)

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ganzen Horizont von Nord bis SW und stieg allmählich in die Höhe. Island 
verloren wir um 9° 40” a, m. aus Sicht und gegen Mittag hatten wir eine Breite 
genommen. Der Himmel, der bis 10* a, m. vollständig klar war, verschleierte 
sich nach und nach, die Luft wurde diesig, und kurze Zeit darauf trat ziemlich 
plötzlich ein dichter Nebel ein, welcher immer dichter wurde, je weiter westlich 
wir kamen; gleichwohl kam auf Augenblicke klarer Himmel zum Vorschein, 
Die Temperatur des Wassers, welche Anfangs (4!/, a. m.) 7!/4° war, fiel bis 
35 p.m. bis 4°; von dieser Zeit an wurde halbstündlich beobachtet. Gegen 5* p. m. 
war die Wassertemperatur, nachdem sie kurz zuvor bis zu 2° gesunken war, 
wieder bis 5'/2° gestiegen, fiel aber darauf wieder ziemlich plötzlich bis 2° und 
in dem Zeitraum einer Stunde bis 1°; zu gleicher Zeit nahm die Lufttemperatur 
merklich ab, und da die Luft selbst rauh und trotz des stillen Wetters ziemlich 
scharf und schneidend war, nahm ich an, dafs das Eis nicht weit entfernt sein 
könne. Da der Nebel anhaltend dicht blieb, so dafs man zeitweise nur auf eine 
Schiffslänge weit sehen konnte, wurde die Fahrt verlangsamt und scharfer Ausguck 
nach Eis gehalten. Doch zeigte dieses sich mittlerweile noch nicht, obwohl bei 
dem Einathmen der Luft seine Nähe deutlich zu merken war. Gegen 7° p.m. 
trafen wir auf eine Eisscholle dicht vor uns, und bald darauf tauchten mehrere 
auf, wodurch die Weiterfahrt fast unmöglich wurde, und da wir uns kurze Zoit 
darauf mitten zwischen den Eisschollen befanden, wurde gestoppt und gelothet. 
Während das Schiff still lag, klarte der Himmel ziemlich auf, so dafs man 
einen guten Ueberblick über den Zustand unserer Umgebung gewinnen konnte; 
die hohen Schollen, zwischen denen das Schiff festlag, waren vor uns dicht 
zusammengedrängt und wurden von dem Seegang gegen die feste Eiskante 
getrieben, wo sie zerschellten; so weit man sehen konnte, war die ganze See 
mit Eis erfüllt. Da der Weg vor uns überall versperrt war, gingen wir zurück 
nach Zesland und nahmen dabei mehrere Lothungen; der dicke Nebel dauerte 
ois Mitternacht. Um 3* a. m. am 20. Juni bekamen wir /sland in Sicht und 
machten um 5'/h eine gute Ortsbestimmung nach Landpeilung, worauf wir mit 
den Lothungen aufhörten und in den Talkna-Fjord (zwischen dem Kisfjord und 
der Brede-Bucht) einsteuerten. 
Da das Wetter am 21. Juni sich gut erwies, verliefsen wir um 5% a. m. 
den Ankerplatz und setzten, nach einer guten Ortsbestimmung durch Peilung 
um 8a, m., den Kurs nach NW, wobei wieder regelmäfsig Lothungen gemacht 
wurden. Bis Mittag war das Wetter klar, und gewannen wir zu dieser Zeit noch 
eine gute Ortebestimmung durch Peilung und Beobachtung; gegen 2" p. m. aber 
veränderte sich das Wetter; Nebel bildete sich und nahm aufserordentlich schnell 
zu, während zugleich die Wassertemperatur ziemlich plötzlich von 6° bis 2° 
Gel, Die Messungen derselben wurden nun häufiger vorgenommen, und gegen 
4'/z* p. m. bekamen wir einen Eisberg in Sicht und waren kurz darauf von 
solchen umringt. Nachdem an Ort und Stelle eine Lothung gemacht war, wurde 
gestoppt, und, da wir die Eiskante bei einem Aufklaren deutlich erblicken 
konnten, steuerten wir von dem Eise hinweg nach Osten, unter abwechselndem 
Nebel und klarem Wetter, Gogen 7 p. m. war die Wasserwärme bis 7° ge- 
atiegen; wir steuerten nun bis 9* p. m. nach NO und setzten alsdann Kurs 
sach Nord, um einige Lothungen in dem schmalsten Theile der Dänemark- 
Straße und zugleich Kenntnifs von der Richtung des Eises zu erhalten. Nach- 
lem der Nebel bis zu dieser Zeit etwas nachgelassen hatte, wurde er um 
10’/, p. m. wieder dichter und gegen 11® so dicht, dafs der Ort der Sonne am 
Himmel nur durch einen sehr schwachen Lichtschimmer sich merklich machte. 
Um 11'/e* bekamen wir die ersten Eisschollen in Sicht; die niedrigste Temperatur 
des Wassers war 3°, und kurze Zeit darauf klarte der ganze Himmel plötzlich 
auf; die Sonne brach mit bedeutender Kraft durch, und der herrlichste Anblick 
zeigte sich uns, indem der ganze Horizont mit Eisbergen von der verschiedensten 
Gestalt und Erscheinung bedeckt war. Nach Norden, in der Richtung zur 
Sonue hin, zeigte sich das Eis in den phantastischesten Formen; es war, als 
db man ein flaches Land mit Häusern, Kirchen und Bäumen sehe, wobei die 
Sonnenstrahlen durch Brechung im KEise die verschiedensten Farben hervor- 
brachten. 
.- Ich habe mich hier in eine etwas ausführliche Beschreibung dieser Er- 
scheinung eingelassen, weil ich es nicht für unwahrscheinlich halte, dafs ein
	        
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