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„schreiben, wurde ich auf diesen Umstand aufmerksam, Ich machte zunächst
„Versuche mit Kompassen, deren Nadeln viel kleiner als die der bis jetzt ge-
„bräuchlichen waren; erst nachdem ich diese Versuche drei Jahre lang im
„Laboratorium, in der Werkstatt und auf See betrieben hatte, konnte ich einen
„Kompafs konstruiren, der auf jedem Schiffe, bei jedem Zustande von Wetter
„und Seegang den Anforderungen entspricht und aufserdem so kleine Nadeln
„hat, dafs die Airy’sche Methode vollständig zur Anwendung gelangen kann.
„Durch ausgedehnte Versuche an Bord meiner Yacht und durch Analogieen mit
„der Froude’schen Theorie über die Schlingerbewegungen von Schiffen kam
„ich unter anderem zu dem Schlufs, dafs Stabilität (steadiness). eines Schiffs-
„kompasses nicht durch Vermehrung des Gewichtes der Nadeln oder der Rose,
„sondern durch Verlängerung der Schwingungsperiode !) zu erreichen ist. Wo
„nun etwa eine Vermehrung der Stabilität durch Vermehrung des Rosengewichts
„erzielt wird, liegt der Grund nicht darin, dafs die Reibung auf der Pinne ver-
„mehrt wird, im Gegentheil, zu grofse Belastung der Pinne und Stumpfheit ihrer
„Spitze machen den Kompafs weniger „steady“ in See und weniger zuverlässig
„im Anzeigen von Kursänderungen, als er sein würde, wenn die Aufhängung
„der Rose vollkommen reibungslos wäre. Nur soweit also durch die Gewichts-
„vermehrung eine Vergröfserung der Schwingungsperiode erreicht wird, tritt
„mit derselben mehr „steadiness“ ein, während im übrigen die Vermehrung der
„Reibung in jeder Weise nachtheilig ist, indem durch grofses Gewicht die Spitze
„der Pinne, nach kurzem Gebrauch auf See abgenutzt; das Hütchen zerkratzt,
„der Kompafs also faul wird.?) Soll eine Gewichtsvermehrung zur Erreichung
„von „steadiness‘“ stattfinden, so mufs die Belastung an der Peripherie der
„Rose angebracht werden. Ich kam schliefslich zu der Ansicht, dafs im all-
„gemeinen nicht mehr Rosengewicht nöthig ist, als erfordert wird, um der Rose
„Halt zu geben. und dafs man, bei Anwendung genügend kleiner Nadeln, um
„die Airy’sche Methode vollständig zur Anwendung bringen zu können, die zur
„Erlangung genügender „steadiness“ erforderliche Schwingungsperiode erreicht,
„indem man der Rose einen grofsen Durchmesser giebt und das zu ihrer
„Konstruktion erforderliche Gewicht so weit als möglich nach der Peripherie
„legt.“
5 Soweit Sir William Thomson über den Zweck seiner Erfindung im
allgemeinen, Als Ergänzung dazu wollen wir noch anführen, dafs der Kapt.
Evans der englischen Kriegsmarine, als eine Autorität auf diesem Gebiet all-
gemein anerkannt, bei Gelegenheit des Thomson’schen Vortrages, den
Thomson’schen Kompafs als den theoretisch vollkommensten bezeichnet, aber
auch geäufsert hat, dafs das Instrument, nach seiner Ansicht, für den allgemeinen
Schiffsgebrauch zu empfindlich und komplicirt sei. Letzteres haben — wie wir
passes placirter Magnet einen sextantalen Fehler oder eine Deviation, welche 6 Maxima, 3 östliche
und 3 westliche, hat. Auch auf diesen Fehler hat die Länge und das Arrangement der Magnet-
nadeln einen grofsen Einflufs; er war bei den englischen Versuchen, bei einer Placirung von 30°
oder von 15° und 45° neben der Nord-Süd-Linie, je nachdem zwei oder vier Magnete angewendet
wurden, unbedeutend, in der Regel verschwindend, au(lserdem war er desto geringer, je weniger sich
die Kompensationsmagnete neben dem Kompafs und in gleicher Höhe mit der Rose, und je mehr sie
sich unter dem Mittelpunkt derselben befanden. In der Regel gebraucht man bei gewöhnlichen Kom-
passen die Vorsicht, die Kompensationsmagnete der Rose höchstens bis auf das Doppelte ihrer Länge
zu nähern, Derselbe Fehler, welcher durch die zu grofse Annäherung der Kompensationsmagnete
entsteht, tritt ein, wenn ein Pol einer anderen Eisenmasse dem Kompafs zu nahe kommt.
1) Die Schwingungsperiode eines Kompasses ist die Zeit einer Doppelschwingung der um eine
Anzahl Grade — gewöhnlich 30° bis 40° — abgelenkten, frei schwingenden Nadel,
2) Bisher suchte man die Stabilität der Rosen nur durch Gewichtsvermehrung zu erreichen.
Nachstehende Tabelle giebt über die Rosengewichte unserer gewöhnlichen Kompasse im Vergleich zu
den Thomson ’schen einen Ueberblick:
Rose
Steuerkompafsrose der Kaiserl. Marine mit vier
Magneten. . . . . ..
Sturmrose der Kaiserl. Marine ‚,
Thomson’sche Rose .. . .
Dimension des
Durchmessers
19,6 cm
19,6
254
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Gewicht
117 gr
172 »
11,7 »
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